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Die Memoiren des Grafen

Die Memoiren des Grafen

Titel: Die Memoiren des Grafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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rechts. Lord Caterham befand sich am entferntesten Ende der Terrasse mit Captain Andrassy. Beide drehten Anthony den Rücken zu. Dieser bückte sich rasch und bahnte sich einen Weg durch das dichte Gestrüpp. In der Mitte befand sich eine Lichtung, nach allen Seiten gut abgeschirmt. Dicht vor sich gewahrte Anthony einen Mann in einem Korbstuhl. Eine angerauchte Zigarre lag auf der Lehne und glimmte – der Mann selbst schien eingeschlafen zu sein.
    «Hm», meinte Anthony zu sich selbst, «Mr Hiram Fish scheint sich im Schatten halten zu wollen.»

16
     
    A nthony kehrte zur Terrasse zurück mit dem bestimmten Eindruck, der einzig sichere Platz für ungestörte Gespräche sei die Mitte des Sees.
    Ein dröhnender Gongschlag ertönte, und Tredwell erschien gravitätisch in einer Seitentür.
    «Es wäre angerichtet, Mylord.»
    «Ah – endlich!», rief Lord Caterham erleichtert aus.
    In diesem Augenblick tobten zwei Kinder aus dem Haus, zwölf und zehn Jahre jung. Unter schrillem Geschrei vollführten sie einen wilden Kriegstanz, bis Bundle erschien und den Lärm dämpfte.
    «Sie hat Migräne, Migräne!», sagte Dolly.
    «Hurra!», fiel Daisy jubelnd ein.
    Lord Caterham hatte inzwischen die Mehrzahl seiner Gäste ins Haus geführt. Jetzt legte er seine Hand auf Anthonys Arm.
    «Kommen Sie in mein Arbeitszimmer», flüsterte er. «Ich habe etwas ganz Spezielles dort.»
    Wie ein Dieb schlich er leise durch die Halle und erreichte unbemerkt die Schwelle seines Refugiums. Dort öffnete er einen Kasten und zauberte verschiedene Flaschen hervor.
    «Es macht mich immer durstig, wenn ich mit Ausländern reden muss», erläuterte er entschuldigend. «Weiß nicht warum.»
    Ein leises Klopfen ertönte, und Virginia steckte den Kopf ins Zimmer.
    «Haben Sie auch für mich einen guten Tropfen?», fragte sie.
    «Selbstverständlich», strahlte der Lord, «kommen Sie herein.»
    «Ah, das hatte ich nötig», seufzte der Lord, als er sein Glas wieder auf den Tisch stellte. «Ich sagte bereits, dass mich das Reden mit Fremden immer durstig macht. Wahrscheinlich, weil sie so entsetzlich höflich sind. – Jetzt wollen wir zum Essen gehen.»
    Er schritt voran, während Virginia ihre Hand leicht auf Anthonys Arm legte und ihn zurückhielt.
    «Ich habe meinen Auftrag ausgeführt», wisperte sie. «Lord Caterham hat mir den Toten gezeigt.»
    «Und?», erkundigte sich Anthony lebhaft.
    Virginia schüttelte den Kopf.
    «Sie haben sich geirrt. Es ist tatsächlich Fürst Michael.»
    «Oh!» Anthony war tief betrübt.
    «Und Mademoiselle hat Migräne!», fuhr er fort.
    «Was hat die Migräne von Mademoiselle damit zu tun?»
    «Wahrscheinlich gar nichts. Ich hätte sie nur gern gesehen.
    Mademoiselle bewohnt nämlich das zweite Zimmer im rechten Flügel – das Zimmer, in dem ich gestern Abend Licht gesehen habe.»
    «Das ist interessant!»
    «Wahrscheinlich hat es nichts zu bedeuten. Trotzdem gedenke ich, Mademoiselle heute noch zu sehen.»
    Das Essen gestaltete sich zu einer wahren Prüfung für alle. Selbst Bundles fröhliche Unbefangenheit vermochte niemanden aufzuheitern. Der Baron und Andrassy waren steif und förmlich und benahmen sich so, als ob sie in einer Gruft säßen. Lord Caterham sah bedrückt aus. Bill Eversleigh starrte sehnsüchtig auf Virginia. George, die Schwierigkeit der Situation voll auskostend, unterhielt sich gewichtig mit dem Baron und Mr Isaacstein, während Mr Hiram Fish schweigsam aß und nur hin und wieder eine Bemerkung einflocht. Inspektor Battle war spurlos verschwunden, keiner wusste wohin.
    «Gottlob ist das überstanden», flüsterte Bundle Anthony ins Ohr, als sie die Tafel aufhob. «Und George nimmt das ausländische Kontingent mit in die Abtei, um Staatsgeheimnisse zu besprechen.»
    «Das dürfte die Luft reinigen.»
    «Der Amerikaner ist mir nicht im Wege», fuhr Bundle fort. «Er mag ruhig mit Vater über Erstausgaben reden, dann sind beide gut aufgehoben. Oh, Mr Fish –», sie wechselte den Ton, als dieser plötzlich auftauchte, «ich plane einen ruhigen Nachmittag für Sie.»
    «Zu liebenswürdig von Ihnen, Lady Eileen.»
    «Mr Fish hat bereits einen ruhigen Vormittag genossen», warf Anthony leicht hin.
    Ein rascher Blick des Amerikaners flog zu Anthony.
    «Sie haben mich also in meinem geheimen Versteck beobachtet? Es gibt Momente, wo man sich in die Stille zurückziehen muss.»
    Bundle war weitergeschlendert und ließ Mr Fish mit Anthony allein. Der Erstere senkte seine Stimme ein

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