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Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Titel: Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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umschwirrte die Königin, bei der der Schrecken über den ungeheuren Frevel des Gatten die Wehen ausgelöst hatte.
    Gerade war ein Knäblein geboren. Es lag bei der Mutter, und Chlodwig wollte es sehen. Er schob die Frauen beiseite und trat an das Bett, doch bei seinem Anblick schrie Chlotilde und schlug das Kreuz gegen ihn, als sei er der Teufel. Da zog er sich lieber zurück, um sie nicht weiter aufzuregen.
    Die Frauen brachten ihm später das Kind. Es war ein kräftiger kleiner Merowinger, der dann den Namen Chlothar erhielt.

Kapitel 4
    Tagelang weigerte sich Chlotilde, mit dem König zu reden. Wenn er sich zu ihr ans Bett schleppte, zu sprechen anfing und um Verzeihung bat, schwieg sie hartnäckig und sah ihn nur durchdringend und vernichtend an. Unter diesem Blick vergaß er bald, was er sagen wollte, stammelte unzusammenhängende Sätze, knurrte und grunzte noch etwas und zog sich schließlich zurück. 
    Dabei war seine Reue aufrichtig. Je mehr er darüber nachsann, desto mehr ärgerte er sich, dass ihn der Schrecken eines Alptraums zu einer solchen Verirrung geleitet hatte. Was für ein Beispiel hatte er seinen Männern gegeben! Woran sollten sie jetzt glauben!
    Auch die sonst noch angerichteten Schäden waren beträchtlich. Seine edelsten Pferde waren geschlachtet, darunter sein alter, treuer Rufus. Die fast verheilte Wunde am Oberschenkel war durch die Anstrengung erneut aufgebrochen, das Bein war geschwollen, er musste wieder tagelang liegen.
    Bei dem nächtlichen Wodansopfer war auch die kleine Holzkirche in Flammen aufgegangen, wohl eher aus Unachtsamkeit der Fackelträger als aus heidnischer Zerstörungswut. Der König ordnete nun an, einen Steinbau an seiner Stelle zu errichten und im Innern kostbar auszustatten. Dazu gab er fast den gesamten Jahrestribut des Königs Gundobad her.
    Auch sonst bezeigte er nun als Christ großen Eifer. Morgens und abends ließ er sich zur Andacht in die frühere Sabaudus-Villa tragen, und wenn Chlotilde ebenfalls anwesend war, sang er besonders laut im Chor der Gläubigen. Weil er aufgrund seiner Verletzung nicht knien konnte, lag er manchmal während des ganzen Gottesdienstes lang ausgestreckt vor dem Altar, stieß von Zeit zu Zeit den Kopf auf den Steinboden und stöhnte, dass er ein großer Sünder sei und Gott um Vergebung bitte. Sogar an den Vorbereitungen zu Chlothars Taufe zeigte er lebhaftes Interesse und schenkte aus diesem Anlass der Kirche ein paar Güter aus Fiskalbesitz.
    Chlotilde war daraufhin geneigt, ihm auf Bewährung zu vergeben. Sie redeten wieder miteinander, wenn auch vorerst nur Belangloses.
    Beim Festmahl im Anschluss an den Taufakt kam es dann aber wieder zu einer Verstimmung. Chlotilde hatte angeordnet, dass am Königstisch auf dem Podium an der Stirnseite der Halle neben ihr und dem König nur ihre eigenen Kinder mit ihren Betreuerinnen Platz nehmen durften. Inzwischen waren es vier: der sechsjährige Chlodomer, der vierjährige Childebert, ein zweijähriges Töchterchen namens Chrodechilde und – auf dem Arm seiner Amme – der Säugling Chlothar.
    Als der König an den Tisch kam, blickte er sich verwundert um. Es gab keinen freien Stuhl mehr. Wo war Theuderich? Er suchte ihn mit den Augen und fand ihn am Ende eines der langen Gefolgschaftstische unter den jüngsten Antrustionen.
    »Einen Stuhl für meinen Sohn Theuderich!«, befahl er und winkte dem Sechzehnjährigen, er möge heraufkommen und Platz nehmen.
    »Warum rufst du ihn denn hierher?«, fragte die Königin ungehalten. »Soll er doch unter seinesgleichen sitzen!«
    »Seinesgleichen bin ich!«, erwiderte der König.
    »Aber nicht ich! «, gab sie spitz zurück. »Er ist nur der Sohn einer Kebse, die du verstoßen hast.«
    »Er ist Merowinger. Das genügt!«
    Ein Diener brachte den Stuhl, und Chlodwig ließ ihn an seine Seite stellen.
    Als Theuderich neben ihm saß, griff er dem schlaksigen, ihm sehr ähnlichen Burschen väterlich in die lange Mähne und sagte zu Bobo, Ursio und einigen anderen, die in der Nähe saßen: »Erinnert ihr euch? In seinem Alter war ich schon König. Doch seine Zeit kommt irgendwann auch. Er muss eben noch ein bisschen warten und üben.«
    Zu dem Gelächter, das dieser Bemerkung folgte, verzog die Königin keine Miene.
    Später, als alle beim Mahl durcheinanderredeten, zischte sie Chlodwig zu: »Wozu musste ich dir eigentlich drei Söhne gebären? Sollen sie später vom Sohn deiner Kebse als Unterkönige Befehle empfangen?«
    »Sie war keine Kebse, sondern

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