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Die Messerknigin

Titel: Die Messerknigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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fürchtet. Sie wussten, dass die einzigen Dinge, die sie einander noch zu sagen hatten, zu gewaltig waren, um sie auszusprechen, ohne ihrer beider Leben zu zerstören.
    Belinda erzählte Gordon nichts über diese neue Version von Gordons und Belindas Ehe . Aber er las sie selbst, oder jedenfalls etwas, das große Ähnlichkeit damit hatte, als Belindas Mutter einige Monate später krank wurde und Belinda für eine Woche nach Hause fuhr, um sie zu pflegen.
    Auf dem Blatt Papier, das Gordon aus dem Umschlag zog, stand die Beschreibung einer Ehe, vergleichbar mit der, die Belinda gelesen hatte, doch jetzt hatte die Affäre mit seiner Chefin ein böses Ende genommen und es sah so aus, als solle er seinen Job verlieren.
    Gordon mochte seine Chefin gern, aber er konnte sich wirklich nicht vorstellen, sich je auf irgendwelche romantischen Verwicklungen mit ihr einzulassen. Sein Job machte ihm Spaß, auch wenn er eigentlich eine größere Herausforderung suchte.
    Belindas Mutter erholte sich und Belinda kam noch vor Ende der Woche zurück. Ihr Mann und ihre Kinder waren erleichtert und selig, sie wiederzusehen.
    Erst am Heiligen Abend brachte Gordon den Umschlag zur Sprache.
    »Du hast es auch angeschaut, stimmt’s?« Kurz zuvor waren sie in die Kinderzimmer geschlichen und hatten die Weihnachtsstrümpfe gefüllt, die die Kinder aufgehängt hatten. Gordon hatte ein Gefühl von Euphorie verspürt, als er durch sein Haus ging und an den Betten der Kinder stand, doch die Euphorie vermischte sich mit tiefer Schwermut bei der Erkenntnis, dass solche Momente vollkommener Glückseligkeit nicht von Dauer sein konnten, dass es unmöglich war, die Zeit anzuhalten.
    Belinda wusste sofort, wovon er sprach. »Ja«, sagte sie. »Ich habe es gelesen.«
    »Was denkst du?«
    »Na ja, ich meine, das ist kein Scherz mehr. Nicht einmal ein kranker Scherz.«
    »Hm«, machte Gordon. »Aber was ist es dann?«
    Sie saßen im Wohnzimmer auf der Vorderseite des Hauses. Die Lampen waren abgedimmt, ein Holzscheit brannte auf einer Lage Kohlen und tauchte den Raum in flackerndes, orangegelbes Licht.
    »Ich glaube, es ist wirklich ein Hochzeitsgeschenk«, sagte sie. »Es beschreibt die Ehe, die wir nicht führen. Die schlimmen Dinge passieren dort auf dem Papier, nicht hier in unserem Leben. Statt es zu erleben, lesen wir es und erkennen, dass es so hätte kommen können. Aber ist es eben nicht.«
    »Du willst also sagen, es ist so was wie Zauberei?« Er hätte das Wort unter normalen Umständen nicht ausgesprochen, aber heute war Heilig Abend und das Licht war gedämpft.
    »Ich glaube nicht an Zauberei«, entgegnete sie kategorisch. »Es ist ein Hochzeitsgeschenk. Und ich meine, wir sollten es an einem sicheren Ort aufbewahren.«
    Am zweiten Weihnachtstag nahm sie den Umschlag aus der Schachtel und legte ihn stattdessen in ihre verschließbare Schmuckschublade und dort verschwand er unter ihren Ketten und Ringen, Armbändern und Broschen.
    Dem Frühling folgte der Sommer. Dem Winter folgte der Frühling.
    Gordon war erschöpft. Tagsüber arbeitete er für seine Kunden, erstellte Entwürfe und führte die Bauaufsicht und abends saß er oft bis tief in die Nacht am Schreibtisch und arbeitete für sich selbst, entwarf Museen und Galerien und öffentliche Gebäude für Wettbewerbe. Hin und wieder fanden seine Konzepte lobende Erwähnung und wurden in Architekturzeitschriften abgebildet.
    Belinda behandelte zunehmend Großtiere, was ihr viel Freude machte. Sie fuhr zu den Farmern hinaus, untersuchte und behandelte Pferde, Schafe und Kühe. Manchmal nahm sie die Kinder mit.
    Sie stand gerade auf einer Weide, um eine trächtige Ziege zu untersuchen, die, wie sich zeigte, nicht die Absicht hatte, sich einfangen, geschweige denn untersuchen zu lassen, als das Handy klingelte. Belinda trat den Rückzug an und klappte das Telefon auf, während die Ziege sie vom anderen Ende der Wiese böse anstierte. »Ja?«
    »Rate.«
    »Hallo, Liebling. Ähm … Du hast im Lotto gewonnen?«
    »Nein. Aber fast. Mein Entwurf für das British Heritage Museum ist in der engeren Wahl. Ein paar harte Konkurrenten stehen auch noch zur Debatte, aber er ist in der engeren Wahl.«
    »Das ist fantastisch!«
    »Ich habe Mrs. Fulbright angerufen, sie schickt Sonja heute Abend zum Babysitten herüber. Wir gehen feiern.«
    »Wunderbar. Ich liebe dich«, sagte sie. »Aber jetzt muss ich zurück zu meiner Ziege.«
    Sie nahmen ein angemessenes Festmahl ein und tranken zu viel Champagner. Als sie

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