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Die Mestizin

Die Mestizin

Titel: Die Mestizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: César Aira
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Haare, mit einem leuchtenden Rot bemalt war. Einem Rot, das nichts von der dunklen Siegellackfarbe des Orleansbaums hatte, sondern schrill und metallisch war. Sie fraßen regelrecht, während Erna redete. Ihnen schien das kungelnde Gedränge, das sie umgab, all die Stimmen, die um sie herum plärrten, weniger auszumachen als Erna. Immer wenn ein Mundschenk vorbeikam, ließen sie sich Schnäpse, Weine oder einen überwältigend duftenden Punsch in die Steingutschüsseln einschenken.
    Erna fragte ihre Gastgeberin aus, sie wollte die Herkunft aller Kaziken und Stellvertreter wissen. Es interessierte sie, welche Möglichkeiten jeder Einzelne besaß.
    «Einige haben unendlich viel Geld dabei», sagte die Indianerin. «Siehst du den, der neben meinem Mann sitzt? Das ist der Sohn von Mariano. Er hat Geldscheine der Morgenröte aus Tiger- und Schildkrötenpapier mitgebracht, das in einem Sumpf gekocht wurde.»
    Die drei wandten ihren Blick dorthin. Der Kreis der Magnaten um Calvaiú saß vollkommen reglos da, so, wie es ihrem Rang entsprach.
    «Der neben ihm ist Quenquén, sein Cousin und Schwager. Dann kommt ein Kazike ohne Namen.»
    Sie wollte fortfahren, doch in diesem Augenblick zog etwas die Aufmerksamkeit des ganzen Platzes auf sich. Aus dem Zelt, in dem er geschlafen hatte, trat ein kräftiger Indianer mit dem Kopfschmuck eines Ministers. Die Indianerin flüsterte Erna zu, das sei ein Gesandter Catriels.
    Calvaiú hieß ihn mit Verbeugungen willkommen. Doch kaum hatte der Unbekannte sich gesetzt, stand er schon wieder auf und ging auf Erna zu. Alle Blicke folgten ihm. Er setzte sich neben sie, sah sie aber nicht an, weil er fürchterlich schielte. Sie tauschten die üblichen Grüße aus: Kennen gelernt hatten sie sich während ihres Aufenthalts bei Hof. Als der Indianer zum Kreis der Kaziken zurückgekehrt war, betrachtete man sie mit neuem Interesse.
    «Wer sind die da?», fragte Erna.
    Die junge Indianerin schaute und sagte:
    «Cayé-San und Elpián. Kennst du sie nicht?»
    Es waren tatsächlich die berühmten Brüder. Mit Federn geschmückt und übertrieben bemalt, saßen sie in einem Pulk von Frauen und tranken.
    «Einige der Exemplare, die sie mitgebracht haben, wurden ausgezeichnet.»
    «Dann werden sie gar keine kaufen?»
    «Ganz im Gegenteil. Diejenigen, die Tiere zum Verkauf anbieten, sind auch die größten Käufer, und zwar aus dem einfachen Grund, dass sie über einen unbegrenzten Kredit verfügen. Sie sind die Einzigen, die ihre Gebote bis in jede Höhe treiben können, ohne sich um Bargeld kümmern zu müssen.»
    In diesem Augenblick schnappte Erna in ihrem Rücken einen Gesprächsfetzen auf.
    «Je länger ich lebe», sagte eine Stimme, «desto überzeugter bin ich, dass Sex nicht alles ist.»
    Diskret drehte sie sich um und sah, dass die Frau, die da redete, mittleren Alters und von majestätischer Gestalt war und große Tätowierungen im Gesicht hatte. Sie rauchte eine lange Zigarette und war von Männern umringt. Vielleicht war sie eine Königin, auch wenn es wenige gab. In der Wildnis verzichteten Frauen im Allgemeinen auf die Macht und zogen das kontemplative Leben vor. Sie sah ihre Führerin fragend an.
    «Das ist Dedn», sagte sie, «die Königin von Aguaripayo.»
    Sie erinnerte sich an den Namen. Der flüchtig dahingesagte Satz von vorhin musste ironisch gemeint gewesen sein, denn Dedn war ein berühmtes Monster der Wollust.
    Da erklang das Orchester wieder, wie üblich mit Unstimmigkeiten, um den Beginn der Trinksprüche anzukündigen. Héctor und Bob waren im Sitzen eingeschlafen. Sie hatten zu viel gegessen und getrunken. Erna und die Indianerin hingegen ließen sich erneut einschenken und plauderten weiter.
    Nicht weit von ihnen entfernt saß eine Gruppe wunderschöner, mit Halsketten behängter Indianerinnen, die über und über bemalt waren.
    «Das sind Hebdoceos Dienerinnen», sagte sie.
    Sie schien anzunehmen, dass Erna alles über diesen Namen wusste, aber da dem nicht so war, fügte sie hinzu:
    «Das ist ein kleinerer Kazike, der irgendwo in einem winzigen Dorf lebt, aber es heißt, er sei der reichste von allen. Er ist der Entdecker und Besitzer der Schwefelminen von Despeñadero, und außerdem hat er einen der größten Zuchtbetriebe.»
    Da erblickte Erna ihn unter seinen Dienerinnen. Seine Haut war sehr hell, und er trug mit Edelsteinen besetzte Strumpfhalter.
    «Bestimmt wird er heftig auf die Sieger mitbieten. Dieses Jahr sind es richtige Prachtexemplare.»
    «Ich habe sie

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