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Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Titel: Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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dargelegt habe, dann fragen Sie bitte. Raten Sie mir schnell, was ich machen soll, denn ich ertrage das Elend nicht länger.«
      Holmes und ich waren mit der größten Anteilnahme dem außergewöhnlichen Bericht gefolgt, den unser Gast stoßweise und stockend vorgetragen hatte, eben wie jemand, den stärkste Gefühlserregungen beeinflussen. Mein Gefährte saß nun eine Weile schweigend da, das Kinn in die Hand gestützt, in Gedanken verloren.
      »Können Sie beschwören«, sagte er schließlich, »daß es das Gesicht eines Mannes war, das Sie am Fenster sahen?«
      »Ich habe es jedesmal aus einiger Entfernung gesehen, so daß ich es nicht behaupten kann.«
      »Aber es scheint, daß Sie das Gesicht unangenehm beeindruckt hat.«
      »Durch die unnatürliche Farbe und weil es so sonderbar starr war. Immer, wenn ich näher kam, verschwand es schnell.«
      »Wie lange ist es her, daß Ihre Frau Sie um die hundert Pfund bat?«
      »Fast zwei Monate.«
      »Haben Sie je eine Fotografie von ihrem ersten Mann gesehen?«
      »Nein. Zwei Monate nach seinem Tod ist in Atlanta ein großes Feuer ausgebrochen, und alle ihre Papiere sind verbrannt.«
      »Und doch besitzt sie den Totenschein. Den haben Sie aber gesehen?«
      »Ja. Sie hat sich nach dem Feuer ein Duplikat ausstellen lassen.«
      »Sind Sie jemals einem Menschen begegnet, der sie aus Amerika kennt?«
      »Nein.«
      »Hat sie je davon gesprochen, daß sie das Land wieder besuchen will?«
      »Nein.«
      »Oder sind Briefe von dort gekommen?«
      »Nicht daß ich wüßte.«
      »Ich danke Ihnen. Ich möchte nun die Sache ein wenig überdenken. Wenn das Landhaus von nun an unbewohnt bleibt, dürfte es für uns einige Schwierigkeiten geben; wenn aber – und das kommt mir wahrscheinlicher vor – die Leute vor Ihrem Kommen gewarnt wurden und das Haus nur verlassen haben, ehe Sie es betreten konnten, dann sind sie wohl inzwischen zurückgekehrt, und wir könnten vielleicht alles aufklären. Nehmen Sie also meinen Rat an, kehren Sie nach Norbury zurück und beobachten Sie die Fenster des Landhauses. Wenn Sie Grund haben zu der Annahme, daß man noch immer drin wohnt, dringen Sie nicht gewaltsam ein, sondern telegraphieren Sie meinem Freund und mir. Eine Stunde nach dem Eintreffen Ihres Telegramms sind wir bei Ihnen, und dann werden wir die Sache sehr bald ergründet haben.«
      »Und wenn das Haus noch leer bleibt?«
      »In dem Fall werde ich morgen zu Ihnen kommen, damit wir über alles sprechen können. Auf Wiedersehen – und, vor allem, beunruhigen Sie sich nicht, ehe Sie nicht wirklichen Grund dazu haben.«
      Mein Gefährte begleitete Mr. Grant Munro zur Tür.
      »Ich fürchte, das ist eine schlimme Angelegenheit, Watson«, sagte er dann. »Was halten Sie davon?«
      »Es klang widerwärtig.«
      »Ja. Wenn ich mich nicht irre, steckt Erpressung dahinter.«
      »Und wer ist der Erpresser?«
      »Nun, es muß der Bewohner des einzig komfortablen Zimmers des Hauses sein, der ihre Fotografie auf dem Kaminsims stehen hat. Im Vertrauen gesagt, Watson: Es hat für mich etwas sehr Anziehendes, mit dem fahlen Gesicht am Fenster, und um nichts in der Welt möchte ich diesen Fall missen.«
      »Haben Sie eine Theorie?«
      »Ja, eine vorläufige. Aber ich wäre erstaunt, wenn sie sich nicht bewahrheiten sollte. Es ist der erste Mann der Frau, der in dem Landhaus wohnt.«
      »Woraus schließen Sie das?«
      »Wie sonst sollen wir uns ihre wahnsinnige Angst davor erklären, daß ihr zweiter Mann hineingehen könnte? Die Tatsachen, wie ich sie sehe, liegen ungefähr so: Die Frau war in Amerika verheiratet. Ihr Mann entwickelte einige hassens werte Eigenschaften, oder, nehmen wir an, ihn befiel eine widerwärtige Krankheit, vielleicht Lepra oder Geistesstörungen. Schließlich floh sie vor ihm, kam wieder nach England, änderte ihren Namen und glaubte, ihr Leben neu beginnen zu können. Ihre Ehe dauert drei Jahre, und sie denkt, ihre Stellung ist ganz sicher – sie hat ja ihrem Gatten den Totenschein eines Mannes gezeigt, dessen Namen sie angenommen hatte –, und plötzlich wird ihr Aufenthalt von ihrem ersten Mann ermittelt, möglicherweise auch von einer skrupellosen Frau, die sich an den Schwerkranken gehängt hat. Man schreibt ihr und droht, in den Ort zu kommen und sie bloßzustellen. Sie bittet um hundert Pfund und versucht sich loszukaufen. Sie kommen trotzdem, und als ihr Mann vor ihr zufällig erwähnt,

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