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Die Mestizin

Die Mestizin

Titel: Die Mestizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: César Aira
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gesehen», sagte Erna.
    «Und nicht nur Hebdoceo. Viele haben ein Auge auf sie geworfen. Besonders auf Satélite… »
    Es war der Name, der in den Gesprächen auf dem Platz am häufigsten auftauchte. Er war der große Sieger der goldenen Rasse und nach Meinung der Experten ein Exemplar, wie man es seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Alle Züchter nährten die Hoffnung, heute Nachmittag das höchste Gebot abzugeben und ihn zu ersteigern.
    «Von den westlichen Höfen ist keiner da», sagte Erna nachdenklich.
    «Natürlich nicht. Die Könige schicken nie Vertreter zu den Märkten. Sie haben andere Quellen.»
    Erna sah sie fragend an.
    «Es gibt zwei Möglichkeiten, an reinrassige Tiere zu kommen», erläuterte sie. «Für unsereinen diese Märkte. Eine Art Kunsthandwerk, die Vervollkommnung der Vögel durch Kreuzungen und genetische Reinigungen. Die Züchter des Westens hingegen…»
    Sie machte eine Pause und sah in die Ferne, eine übliche Vorsichtsmaßnahme, wenn jemand über die Höfe des Westens sprach, die keiner je gesehen hatte.
    «Die Züchter des Westens… die Könige und der Kaiser… Sie bekommen die Fasane aus dem Westen selbst. Dort gibt es kein Kunsthandwerk und auch keine Arbeit. Und wenn es sie gibt, dann liegen sie jenseits unseres Vorstellungsvermögens.»
    Erna begriff. Es handelte sich um das Geheimnis, um das sie so viel Aufhebens machten. Der Markt selbst war lediglich eine versteckte künstliche Anspielung auf die großen Fasanenkreuzungen des fernen Westens.
    An den Rändern des Platzes knieten Pferde in einer Reihe. Eine neue Mode, wie es schien; die Indianer waren unverbesserliche Meister der Stilisierung. Viele hatten einen Papagei auf den Schultern. Die Musiker modulierten weiter vor sich hin, doch es hörte ihnen keiner mehr zu. Erna war nicht unbemerkt geblieben. Mehr als nur ein dunkles Augenpaar wandte sich ihr zu, um sie unter die Lupe zu nehmen. Frauen waren selten unter den Käufern. Als das Gerücht die Runde machte, dass sie eine Weiße war, erhöhte sich die Aufmerksamkeit um ein Vielfaches. Die Höflichkeitsbezeugung, die ihr Catriels hochmütiger Abgesandter entboten hatte, war ein Hinweis darauf, dass sie gute Beziehungen besaß. Sie wollten mehr wissen.
    Sie sahen, wie sie ungezwungen rauchte, sie betrachteten die jungen Männer, die ihr Gesellschaft leisteten. Viele Kaziken sondierten diskret das Terrain. Sie fanden lediglich heraus, dass sie eine Züchterin war, allerdings neu im Geschäft, und von einem mächtigen Weißen unterstützt wurde, der ein Drucker war, ebenfalls neu im Geschäft, aber unglaublich phantasievoll.
    Ein mit Caful verwandter Anführer namens Pinedo beschloss, zu ihr zu gehen und sie zu begrüßen.
    «Guten Tag», sagte er. «Haben Sie schon die schönen Jungvögel bewundert?»
    «Gewiss», erwiderte Erna ausweichend.
    Es folgte etwas Geplauder, das eine oder andere «ernste Lächeln», dann zog sich Pinedo wieder zurück. Schließlich lud sie Calvaiú persönlich zu sich und den Seinen ein. Erna lehnte mit dem Hinweis ab, sie wolle lieber ein Mittagsschläfchen halten.
    «Hat Ihnen unsere hübsche Musik gefallen?»
    Aber das Mittagessen war beendet, alle Gäste sahen sich in den Fängen des Schlafes. Derartig eifrig umworben, legten sich die Indianer auf die Decken oder Teppiche und machten ein Nickerchen. Manche führten auf Zehenspitzen die Pferde weg, weil sie unter den Bäumen schlafen wollten. Der Kazike wiederum schickte seine Helfer los, die überprüfen sollten, ob am Ort der Versteigerung alles in Ordnung war.
    Ein unbestimmter Zeitraum verstrich. Sie wurde durch das Läuten einer silbernen Glocke sanft geweckt. Ein kurzes Auffrischen der Bemalungen, eine Zigarette, und schon waren sie fertig. Ohne Hast machten sie sich in langen Kolonnen auf den Weg. Alle Fasane waren in den Unterboden des Stadions gebracht worden, das man zweihundert Meter vom Dorf entfernt auf einer Lichtung errichtet hatte. Erna war eine der Letzten, die es betraten. Man ging durch einen Bogen hinein, unter den Rängen hindurch und kam im Innenraum heraus. Eine ovale Fläche, umgeben von Tribünen, die sich mit einer prächtig geschmückten und ungeduldig kreischenden Menge füllten.
    Sie sah sich um, die Indianerin erklärte ihr etwas. Die beiden Pagen starrten mit hochmütigem Gesicht unentwegt zu Boden. Sie nahmen in der ersten Reihe Platz.
    An der einen Längsseite befand sich die Klappe, aus der die Fasane herauskommen würden. An der anderen erhob sich ein Turm

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