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Die Messerknigin

Titel: Die Messerknigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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entkleide mich für die Schlacht und ich warte
    auf allen vieren im Schutz einer Düne.
    Tage und Nächte warte ich. Und warte. Und warte.
    Wo zum Henker sind Sie und Ihre Leute?
    fragt Roth mich am dritten Tag. Wofür zum Henker bezahle ich Sie?
    Nichts war am Strand letzte Nacht, nichts als ein großer Hund.
    Doch ich lächle nur. Keine Spur des Problems bisher, was immer es ist ,
    sag ich.
    Und ich war die ganze Zeit hier.
    Ich sag doch, israelische Mafia , meint er.
    Ich hab diesen Europäern niemals getraut.
    Die dritte Nacht.
    Der Mond leuchtet riesig in chemischem Rot.
    Zwei von den Engeln spielen am Strand,
    Junge und Mädchen.
    Noch sind die Hormone stärker als Drogen. Sie kichert
    und die Brandung rauscht langsam.
    Es wäre Selbstmord, wenn der Feind jede Nacht käm.
    Doch der Feind kommt nicht jede Nacht her,
    also rennen sie durch die Brandung,
    lachen, kreischen vor Freude. Ich hab scharfe Ohren
    (damit ich sie besser hören kann) und gute Augen
    (damit ich sie besser sehen kann)
    und sie sind so verdammt jung und ficken so unbeschwert; ich könnt kotzen.
    Das Schlimmste ist für so einen wie mich,
    dass gerade solchen wie ihnen der Tod geschenkt wird.
    Sie schrie zuerst. Der Mond stand hoch und rot,
    rund, ja beinah noch voll.
    Ich sah sie in die Brandung stürzen, als ob
    das Wasser zehn Meter tief wär, nicht einen,
    als würde sie nach unten gesogen. Der Junge rannte,
    ein Strahl klarer Pisse schoss aus dem Schlitz seiner Shorts;
    er taumelt und jammert und flieht.
    Es kam aus dem Wasser, langsam, wie ein Mann in schlechtem Monsterfilm-Make-up.
    Trug die gebräunte Frau in den Armen. Ich gähnte,
    wie ein Wolf gähnt, und leckte mein Fell.
    Das Monster biss ihr halb den Kopf ab, warf, was übrig war, in den Sand,
    und ich dachte: Fleisch und Chemie, sie sind doch
    nichts als nur Fleisch und Chemie, ein Biss und
    was bleibt, sind Fleisch und Chemie …
    Dann kamen Roths Männer mit Angst in den Augen,
    Automatikwaffen in Händen. Ich hob sie hoch
    und riss sie auf, warf sie auf den hellen Sand.
    Das Ding geht steifbeinig, weißer Sand hängt
    an grau-grünen Tatzen, an Klauen und Schwimmhaut.
    Ich bin der King, Ma , heult es.
    Und ich denke: Welche Mutter bringt solch eine Ausgeburt hervor?
    Und von oben am Strand hör ich Roths Stimme schreien: Talbot,
    Talbot, Sie Arschloch, wo sind Sie?
    Ich steh auf und streck mich und schlender nackt zum Wasser.
    Hallo , sag ich.
    He du , sagt er.
    Ich reiß dir dein haariges Bein aus und stopf es dir in den Schlund.
    Nein, wie unhöflich du bist , darauf ich.
    Ich bin Grand Al , sagt er.
    Und wer bist du? Jojo das jaulende Hundegesicht?
    Ich werd dich zerreißen und dir den Kopf abbeißen.
    Weiche, du Monstrum , rat ich.
    Er glotzt mich an mit Augen, die wie Crackpfeifen glimmen.
    Weichen? Scheiße! Vor wem soll ich weichen?
    Vor mir , erklär ich, denn
    ich bin der Hüter der Sandburg.
    Er blinzelt, verwirrt und gekränkt, und beinah
    empfinde ich Mitleid für einen Augenblick.
    Und dann kam der Mond hinter Wolken hervor
    und ich begann zu heulen.
    Die Haut war fischweiß, bleich,
    die Zähne drachenscharf,
    die Finger klauenbewehrt
    und knurrend sprang er mich an.
    Und er sagte: Was bist du?
    Er schrie: Au, nein Au!
    Er rief: Scheiße, das ist nicht fair!
    Dann sagte er nichts mehr, jedenfalls keine Worte,
    kein Wort mehr,
    denn ich riss ihm den Arm aus
    und ließ ihn
    mit spasmisch zuckenden Fingern
    in den Sand fallen.
    Grand Al floh in die Wellen und ich sprang ihm nach.
    Die See war Salz; sein Blut stank.
    Ich konnte es schmecken, schwarz in meinem Maul.
    Er schwamm und ich folgte, tiefer und tiefer,
    und als meine Lungen schon bersten wollten,
    die Welt mir Kehle, Kopf und Geist und Brust zerquetschte,
    Monstren drohten mich zu ersticken,
    erreichten wir das versunkene Wrack einer Ölbohrinsel,
    und hierher war Grand Al gefloh’n, um zu sterben.
    An diesem Ort war’s wohl, dass er das Licht der Welt erblickte,
    rostende Ruinen weit unter dem Meer.
    Er war schon halbtot, als ich ankam.
    Ich ließ ihn liegen; ein zu seltsames Fressen wär er gewesen,
    gefährliche Meeresfrucht, giftiges Fleisch. Und doch
    trat ich ihn ins Maul, stahl einen Fangzahn,
    der ausgeschlagen war, als Glücksbringer.
    Da fiel sie mich an, mit Klauen und Zähnen.
    Warum sollt es nicht möglich sein, dass das Biest eine Mutter hat?
    So viele von uns haben Mütter.
    Vor rund fünfzig Jahren hatte jeder noch eine.
    Sie beklagte den Sohn, sie klagte und heulte.
    Sie fragte mich, wie

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