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Die Messermacher (German Edition)

Die Messermacher (German Edition)

Titel: Die Messermacher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Mehnert
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Seine Tochter hätte ihn fast über den Haufen gerannt und klebte nun förmlich an seinen Lippen. Doch mit einem müden Kopfschütteln gab er zu verstehen, dass nicht Reno am Apparat war. Resigniert drehte das enttäuschte Mädchen ab und setzte sich auf ihren Arbeitsplatz. Warum funktionierte es heute nicht mit ihrer Gedankenübertragung an ihren Großvater? Hörte er sie nur nicht oder war ihm vielleicht doch irgendetwas zugestoßen? Lag er vielleicht irgendwo verletzt und ohne Bewusstsein in einem Krankenhaus oder … weiter wollte sie gar nicht nachdenken. Er würde anrufen … ganz bestimmt würde er das tun. Sie musste nur noch viel intensiver an ihn denken!  
    Das tat sie dann auch, die ganzen nächsten zwei Stunden lang! 
    Bei jedem Klingeln ging sie ran, um jedes Mal enttäuscht den Leuten zu antworten und meist gleich an ihren Vater oder Onkel weiter zu geben. Marianne ging so gut wie nie ans Telefon, sie mochte das einfach nicht. 
    Doch kurz vor 15 Uhr stieß Nora einen spitzen Schrei aus, als endlich ihr geliebter Opa am Telefon war. Sofort stellte sie auf laut, damit die anderen mithören konnten. Bevor ihr Opa jedoch mit dem Reden anfangen konnte, stellte das aufgeregte Mädchen eine Frage nach der anderen: „Opa! Wo bist du? Weißt du, dass Oma tot ist? Bist du deswegen weggelaufen? Wo ist Moritz?“ 
    Bevor Nora noch weitere Fragen stellen konnte, nahm ihr Vater ihr den Hörer einfach aus der Hand und fragte seinen Vater, ob er ihnen erzählen könne, was passiert war.  
    „Ich kann es versuchen, aber ich glaube, ich weiß es selbst nicht genau“, begann Reno und nun lauschten alle angespannt seinem Bericht: 
    „Ich fange einfach mal ganz von vorne an, ja?“, begann er und als er keine Antwort bekam, versuchte er, die vergangene Nacht zu rekonstruieren, sodass seine Familie es auch verstand. 
    „Also … ich bin wie fast jeden Abend, nachdem ich Adele bettfertig gemacht hatte, im Fernsehsessel eingeschlafen. Irgendwann in der Nacht hat sie dann fast schon hysterisch nach mir geschrien und ich dachte, dass sie bestimmt mal wieder schlecht geträumt hatte. Moritz lag neben mir und hat natürlich wie immer nichts mitgekriegt, der schwerhörige Kerl. Da ich selbst dringend zur Toilette musste, hab ich das erst noch erledigt und da Adele nicht weiter gerufen hat, dachte ich, es wäre wohl doch nicht so schlimm. Danach bin ich dann rauf in ihr Zimmer und hab sie wieder schlafend vorgefunden. Also bin ich ins Bad und danach in mein Bett. Aber nun war ich richtig wach und konnte stundenlang nicht einschlafen. Moritz hab ich wie jede Nacht auch zu mir ins Zimmer geholt und der hat so übel geschnarcht, ich konnte wirklich nicht mehr einschlafen. Und dann hat sie plötzlich wieder nach mir gerufen, sie hat mich beschimpft, ich würde nie nach ihr sehen und sie im Stich lassen. Ich konnte das durch die geschlossenen Türen alles genau hören und irgendwas hielt mich davon ab, zu ihr zu gehen. Ich war es so leid, mich ständig von ihr anschnauzen zu lassen – ich konnte einfach nicht mehr. Ich hab sie einfach toben lassen und erst, als es still wurde und einige Zeit Ruhe war, bin ich leise rüber gegangen um zu schauen, ob sie endlich wieder eingeschlafen war. Doch als ich in ihr Zimmer kam, war es dort nicht nur still – es war zu still“. 
    Atemlos hatte die Familie dieser Schilderung gelauscht und die nun entstandene Pause war geradezu unerträglich.  
    Was würde nun kommen?  
    Reno fasste sich dann ein Herz und krächzte mit brüchiger Stimme: 
    „Ich bin dann näher zu ihr hin. Hab das Ohr an ihren Mund gehalten und die Hand auf ihren Oberkörper gelegt. Und da hab ich festgestellt, dass sie nicht mehr geatmet hat.“ 
    „Aber du hättest doch versuchen können, sie wiederzubeleben!“, rief Tobias entrüstet und auch die anderen nickten zustimmend. Doch Reno sagte nur: 
    „Was hätte ihr das gebracht? Noch länger leiden und Schmerzen ertragen? Und wer weiß, wie lange sie schon tot war? Selbst wenn ich sie zurück hätte holen können, wäre es doch möglich gewesen, dass ihr Gehirn bereits Schaden genommen hätte! Nein, in diesem Moment fand ich es richtig, nichts zu tun und außerdem hatte ich wohl einen Schock! War ich schuld an ihrem Tod, weil ich nicht nach ihr geschaut hatte? Hätte ich es verhindern können? Kann man mich nun wegen unterlassener Hilfeleistung drankriegen? Deshalb bin ich wohl in Panik aus dem Haus und hab nicht mal an unseren armen Moritz gedacht. Er ist

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