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DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

Titel: DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Baddo schlug vor, Werkstätten einzurichten und den wenigen ausgebildeten gallorömischen Geschützbauern einige hundert Gehilfen zu stellen, die auch die Geschütze bedienen würden, vor allem ältere Franken. Die Jüngeren wollte er in der Erstürmung von Mauern mit Leitern, Belagerungstürmen und Sturmböcken ausbilden.
    Da den übernommenen Legionären der nötige Wagemut und die unbedingte Einsatzbereitschaft noch nicht zuzutrauen war, sollten sie vorerst als Nachhut und zur Sicherung eroberter Plätze eingesetzt werden.
    Chlodwig widersprach dem Plan, das eigene salfränkische Aufgebot allein im Belagerungskrieg einzusetzen. Er brauchte diese vollkommen zuverlässige, bewegliche Kerntruppe auch für Feldschlachten, auf die man immer gefasst sein musste.
    Konnten Goten, Burgunder oder Alamannen die Lage nicht ausnutzen, wenn die Franken ihre Kräfte in langen Städtebelagerungen zermürbten? Nein, umgekehrt musste es sein: die »Legionäre« an die Geschütze und an die Mauern, die Franken in Bereitschaft für ein offenes Kräftemessen.
    Der Streit über diese Frage wurde oft heftig, und manchmal waren sie nahe daran, die Beherrschung zu verlieren. Chlodwig warf Baddo vor, nur seine Rache im Sinn zu haben, das große Ganze aber, die »Francia«, das neue Königreich der Franken, die Gewinnung und Behauptung gewaltigen Landbesitzes, dabei aus dem Auge zu verlieren.
    Baddo höhnte dann, Chlodwig sei nur ein Anmaßer, solange Syagrius lebe und hinter festen, undurchdringlichen Mauern sitze. Seine »zuverlässige« Truppe sei nur ein wüster Haufen ohne Zucht, ohne Ordnung, ohne Gehorsam, der jedem starken, entschlossen geführten Heer unterlegen sei.
    Bei solchen Reden gerieten sie in Hitze und starrten sich hasserfüllt an, die Hand am Gürtel, in der Nähe der Waffe. Dann blitzten Erinnerungen auf an die Kämpfe, die sie, zehn Jahre war es erst her, als Jungen austrugen, mal mit Fäusten, mal mit Holzschwertern, mal mit Steinen. Baddo war von diesen Kämpfen gezeichnet, er war dabei fast ums Leben gekommen. Und auch Chlodwig hatte sie nicht als harmlose Kinderspiele im Gedächtnis. »Vor dem sieh dich vor!«, hatte ihm mal sein Vater Childerich gesagt. »Der glaubt, dass wir Merowinger ihm etwas schuldig sind.«
    Chlodwig kannte die Gerüchte um den Tod von Baddos Schwestern, hatte sie aber, wie niemand in seiner Familie, je ernst genommen. Und Baddo und er waren sogar Blutsbrüder geworden. Aber dann blitzte auch manchmal noch eine andere Erinnerung auf: an jenen Abend der Wiederbegegnung, letzten Sommer in der Waldburg bei Tournai, als Baddo ihn plötzlich in der Dunkelheit anfiel und ihm die Dolchspitze unter das Kinn stieß.
    Auch jetzt ging es immer so aus wie damals: Sie nahmen die Hände vom Gürtel, sie lachten, sie ließen die Becher füllen.
    Baddo war stets der Erste, der nachgab und den Streit durch ein Zugeständnis entschärfte. Er erreichte trotzdem sehr viel, wenn auch bei weitem nicht alles.
    Als Befehlshaber war er unverzichtbar. Chlodwig vergaß ihm auch nicht den entscheidenden Anteil an seiner eigenen neuen Machtstellung. Niemals kam ihm in den Sinn, mit ihm umzuspringen wie mit Bobo, Ursio oder Ansoald. Deren Treue stand freilich außer Zweifel. Was die Vertrauenswürdigkeit Baddos betraf, dem er sich trotz seines merowingischen Heils oft heimlich unterlegen fühlte, regte sich immer mal wieder – und sogar zunehmend – Unbehagen.
    Dass es mit Zucht und Ordnung in seiner Gefolgschaft nicht zum Besten stand, musste er leider im Stillen einräumen. Fast täglich saß er ja zu Gericht, um Vergehen der Leute zu ahnden. Noch immer hatten viele nicht begriffen, dass sie jetzt nicht mehr zu einer freien, fröhlichen, übermütigen Kriegerschar, sondern zu einem Reichsheer gehörten, in dem es vor allem auf eines ankam: Gehorsam und Unterordnung.
    Da gab es noch immer Ältere in der Gefolgschaft, denen der König wie in früheren Zeiten nur als Heerkönig galt, dessen Macht und Befehlsgewalt endete, sobald der Krieg aus war. So alte Recken waren lästig mit ihrem protzigen Heldengehabe, ihrer Nachlässigkeit im täglichen Dienst, ihrer Lust am Widerspruch, ihrem lautstarken Schwadronieren und Besserwissen.
    Vor allem einer fiel damit auf, und dem hatte Chlodwig selbst zu einem Triumph verholfen. Der hatte ihm vor aller Augen gezeigt, dass die alten Gesetze nicht außer Kraft und dass die Rechte eines germanischen Königs begrenzt waren.
    Es hatte übermenschlicher Selbstbeherrschung bedurft, dass

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