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Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Titel: Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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der Hand hielt er eine Pistole, aber er schob sie in die Tasche, als wir näher kamen.
      »Guten Abend, Mr. Holmes«, sagte er. »Ich bin Ihnen sehr verbunden, daß Sie gekommen sind. Nie hat jemand Ihren Rat dringender gebraucht als ich. Ich nehme an, Dr. Trevelyan hat Ihnen bereits von dem äußerst verwerflichen Eindringen in meine Zimmer berichtet.«
      »So ist es«, sagte Holmes. »Wer sind die Männer, Mr. Blessington, und warum werden Sie von ihnen belästigt?«
      »Nun, nun«, sagte der Dauerpatient nervös, »das ist schwer zu erklären. Auf diese Frage können Sie von mir kaum eine Antwort erwarten, Mr. Holmes.«
      »Heißt das, Sie wissen es nicht?«
      »Treten Sie ein, bitte, seien Sie so freundlich.«
      Er führte uns in sein Schlafzimmer, einen großen, gemütlich eingerichteten Raum.
      »Sehen Sie das da?« sagte er und deutete auf einen großen schwarzen Kasten am Fußende seines Betts. »Ich bin nie sehr reich gewesen, Mr. Holmes – habe nie im Leben Investitionen getätigt, wie Dr. Trevelyan Ihnen bestätigen kann. Aber Bankiers vertraue ich nicht. Nie würde ich einem Bankier Vertrauen schenken, Mr. Holmes. Unter uns: Das bißchen, das ich besitze, ist in dem Kasten. So werden Sie wohl verstehen, was es für mich bedeutet, wenn unbekannte Leute in meine Zimmer eindringen.«
      Holmes sah Blessington fragend an und schüttelte den Kopf.
      »Ich kann Sie unmöglich beraten, wenn Sie mich zu belügen versuchen«, sagte er.
      »Aber ich habe Ihnen doch alles erzählt.«
      Holmes machte angewidert auf dem Absatz kehrt.
      »Dann gute Nacht, Dr. Trevelyan«, sagte er.
      »Und Sie geben mir keinen Rat?« rief Blessington mit brechender Stimme.
      »Ihnen, Sir, rate ich, die Wahrheit zu sagen.«
      Eine Minute später standen wie auf der Straße und machten uns auf den Heimweg. Wir hatten die Oxford Street überquert und die Harley Street schon halb hinter uns gebracht, als ich ein Wort von meinem Gefährten hörte.
      »Tut mir leid, Watson, Sie bei einem so nutzlosen Unternehmen eingespannt zu haben«, sagte er schließlich. »Aber im Grunde ist es doch ein interessanter Fall.«
      »Ich kann wenig mit der Geschichte anfangen«, gestand ich.
      »Nun, es ist ziemlich offensichtlich, daß es zwei Männer gibt – vielleicht sind es mehrere, wenigstens aber zwei –, die aus irgendeinem Grund entschlossen sind, an diesen Blessington heranzukommen. Ich hege keinen Zweifel, daß der junge Mann beide Male, beim ersten sowohl wie auch beim zweiten Besuch, in Blessingtons Wohnung gewesen ist, während sein Verbündeter durch einen gut ausgedachten Trick den Doktor davon abhielt, sich einzumischen.«
      »Und die Katalepsie?«
      »Eine betrügerische Vorspiegelung, Watson, wenn ich mich auch hüten werde, das unserem Spezialisten so unumwunden zu erklären. Dieses Leiden kann man sehr leicht vortäuschen. Ich habe es selber schon getan.«
      »Und was weiter?«
      »Es fügte sich, daß Blessington beide Male nicht daheim war. Sie wählten eine so unübliche Stunde offensichtlich deshalb, weil sie sichergehen wollten, daß kein anderer Patient im Wartezimmer saß. Rein zufällig fiel die Zeit mit der zusammen, in der Blessington seine Gesundheitsspaziergänge zu machen pflegt, woraus man wohl schließen darf, daß sie seinen Tagesablauf nicht gut genug kennen. Wären sie nur auf Beute versessen, hätten sie wenigstens den Versuch unternommen, die Zimmer zu durchsuchen. Außerdem kann ich einem Menschen von den Augen ablesen, wenn er befürchtet, daß es ihm an den Kragen geht. Es ist nicht anzunehmen, daß sich der Bursche unwissentlich zwei Feinde gemacht hat, die rachsüchtig sind, wie es den Anschein hat. Ich halte es also für sicher, daß er weiß, wer jene Männer sind, und daß er Grund hat, dies nicht bekannt werden zu lassen. Vielleicht ist er morgen in einer mitteilsameren Laune.«
      »Gibt es dazu nicht eine Alternative«, wandte ich ein, »zweifellos eine groteske und deshalb unwahrscheinliche, aber sie wäre wohl noch denkbar. Könnte nicht die ganze Geschichte mit dem kataleptischen Russen und seinem Sohn von Dr. Trevelyan ausgebrütet worden sein, der in Bles singtons Wohnung war, um eigene Ziele zu verfolgen?«
      Im Licht einer Gaslaterne sah ich, wie Holmes über meine brillante Variante amüsiert lächelte.
      »Mein lieber alter Junge«, sagte er, »das war eine der ersten Lösungen, die sich mir aufdrängten, aber bald sah ich

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