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Die Menschenleserin

Die Menschenleserin

Titel: Die Menschenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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hinweg.
    Dance drehte sich überrascht um. »Ja. Kennen wir uns?«
    Die Frau kam bis auf wenige Schritte heran und nahm die Sonnenbrille ab.
    Dance hatte das Gesicht irgendwo schon mal gesehen, konnte es aber nicht zuordnen.
    »Wir haben uns noch nie getroffen. Aber in gewisser Weise kennen wir uns. Ich bin Daniel Pells Freundin.«
    »Sie sind...« Dance stockte der Atem.
    »Jennie Marston.«
    Dance griff nach ihrer Waffe.
    Aber noch bevor sie den Kolben berührte, sagte Jennie: »Ich möchte mich stellen.« Dann streckte sie beide Arme aus, offenbar für die Handschellen. Eine sehr aufmerksame Geste, die Dance in all ihren Jahren als Ermittlungsbeamtin noch nie gesehen hatte.
     
    »Ich sollte Sie töten.«
    Die Neuigkeit beunruhigte Dance nicht allzu sehr, denn Daniel Pell war tot und Jennies Hände waren gefesselt. Weder bei ihr noch in ihrem Wagen hatte Kathryn eine Waffe gefunden.
    »Er hat mir eine Pistole gegeben, aber die liegt noch im Hotel. Ehrlich, ich würde Ihnen nie etwas antun.«
    Sie schien dazu nicht fähig zu sein, das stimmte.
    »Er hat gesagt, kein Polizist sei jemals so sehr in seinen Verstand vorgedrungen wie Sie. Er hatte Angst vor Ihnen.«
    Bedrohungen müssen ausgeschaltet werden ...
    »Er hat also Ihren Tod vorgetäuscht?«
    »Er hat mich geschnitten.« Jennie zeigte ihr einen Verband am Hinterkopf. »Ein Stück Haut, Haare und Blut. Eine Kopfwunde blutet sehr stark.« Sie seufzte. »Dann hat er mir Ihre und die Adresse Ihrer Eltern gegeben. Ich sollte Sie töten. Er wusste, dass Sie ihn niemals davonkommen lassen würden.«
    »Sie waren einverstanden?«
    »Ich hab eigentlich gar nichts dazu gesagt.« Sie schüttelte den Kopf. »Es war fast unmöglich, Nein zu ihm zu sagen... Er hat einfach angenommen, ich würde gehorchen. Weil ich immer getan hatte, was er wollte. Ich sollte Sie töten und dann zu ihm und Rebecca irgendwohin in die Wildnis kommen. Wir würden eine neue Familie gründen.«
    »Sie haben von Rebecca gewusst?«
    »Er hat es mir erzählt.« Und mit sehr leiser Stimme: »Hat sie die E-Mails an mich geschrieben? Und dabei so getan, als wäre sie Daniel?«
    »Ja.«
    Sie presste fest die Lippen zusammen. »Die Texte klangen nicht so, wie er gesprochen hat. Ich dachte mir schon, dass sie nicht von ihm stammten. Aber ich wollte nicht fragen. Manchmal will man die Wahrheit einfach nicht wissen.«
    Amen, dachte Kathryn Dance. »Wie sind Sie hergekommen? Sind Sie mir gefolgt?«
    »Ja. Ich wollte mit Ihnen persönlich sprechen. Ich dachte, falls ich mich einfach der Polizei stelle, bringt man mich sofort ins Gefängnis. Aber ich musste Sie unbedingt etwas fragen. Waren Sie dabei, als er erschossen wurde? Hat er etwas gesagt?«
    »Nein, tut mir leid.«
    »Oh. Nun ja, es hätte ja sein können.« Ihre Lippen wurden wieder schmal, ein kinesischer Hinweis auf Gewissensbisse. Dann ein Blick zu Dance. »Ich wollte Sie nicht erschrecken.«
    »Ich hab in letzter Zeit Schlimmeres erlebt«, sagte Dance.
    »Aber warum sind Sie nicht weggelaufen? In ein paar Wochen hätten wir uns vielleicht Gedanken darüber gemacht, wieso Ihr Leichnam nirgendwo angespült wurde. Doch bis dahin hätten Sie längst in Mexiko oder Kanada sein können.«
    »Ich schätze, ich habe mich soeben aus seinem Bann gelöst. Anfangs dachte ich, bei Daniel wäre alles anders. Wir hatten uns langsam kennengelernt – Sie wissen schon, ohne gleich im Bett zu landen – und eine echte Verbindung aufgebaut. Zumindest habe ich das geglaubt. Aber dann wurde mir klar, dass alles gelogen war. Rebecca hat ihm wahrscheinlich alles über mich verraten, damit er mich an den Haken bekommen konnte. Genau wie mein Ehemann und meine früheren Freunde. Ich hab mich immer in Bars oder während der Arbeit für den Partyservice aufgabeln lassen. Daniel hat es genauso gemacht, nur dass er sich sehr viel geschickter angestellt hat.
    Mein ganzes Leben lang dachte ich, ich würde einen Mann brauchen. Ich hatte immer diesen Vergleich im Kopf, ich sei eine Art Taschenlampe und die Männer seien die Batterien. Ohne sie könnte ich nicht strahlen. Doch jetzt, nach Daniels Tod, war ich in diesem Hotelzimmer und habe mich ganz plötzlich anders gefühlt. Ich wurde wütend. Es war verrückt. Ich konnte es regelrecht schmecken, so wütend war ich. So was ist mir noch nie passiert. Und ich wusste, ich musste etwas tun. Aber weder um Daniel jammern noch ausgehen und mir einen neuen Mann suchen. Was ich früher stets getan hätte. Nein, ich wollte etwas für

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