DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren
drei hatten dies als Zeichen höherer Gunst gewertet und, einmal auf den Geschmack gekommen, bald neue Gelegenheit gesucht.
Diese fand sich, doch nun waren sie nicht mehr so leichtsinnig. Unter dem einleuchtenden Vorwand, in dem von frauenlosen Männern wimmelnden Palast Angst vor nächtlichen Überfällen zu haben, verlangten die Schwestern eine Tür mit Riegel. Das Glück hinter dieser Tür währte freilich nur wenige Nächte, weil Albo nun mit der Mutter nachkam und ihren Platz auf der breiten Bettstatt beanspruchte.
Frau Basina, der das Treppensteigen schwerfiel, bettete sich im ersten Stock bei den Verwandten. Das dicke Mädchen aber bestand darauf, wie früher an der Seite ihrer Schwestern zu nächtigen. Es kam ihr nicht in den Sinn, dass sie den beiden lästig fallen könnte. In ihrem harmlosen Gemüt war kein Platz für Audos und Lanthilds Geheimnis. Sie bemerkte zwar, dass die beiden auf einmal recht garstig zu ihr waren, doch war sie zu träge, um es übelzunehmen und der Ursache nachzugehen. Vielmehr versuchte sie, die Schwestern zu unterhalten und aufzuheitern, indem sie ihnen, so gut es ging, wiedergab, was ihr der Bischof erzählt hatte. Doch Audo und Lanthild stand abends im Bett nicht der Sinn nach »Hallelujas Lügengebräu«, wie sie die Wundergeschichten von den Heiligen abschätzig nannten. Albos Geplapper reizte sie nur noch mehr, sie spotteten über die fromme Einfalt und begannen, der Schwester Streiche zu spielen. So, hofften sie, würden sie sie vielleicht eines Tages vertreiben.
Vorerst aber brauchten die drei Liebenden ein neues Refugium.
Ein kleines, rundes, schon lange nicht mehr genutztes Turmzimmer wurde ausgekundschaftet, das nur über eine Leiter zu erreichen war. Die Schwestern entwickelten aufregende Geschäftigkeit, um Matten, Decken und Kissen dort hinaufzuschaffen. Solange ruhiges Wetter herrschte, war das ein gemütliches Nest, in dem man es stunden- und manchmal tagelang aushalten konnte. Doch bald pfiff der Sturm durch die Ritzen, und Regen und Schnee fielen durch das schadhafte Dach. Das Vergnügen zu dritt war kaum noch möglich, weil die Verstecke, die jetzt noch gefunden wurden, zu unsicher waren. Eine der Schwestern musste immer auf Wacht sein. Mal fühlte sich nun aber die eine, mal die andere benachteiligt, und trotz aller guten Vorsätze waren Streit und Eifersucht die Folge.
So blieb denn nichts anderes übrig, als Albo schnell und gewaltsam zu vertreiben.
Eines Nachts erschreckte sie ein Ungeheuer mit glühenden Augen so sehr, dass sie aufkreischend zu ihrer Mutter floh und sich weigerte, je wieder in das Schlafgemach der Schwestern zurückzukehren. Mit einem ausgehöhlten Kürbis und einer Kerze hatten Audo und Lanthild ihr Ziel erreicht. Noch in derselben Nacht empfingen sie ihren Liebhaber. Hinter der verriegelten Tür machten die drei ein Fest aus ihrer wiedergewonnenen Sicherheit. Dabei wurden sie sogar unvorsichtig. Man klopfte, weil man draußen Schreie gehört hatte, und die Schwestern drinnen mussten beteuern, dass ihnen wohl sei und dass sie nur Träume gehabt und im Schlafe geschrien hätten.
Nicht ganz so wohl war es Ansoald.
Jedes Mal, wenn er hin- und wegschlich, zu und von einem dieser gefährlichen Abenteuer, sah er sich schon in der Hand des Henkers. Zwar wurde er durch seine aufrichtig liebenden, gewöhnlich zärtlichen und sehr erfinderischen Gespielinnen reichlich entschädigt, und seiner Eitelkeit tat es gut, gleich zwei Merowingerinnen zu Geliebten zu haben. Doch wurde er selbst in den schönsten Augenblicken den Gedanken nicht los, wie das wohl ausgehen würde.
Trat er dem König entgegen, um seines Amtes als Schenk zu walten, forschte er sorgenvoll in dessen Miene, um ein Anzeichen dafür zu finden, dass das Geheimnis verraten sei.
Saß er mit den anderen im Rat oder in geselliger Runde, zuckte er innerlich zusammen, richtete Chlodwig nur das Wort an ihn.
Immer wieder gab es auf Treppen, in Fluren und Gängen riskante Begegnungen, wenn er zu den Schwestern eilte oder sich von ihnen fortstahl.
Er wusste, dass der nachtragende Bobo und der boshafte Ursio, die beide kein Glück bei Mädchen hatten, ihn mit Genuss beim König anschwärzen würden, fänden sie nur den geringsten Beweis.
So war er manchmal keineswegs enttäuscht, sondern eher erleichtert, kam irgendeiner Schwierigkeit wegen eine Verabredung nicht zustande. Es geschah auch, dass er wie zufällig einen Bogen machte und auswich, sobald sich ihm eine der Schwestern
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