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Die Merle-Trilogie 03 - Das Gläserne Wort

Die Merle-Trilogie 03 - Das Gläserne Wort

Titel: Die Merle-Trilogie 03 - Das Gläserne Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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sagen, doch die Königin unterbrach sie: „Nicht jetzt. Vermithrax hat Recht, es ist Eile geboten. Das, was ich zu sagen habe, betrifft nur ihn. Nachdem ich den Sohn der Mutter geboren und mit ihm das Volk der Sphinxe gezeugt hatte, erkannte ich bald, was geschehen war: Das Steinerne Licht hatte mich getäuscht. Und es hat mich ausgenutzt. Ich setzte ihm gefügige Diener in die Welt. Als mir klar wurde, was das bedeutete, beschloss ich, etwas zu unternehmen. Ich konnte nicht alle Sphinxe töten und alles ungeschehen machen - aber ich konnte verhindern, dass der Sohn der Mutter sie zu seinen Sklaven machte. Ich kämpfte mit ihm, Mutter gegen Sohn, und schließlich gelang es mir, ihn zu besiegen. Ich war die Einzige, die die Macht dazu hatte. Ich tötete ihn, und die Sphinxe begruben ihn in der Lagune." Sie machte eine Pause, zögerte und fuhr dann fort: „Was weiter geschah, wisst ihr. Aber damit endet meine Geschichte nicht, und es ist wichtig, dass ihr sie jetzt erfahrt. Vor allem du, Vermithrax."
    Der Löwe nickte bedächtig, als ahnte er bereits, was kommen würde.
    „Ich wusste, dass ich die Lagune nicht al ein bewachen konnte, und so schuf ich aus dem Stein der Standbilder, die die Menschen zu meinen Ehren errichtet hatten, die ersten Steinlöwen. Ich schuf sie aus Magie und meinem eigenen Herzblut, und ich denke, das macht sie - ähnlich und doch ganz anders als die Sphinxe - zu meinen Kindern, nicht wahr?"
    Der Löwe, der Merle und der Königin auf seinem Rücken nicht in die Augen sehen konnte, senkte das Haupt. „Große Sekhmet", flüsterte er demutsvoll.
    „Nein", fuhr die Königin auf, „es geht mir nicht um Verehrung! Ich will nur, dass du die Wahrheit über die Herkunft deines Volkes kennst. Niemand erinnert sich mehr, wann und wie die Steinlöwen in die Lagune gelangt sind, deshalb erzähle ich es dir. Die Lagune ist der Geburtsort der Steinlöwen, denn nachdem der Sohn der Mutter dort begraben wurde, schuf ich euch als seine Wächter. Ich selbst würde über ihn wachen, aber ich brauchte Helfer, meine Arme und Beine und Hände und Klauen. So entstanden die Ersten deines Volkes, und nachdem ich sicher war, dass ihr der Aufgabe gewachsen wart, gab ich meinen eigenen Körper auf und wurde zur Fließenden Königin. Ich konnte und wollte mit der Schande dessen, was ich getan hatte, nicht mehr als Göttin leben. Ich wurde eins mit dem Wasser.
    Einerseits war das die richtige Entscheidung, andererseits aber war es ein Fehler, denn damit gab ich auch die Kontrolle über die Steinlöwen auf. Meine Diener waren starke, zugleich aber vertrauensselige Geschöpfe, die sich mit den Menschen einließen." Sie hielt kurz inne, ehe sie in bitterem Tonfall fortfuhr:
    „Ihr wisst, wie es weiterging. Wie die Menschen die Löwen verrieten und ihnen die Schwingen raubten; die Flucht jener, die dem Verbrechen entgangen waren; und schließlich Vermithrax' misslungener Angriff auf Venedig, um das Unrecht zu sühnen, das seinen Ahnen widerfahren war."
    Der Obsidianlöwe schwieg. Er hatte mit gesenktem Kopf zugehört. Er und seine Artgenossen waren die Kinder Sekhmets. Die steinernen Wächter des Sohns der Mutter.
    „Dann ist es richtig, dass ich heute hier bin", sagte er schließlich und hob das Haupt mit neuer Entschlossenheit. „So kann ich viel eicht den Fehler meiner Vorfahren wieder gutmachen. Sie sind daran gescheitert, den Sohn der Mutter zu bewachen."
    „Genau wie ich", sagte Lalapeja.
    „Und ich", sagte die Königin aus Merles Mund.
    „Aber das Schicksal hat mir eine Chance gegeben", knurrte Vermithrax. „Vielleicht uns al en. Damals sind wir gescheitert, aber heute haben wir noch einmal die Möglichkeit, den Sohn der Mutter aufzuhalten. Und ich will kein Löwe sein, wenn es uns nicht gelingt." Er stieß ein kämpferisches Grollen aus. „Merle, steig jetzt ab."
    Sie gehorchte, sehr langsam, sehr vorsichtig, bis Lalapeja sie mit ihren verletzten Armen festhielt und an sich zog. Vermithrax aber schritt auf Winter zu. Der Albino berührte ihn an der Schnauze, kraulte ihn unterm Maul. Vermithrax schnurrte. Er hatte Recht behalten: Auf seinen Steinkörper hatte der Frost keine Wirkung.
    „Viel Glück", sagte Merle mit leiser Stimme. Serafin beugte sich auf dem Rücken der Sphinx vor und legte Merle eine Hand auf die Schulter. „Keine Sorge", flüsterte er, „er schafft das schon."
    Winter nickte Vermithrax ein letztes Mal zu, dann stieß der Löwe einen Kampfruf aus und stürzte sich mit einem Satz in die

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