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Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Titel: Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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fürchterlichen Mühen nicht bewahren, und so fand ich ihn, während ganz Europa von seinem Namen widerhallte und sein Zimmer mit Glückwunschtelegrammen buchstäblich überflutet wurde, als eine Beute schwärzester Niedergeschlagenheit. Sogar das Wissen darum, daß er erfolgreich blieb, wo die Polizei dreier Länder versagt hatte, daß es ihm gelungen war, den vollendetsten Betrüger Europas auszumanövrieren, reichte nicht hin, ihm aus der Nervenerschöpfung aufzuhelfen.
      Drei Tage später waren wir wieder in der Baker Street, aber es lag klar am Tage, daß meinem Freund eine Abwechslung guttun würde, und auch auf mich wirkte die Vorstellung von einer Woche auf dem Lande höchst anziehend. Mein alter Freund Colonel Hayter, den ich in Afghanistan medizinisch betreut hatte, besaß jetzt ein Haus in der Nähe von Reigate in Surry; er hatte mich häufig gebeten, ihm einen Besuch abzustatten. Beim letztenmal hatte er hinzugefügt, daß er meinen Freund ebenfalls gastlich aufnehmen würde, wenn er mitkommen wolle. Ein bißchen Diplomatie war schon vonnöten, doch als Holmes erfuhr, daß es sich um einen Junggesellenhaushalt handle und ihm volle Freiheit garantiert sei, stimmte er meinem Vorschlag zu. So kam es, daß wir schon eine Woche nach der Rückkehr aus Lyon unter Colonel Hayters Dach weilten. Hayter war ein tüchtiger alter Soldat, weit in der Welt herumgekommen, und so entdeckte er bald, wie ich gehofft hatte, daß ihn vieles mit Holmes verband.
      Den Abend des Tags unserer Ankunft verbrachten wir nach dem Dinner im Gewehrzimmer des Hausherrn; Holmes rekelte sich auf dem Sofa, und Hayter und ich betrachteten das kleine Arsenal von Handfeuerwaffen.
      »Übrigens«, sagte der Colonel plötzlich, »nehme ich eine der Pistolen mit hinauf, für den Fall, daß man uns alarmiert.«
      »Alarmiert!« sagte ich.
      »Ja, in letzter Zeit ist das vorgekommen. Beim alten Acton, einem der Grundbesitzer hier in der Nähe, wurde letzten Montag eingebrochen. Es ist kein großer Schaden angerichtet worden, aber die Kerle sind noch auf freiem Fuß.«
      »Keine Spuren?« fragte Holmes und richtete den Blick interessiert auf den Colonel.
      »Bis jetzt nichts. Aber es ist nur eine Bagatelle, eines der kleinen Verbrechen, die auf dem Lande geschehen; derartiges, Mr. Holmes, dürfte nach Ihrem bedeutenden internationalen Erfolg Ihrer Aufmerksamkeit kaum wert sein.«
      Holmes wehrte das Kompliment mit einer Geste ab, wenngleich sein Lächeln erkennen ließ, daß er es angenehm empfand.
      »Gibt es etwas Besonderes an dem Fall?«
      »Ich glaube, nein. Die Diebe haben die Bibliothek durchstöbert und wenig für ihre Mühe eingeheimst. Der ganze Raum war umgekrempelt, die Schubladen aufgebrochen und alle Bücher durcheinandergeworfen. Man hat schließlich festge stellt, daß ein einzelner Band von Popes ›Homer‹, zwei vergoldete Kerzenhalter, ein Briefbeschwerer aus Elfenbein, ein kleines eichenes Barometer und ein Knäuel Bindfaden fehlten.«
      »Ein ausgefallenes Sortiment!« rief ich.
      »Ja, die Burschen haben zusammengeramscht, was ihnen unter die Finger kam.«
      Holmes knurrte vom Sofa herüber.
      »Die County-Polizei sollte daraus einiges schließen«, sagte er. »Es ist doch offensichtlich, daß…«
      Ich hob warnend den Finger in die Höhe.
      »Sie sind hier, um sich auszuruhen, mein lieber Junge. Fangen Sie um Himmels willen nicht mit einem neuen Fall an, Ihre Nerven hängen in Fetzen.«
      Holmes zuckte die Schulter und sandte dem Colonel einen Blick voller komischer Resignation, und das Gespräch mündete in weniger heikle Kanäle.
      Es war jedoch vorherbestimmt, daß all meine ärztliche Fürsorge verschwendet sein sollte, denn am nächsten Morgen drängte sich uns das Problem in einer Weise auf, daß es unmöglich wurde, es zu ignorieren; unsere Visite auf dem Lande nahm eine Wendung, die wir nicht hatten voraussehen können.
      Wir saßen beim Frühstück, als der Butler des Colonel, seine guten Manieren gänzlich vergessend, ins Zimmer stürzte.
      »Haben Sie schon gehört, Sir?« Er rang nach Luft. »Bei den Cunninghams, Sir!«
      »Einbruch?« rief der Colonel, setzte aber nicht einmal die Kaffeetasse ab.
      »Mord!«
      Der Colonel pfiff durch die Zähne. »Beim Zeus!« sagte er. »Wer ist denn getötet worden? J. P. oder sein Sohn?«
      »Von ihnen keiner, Sir. Es traf William, den Kutscher. Durchs Herz geschossen, Sir, und auf der Stelle

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