Die Messermacher (German Edition)
gespreizten Beinen in lässiger Haltung hin. Dann fragte ich sie leise, aber äußerst freundlich:
„Was glaubst du, warum du hier bist?“
Sie konnte nicht antworten, da sie immer noch geknebelt war und das sollte auch so bleiben. Da sie nur die Schultern zuckte, war mir das Antwort genug.
„Du brauchst nur zu nicken oder den Kopf zu schütteln“, befahl ich ihr und rutschte noch etwas näher an sie heran. Sie wollte zurückweichen, aber es ging nicht. Ich hatte sie recht stramm an den Pfahl gebunden.
„Du hast Reno von Rüdiger trennen wollen, stimmt`s?“, fragte ich, obwohl ich die Antwort bereits wusste. Marianne nickte, wobei sie mich plötzlich mit zusammengekniffenen Augen musterte. Da sie nicht blöd war, schien ihr aufzugehen, wen sie da vor sich hatte und sie riss entsetzt die Augen auf. Selbst durch den Knebel konnte ich verstehen, dass sie meinen Namen sagte.
„Ja, ich bin`s, der liebe, nette Rüdiger, dessen Leben du zerstört hast. Nenn mir einen Grund, warum ich nicht auch das deine zerstören sollte … Du kannst zwar nicht sprechen, aber dir würde sowieso kein Grund einfallen. Ich weiß noch nicht genau, was ich mit dir machen werde, aber mir wird schon noch was einfallen. Solange bleibst du hier und denkst darüber nach, was du mir und damit auch deinem eigenen Vater angetan hast! Du bist schuld an seinem Tod, liebe Marianne, und das sollte vielleicht schon genügen, um dir dein Leben zu versauen. Mal sehen, ob ich so milde mit dir bin … mal sehen. Du wirst keinen Mucks von dir geben, während ich mich ein bisschen ausruhe. Schau her! Das ist meine neueste Messerkreation, die ich auf der nächsten Messe präsentieren wollte – dazu wird es wegen dir wohl auch nicht mehr kommen, aber es eignet sich gut dazu, um dich ruhig zu halten, nicht wahr?“, säuselte ich leise an ihrem Ohr und ritzte sie leicht am Hals, was ihr einen unterdrückten Seufzer entlockte. Eigentlich war dieses Gefühl der Macht recht aufregend, aber dann bekam ich plötzlich Angst vor mir selbst. Wollte ich wirklich, dass mich die Panik eines anderen Menschen so aufgeilte? Nein! Ich wollte kein Monster werden! Ich wollte das doch alles nicht! Was war nur mit mir passiert- wer war ich? Was war ich?
Als ich mir mein neues Leben vorstellte, wurde ich plötzlich ganz ruhig. Nun wusste ich, was ich zu tun hatte. Ein zufriedenes Lächeln auf meinen Lippen war das Letzte, was Marianne in dieser Nacht von mir zu sehen bekam.
42
„Hat sich Marianne immer noch nicht gemeldet? Habt Ihr es auch mal wieder auf ihrem Handy probiert? Sollen wir nachher den Hund mitnehmen?“
Typisch Nora, doch ihre Familie achtete schon gar nicht mehr darauf und beantwortete geduldig stets eine Frage nach der anderen. So auch diesmal, denn Delfina sagte, während sie Kontoauszüge in einen Ordner heftete:
„Nein, deine Tante glänzt weiterhin mit Abwesenheit und wir probieren es fast stündlich auf ihrem verdammten Handy!“ Noras Mutter war genervt, weil sie nun alleine kochen und einkaufen musste und seit Adeles Tod hatte man ihr auch noch den Garten aufgehalst. Auch die Buchführung oblag nun ihr, was eigentlich gar nicht ihr Metier war und es hatte ein paar Tage und etlicher Anrufe beim Steuerberater bedurft, bis sie alles soweit verstanden hatte.
„Und mit dem Hund war heute auch noch niemand draußen. Ein Glück, dass Moritz da so genügsam ist und auch mit dem großen Garten zufrieden ist. Bist du mit Joska verabredet? Wo wollt ihr denn hin? Könnt ihr da den Moritz überhaupt gebrauchen?“
Ohne es zu merken hatte Delfina die Unart ihrer Tochter übernommen und Nora musste lachen.
„Du kannst das ja schon genauso gut wie ich, liebste Mama. Aber ich kann auch mehrere Fragen beantworten – pass mal auf! Also erstens bin ich mit Joska nicht verabredet, der kommt doch jeden Tag vorbei. Ich hab heute in der Zeitung einen Artikel über die alte Fachwerkscheune in Krummwälden gelesen und da musste ich feststellen, dass ich da zwar schon tausendmal dran vorbeigefahren bin, sie aber noch nie wirklich beachtet habe. Sie soll eventuell bald abgebrochen werden und da wollte ich sie mir vorher nochmal anschauen. Du weißt doch, dass mir so alte Fachwerkhäuser gut gefallen. Joska findet es auch schade, dass sich niemand finden lässt, der sich um das tolle alte Gemäuer kümmern will oder kann. Wäre ja sicher nicht ganz billig, das zu restaurieren. Wir wollten mit Moritz da rüber laufen, das schafft
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