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DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

Titel: DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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schloss der Bauer seinen Bericht, sei der Mann verschwunden gewesen.
    Structus und mehrere andere äußerten sogleich ihre Zweifel. Dies könnte eine perfide Kriegslist der Franken sein – mit dem Ziel, die römische Seite sorglos zu machen und zur Leichtfertigkeit zu verleiten. Aber Syagrius wies das zurück. Wer war »R«? Für ihn ohne Zweifel der Häuptling Ragnachar, der Stotterer. Und »C« stand für Cambrai, »T« hieß Tongeren. Natürlich konnte »T« auch Tournai bedeuten, aber das würde keinen Sinn ergeben. Die Botschaft konnte nur dies bedeuten: Die braven Cambraier und Tongerer würden das Unternehmen ihres größenwahnsinnigen Stammesgenossen nicht mitmachen, sich zurückhalten und im entscheidenden Augenblick sogar die Seite wechseln.
    Der Sieg war damit nicht mehr in Frage gestellt. Wozu sollte man sich also noch der Strapaze einer Belagerung aussetzen!
    ***
    Als es hell wurde, begab sich Syagrius in das Amphitheater. »Zur Sicherheit«, wie er sagte, ließ er sich bis vor den Eingang in einer geschlossenen Sänfte tragen. Angeblich fürchtete er, dass einige aus der fränkischen Abordnung heimlich in der Stadt geblieben waren und einen Anschlag auf sein Leben vorhatten.
    Tatsächlich aber saß er sehr schlecht zu Pferde. Man musste ihn dann auch stützen, als er auf der sanftesten Stute, die zu finden war, in die Arena einritt.
    Kein Zuruf, kein Jubel begrüßte ihn.
    Schweigend hörten die angetretenen Mannschaften, vorwiegend Alamannen und Rheinfranken, seine schwunglose Ansprache. Er war übermüdet, zerstreut und gereizt, suchte immer wieder nach Worten und schloss zur allgemeinen Verwunderung mit einer Huldigung des Kaisers.
    »Meint er den in Konstantinopel?«, fragte ein Legionär seinen Nebenmann. »Der hätte wahrscheinlich nichts dagegen, wenn hier heute alles zum Teufel ginge.«
    »Vielleicht meint er sich selber«, erwiderte der andere spöttisch. »Er ist ja die letzte Säule des Imperiums.«
    Der Ausmarsch erfolgte durch das Südtor, das dem feindlichen Lager abgewandt war. So sollte vermieden werden, dass die Franken über die beiden Legionen in verminderter Mannschaftsstärke und ihre Hilfstruppen herfielen, bevor die Schlachtordnung eingenommen werden konnte.
    Am Tor hatte sich Frau Titia mit einigen aristokratischen Emigrantinnen postiert, um die ausmarschierenden Truppen anzufeuern. Die Damen klatschten und jubelten, ohne damit jedoch auf die Gesichter der germanischen Söldner so etwas wie Begeisterung zaubern zu können. Schließlich erinnerte sich eine daran, dass Geld immer Wunder bewirkt. Sie ließ den Vorüberziehenden kleine Münzen in die Hand drücken, was aber nur die Wirkung hatte, dass es zwischen den Beschenkten zum Streit kam und die Marschordnung gestört wurde. Ein Zenturio musste einschreiten und die freigebige, empörte Dame wegführen lassen.
    Der Patricius stieg auf die Mauer, um die Schlacht von der Brustwehr aus zu beobachten.
    Da er überzeugt war, dass es hier auf ein persönliches Beispiel von Wagemut nicht ankam, hielt er es für verantwortungslos, sich als unersetzbarer Leiter und Lenker auf dem Schlachtfeld den Geschossen des Feindes auszusetzen. Er fand vielmehr, dass es wichtig war, aus dieser hohen, unverletzlichen Position den Legionen den Rücken zu stärken. Sein weithin leuchtender, feuerroter Helmbusch würde auch jeden, der sich etwa zur Flucht wenden sollte, daran gemahnen, dass ihn das strenge Auge seines obersten Feldherrn sah. Er schloss natürlich nicht aus, im Falle einer kritischen Wendung selbst das Schwert zu ergreifen. Dass aber ein solcher Fall eintreten würde, hielt er für unwahrscheinlich.
    Zunächst schien er damit recht zu behalten.
    Die Franken, die sich in dichten Haufen formiert hatten, zögerten mit dem Angriff und wichen sogar zurück, als die Legionen unter dem Geschmetter der Tuben und Hörner vorrückten.
    Ein Pfeilregen prasselte auf sie nieder, und der Patricius sah erfreut, dass die Geschosse ihr Ziel fanden. Bald machte er zwanzig, dreißig, fünfzig am Boden liegende Barbaren aus, und eiliger – ja, hastiger, als gelte es, die lästige Sache rasch hinter sich zu bringen, marschierten die Legionäre in breiter Front vorwärts.
    Die Sonne stieg auf, und Syagrius ließ einen Schirm gegen die blendenden Strahlen bringen. Er nahm sich auch vor, den Helm, der ihn an den Schläfen drückte, bald abzusetzen und gegen einen weichen, griechischen Hut zu vertauschen.
    »Bedauerlich«, scherzte er, an ein paar

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