Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis
Gemahls bringt sie einen Sohn zur Welt. Sie selbst ist aber nicht vollkommen glücklich: Der König stimmt einer Taufe ihres Kindes nicht zu. Er fürchtet, die germanischen Götter, die er verehrt, denen er opfert und die er bei allen seinen erfolgreichen Unternehmungen als Sieghelfer betrachtete, könnten darüber in Zorn geraten und sich von ihm abwenden.
Mit diplomatischem Geschick gelingt es Remigius, Chlodwig doch noch die Zustimmung zur Taufe des kleinen Ingomer abzuringen. Aber während des Taufakts stirbt der Säugling. So erreicht man das Gegenteil des Erhofften – der König wütet gegen seine Frau und ihre katholischen Einbläser. Er ist nun sicher, dass seine Götter sich nicht »betrügen« lassen.
Nichtsdestoweniger gelingt es, als Chlotilde einen zweiten Sohn zur Welt bringt, noch einmal die Zustimmung des Königs zur Taufe zu erlangen. Dazu bedarf es allerdings handfester politischer Garantien und militärischer Hilfe für seinen Kampf gegen die Westgoten (im Süden und Westen Galliens). Die Erzbischöfe tun ihr Mögliches, doch ohne Erfolg. Die Franken werden zurückgeworfen, als sie die Loire überschreiten. Immerhin bleibt diesmal der Täufling, während man ihn im Taufbecken untertaucht, am Leben.
Der Frankenkönig scheint für den katholischen Glauben verloren zu sein – doch infolge einer militärischen Zwangslage, aus der er sich retten muss, ändert sich alles: Der Fürst der Rheinfranken, Sigibert, ruft ihn um Hilfe, als brennende und plündernde Horden der Alamannen sein kleines Reich links und rechts des Rheins heimsuchen. Chlodwig folgt dem Ruf, hat aber zunächst die Alamannen allein gegen sich, weil Sigibert mit den Seinen zu spät auf dem Schlachtfeld erscheint. Eine vernichtende Niederlage droht den Franken. Chlodwig, der glaubt, von seinem Kriegsgott Wodan im Stich gelassen zu sein, ruft in höchster Not (wie es ihm Chlotilde nahelegte) den Christengott an. Wenn der ihm zum Sieg verhelfe, schwört er, will er sich taufen lassen.
Er siegt tatsächlich und hält seinen Schwur. Remigius tauft ihn (496) und mit ihm dreitausend Franken. Die katholische Kirche erringt damit den letztendlich entscheidenden historischen Sieg.
Die Arianer haben dagegen im Frankenreich verloren. Chlodwigs Schwester Lanthild, die sich ihnen heimlich angeschlossen hat, wird auf Betreiben der Königin vom Hofe verbannt. Die Heirat ihrer Lieblingsschwester Audofleda mit dem König der Ostgoten, Theoderich, dem Haupt der arianischen Germanen, gibt ihr immerhin etwas Hoffnung. Ebenso wie ein neuer Krieg, den die Kirchenoberen und ihnen hörige Frauen gemeinsam ins Werk setzen.
Dramatis personae
Chlodwig, König der Franken
Chlothilde, seine Gemahlin
Lanthild, Chlodwigs jüngste Schwester
Chrona, Chlotildes ältere Schwester, Nonne
Theuderich, Chlodwigs ältester Sohn
Chlothar, Chlodwigs jüngster Sohn
Bobo, Vertrauter Chlodwigs, Major domus
Ursio, Vertrauter Chlodwigs, oberster Scherge
Jullus, Vertrauter Chlodwigs, Comes
Baddo, fränkischer Feldherr, auf der Flucht
Gundobad, Oberkönig der Burgunder
Godegisel, Unterkönig der Burgunder
Sigismund, sein Nachfolger, Sohn Gundobads
Sigibert, König der Rheinfranken
Chloderich, sein Sohn
Remigius, Bischof von Reims
Avitus, Bischof von Vienne
Leonidas, Gesandter des Kaisers Anastasius
Scylla (Donata), Geheimbotin des Avitus
Gesalich, Scyllas und Alarichs Sohn
Leontia, Gefährtin der Scylla
Tonia, Gefährtin der Scylla
Chundo, Diakon
Horatius, Dichter und Sänger
Kapitel 1
Erneut war es Herbst geworden, aber das Wetter war noch freundlich.
Eines Nachmittags saß Remigius, der Bischof von Reims, zu Gast bei seinem Bruder in Soissons, lesend im Peristylgarten, als er plötzlich diese ihm unbekannte Gestalt sah, die aus dem Hause trat und auf ihn zukam. Er erschrak heftig, denn sie machte kurze Schritte und näherte sich rasch.
Es war eine hochgewachsene, in weite, dunkle Gewänder gekleidete Person mit fast völlig verhülltem Gesicht.
Der kleine Bischof war kein Feigling. Aber er sprang doch lieber von der Bank auf und trat vorsichtshalber ein paar Schritte zurück. Dabei entfiel ihm der Kodex. Wo war der diensthabende Subdiakon, der Besucher des bischöflichen Hauses zu melden hatte? Handelte es sich bei der Gestalt, die sich da näherte, um einen Mann oder eine Frau? Sogar die Hände waren verborgen – hielten sie unter den Falten des weiten Mantels den Dolch gepackt? Der Bischof hatte Feinde, und mehrmals schon war er beinahe das
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