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Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Titel: Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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rechtmäßige Gemahlin. Im Übrigen – es wird jeder bekommen, was ihm zusteht!«.
    »Wenig genug wird es sein!«
    »Es wird reichen.«
    Chlotildes bei jeder passenden Gelegenheit wiederholte Versuch, Theuderich für alle sichtbar von der Thronfolge auszuschließen und zum Bastard zu machen, war auch diesmal gescheitert.
    Für die Königin war er nur »der Sohn der Kebse« oder sogar »der Sohn der Amme«. Seinerzeit hatte sie Sunna, als diese für Chlodomers Ernährung nicht mehr benötigt wurde, auf eine wenig zartfühlende Weise verabschiedet. Vor ihren versammelten Frauen hatte sie ihr kühl gedankt und ihr einen Beutel mit Geld in die Hand drücken wollen. Sunna hatte den mit den Worten zurückgewiesen: »Ich tat nur, was mein Gemahl, der König, verlangte.« Worauf Chlotilde aufgelacht und gefragt hatte: »Hast du dir auch auf sein Verlangen in Cambrai das Kind machen lassen?« Darauf war Sunna rasch fortgegangen und zu Fuß aus dem Palast und der Stadt geflohen. Theuderich war ihr aber nachgeritten und hatte sie nach Cambrai zurückgebracht.
    So hielt die Verstimmung zwischen dem Königspaar an. Es kam zu halbherzigen Versöhnungen, aber auch immer wieder zu mehr oder weniger heftigen Streitereien. Ende Oktober beschloss der König, sich diesem Dauergewitter in Soissons zu entziehen und ein paar ruhige Monate in Berny zu verbringen. Dabei Gesellschaft leisten mussten ihm wie immer Bobo und Ursio.
    Die Stelle des in der Schlacht am Rhein gefallenen Ansoald nahm jetzt Jullus Sabaudus ein, der Comes von Le Mans. Schon während des Feldzugs gegen die Burgunder hatte ihn der König nicht von seiner Seite gelassen. Chlodwig fand Jullus dem Ansoald ähnlich, er war ebenso hinter den Röcken her, für jeden Spaß und jede Verräterei zu haben. Dass er dem Gefallenen auch mal als Liebhaber Audofledas, der jetzigen Königin der Ostgoten, nachgefolgt war, wusste Chlodwig noch immer nicht zuverlässig, und es interessierte ihn auch nicht mehr. Er schätzte an Jullus, seinem einstigen Referendar, nach wie vor auch besonders dessen perfektes Latein und vertraute nur ihm die wichtigsten Verträge und Briefe an.
    Die kurze Reise nach Berny wurde in bester Stimmung begonnen. Der König verschmähte den Wagen und bestieg ein Pferd, einen jungen Grauschimmel, den er gelegentlich schon geritten hatte und zu beherrschen glaubte. Er wollte sich selbst und der Gefolgschaft beweisen, dass er kuriert und wieder bei Kräften war.
    Die ersten fünf Meilen wurden auf dem breiten, von Wäldern gesäumten Sandweg in mäßigem Tempo zurückgelegt. Chlodwig hielt sich straff auf dem Pferderücken, scherzte mit seinen Nebenleuten, sog die lange entbehrte frische Luft ein. Dann aber kam es zu einem Zwischenfall.
    Gleich hinter einer Wegbiegung lag der Kadaver eines Auerochsen. Die ersten Pferde scheuten, stiegen hoch, sprangen zurück. Der ganze Pulk geriet durcheinander. Und plötzlich gingen einige durch, darunter der Grauschimmel des Königs.
    Im Galopp stürmten sie einen Abhang hinunter. Chlodwig konnte sich nicht halten, noch zu schwach war das verwundete Bein. Der Zügel entglitt ihm, er packte die Mähne des Tiers. Doch beim Sprung über ein Gebüsch wurde er abgeworfen und landete hart auf dem Boden. Er verlor das Bewusstsein.

Kapitel 5
    Das Erste, was Chlodwig wieder wahrnahm, war eine Stimme. Sie schien von weit her zu kommen, sich aber zu nähern. Es war eine weibliche Stimme, die einen fremdartigen Klang hatte. Anfangs konnte er nur Laute unterscheiden. Dann aber einzelne Wörter, abgerissene Sätze. Schließlich war die Stimme sehr nahe, und deutlich vernahm er die Frage:
    »Hörst du mich, König? Fühlst du das?«
    Tatsächlich empfand er eine sanfte Berührung. Etwas strich leicht über seinen Hals, seine Brust, seine Arme. Das war ihm angenehm, er seufzte wohlig.
    Darauf sagte die Stimme: »Versuche, die Augen zu öffnen! Sieh mich an!«
    Er gehorchte, schlug die Augen auf und erblickte nun die Frau, die sich über ihn beugte. Er sah ein Gesicht, das nicht mehr ganz jung, doch von bemerkenswerter Schönheit war, mit dunklen Augen und vollen Lippen. Sein Erwachen zauberte ein Lächeln auf dieses Gesicht.
    »Dem Himmel sei Dank!«, sagte die Frau. »Du hast das Schlimmste überstanden.«
    »Wer bist du?«, fragte Chlodwig. Er spürte, dass seine Zunge schwer war. Bei jedem Wort, das er sprach, schien eine eiserne Zange ihm Kinn und Zähne zusammenzupressen.
    »Ich heiße Donata«, erwiderte die immer noch lächelnde Schöne.

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