Die merkwuerdigen Faelle des Dr. Irabu
Jahre alte Exdirektor Mitsuo mit lächelndem Gesicht an.
»Sie sind zehn Jahre jünger als ich und gehen an eine Kleinstadtuni?«, wunderte sich Mitsuo, wobei er, nicht ganz ernst, die Stirn runzelte.
»Tja, die Universität liegt mitten in den Bergen. Ich darf sogar
ein Feld frei bewirtschaften, und im nahen Fluss kann ich Forellen angeln.«
»Na, na, das klingt ja fast so, als wollten Sie sich aufs Altenteil zurückziehen.«
»Stimmt, ich setze mich sozusagen in Raten zur Ruhe, kann endlich die Bücher lesen, für die ich bisher keine Zeit hatte, in Ruhe Klassik-CDs hören und mit meiner Frau … kurz und gut, ich kann mich entspannen.« Als er seine Frau erwähnte, unterbrach er sich hastig, wohl aus Rücksicht auf Tanabe, von dem er wusste, dass der seine Frau verloren hatte.
»Mindestens bei der Holding hätten Sie nach dem Rechten sehen können, meinen Sie nicht?«
»Das geht schon in Ordnung. Die ist in besten Händen«, antwortete der ehemalige Direktor und verstummte aus Sorge, dass man diese Bemerkung auch als Häme gegenüber Mitsuo auffassen konnte, der schon über zehn Jahre an der Spitze regierte.
Es gab eine einfache Zeremonie, bei der zuerst ein fünfzigjähriger Abgeordneter der Liberaldemokratischen Partei das Mikrofon ergriff und den ehemaligen Direktor für den Zeitpunkt seines Rückzugs lobte: »Wenn ich mich recht erinnere, hat Herr Yamamoto nie viel getrunken. Bei Sake war nach einer genau festgelegten Menge von dreihundertsechzig Millilitern Schluss, und wenn er mit Wasser verdünnten Whisky trank, dann nie mehr als drei Gläser. Herr Yamamoto ist ein Mensch, der weiß, wann man aufhört.«
Ganz anders als ich selbst, dachte Mitsuo mit einem Anflug von Selbstironie und lachte mit. Auch Alkohol war ihm eine tägliche Notwendigkeit.
»In der Politik dient man etwas oder einem Höheren … aber das bleibt unter uns, es gibt einfach zu viele Leute, die einfach nicht aufhören können.«
Der ganze Saal lachte. Mitsuo war ärgerlich. Außer ihm gab
es hier noch genügend andere Topleute, die siebzig Jahre alt waren.
»Der Augenblick, einem davonschreitenden Menschen nachzusehen, hat etwas Bewegendes, Schönes an sich. Auch in dieser Hinsicht ist Herr Yamamoto ein Ästhet.«
Als ob jemand, der nicht aufhört, hässlich ist. Mitsuo beschloss, diesem Abgeordneten eine Abreibung zu verpassen. Letztendlich war er ohnehin nur ein bedeutungsloser Politiker unter den Fittichen von Premierminister Izumida.
Mehrere Leute hielten ihre Reden, bis schließlich die Reihe an Mitsuo kam, einen Toast auszubringen.
»Mein Name ist Tanabe. Einer von denjenigen, die einfach nicht aufhören können.«
Plötzlich kam Bewegung in die Menge.
»Es herrscht die Ansicht, dass ich mich allmählich zurückziehen sollte, doch gerade deswegen klebe ich noch mehr als vorher an meinem Posten, hahaha.«
Spärlicher Applaus regte sich. Alle starrten gespannt auf Mitsuos Gesichtsausdruck.
»Diejenigen, die mich gehen sehen wollen, müssen bis zu meinem Begräbnis warten. Wie auch immer: Ich möchte nun anstoßen auf Herrn Yamamoto und sein künftiges Leben auf dem Land. Zum Wohl!«
Da Mitsuo die Bemerkungen des Abgeordneten mit bitterem Humor aufzunehmen schien, lebte die Stimmung im Saal wieder auf. Als der unterhaltende Teil des Abends begann, kam als Allererster der Abgeordnete mit einer tiefen Verbeugung zu Mitsuo und versicherte ihm schwitzend, dass die Rede keinerlei Anspielungen enthalten habe. Anschließend kamen nacheinander jüngere Manager, die ihre Aufwartung machen wollten. Er empfing sie mit gewohnt majestätischer Pose.
Wer behauptete, er würde es nicht genießen, wie ein Fürst
behandelt zu werden, war ein Lügner. Doch dafür musste man in Kauf nehmen, seelisch und körperlich bis an seine Grenzen zu gehen. Ohne das Gefühl, eine Mission zu haben, war diese Bürde nicht zu tragen.
»Herr Tanabe, guten Abendschoppen!«
Als er sich nach der Stimme umdrehte, stand da Irabu in einer grellen Aufmachung, an der ein rotes Blümchenmuster vorherrschend war.
»Ganz der Angeber, wie üblich«, klopfte er Mitsuo gut gelaunt auf die Schulter.
»Was machen Sie denn hier?«, fragte Mitsuo stirnrunzelnd mit gesenkter Stimme.
»Wir sind die designierte Klinik für die Firma hier, unter anderem für die Gesundheitsuntersuchungen der Angestellten.«
»Ich hoffe, die führen nicht Sie persönlich durch.«
»Nein, ich bin Neurologe. Heute vertrete ich meinen Vati.«
Wieso nannte ein ausgewachsener Mann seinen
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