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Die metallenen Herscher

Die metallenen Herscher

Titel: Die metallenen Herscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Flüssigkeitstriebwerken seine Jacht neben das andere Boot und neutralisierte die kinetische Energie durch gleichzeitiges Feuern gegenüberliegender Korrektursysteme. Seine Jacht schlich hinüber und blieb unbeweglich neben dem deformierten Rumpf stehen. Shenandoah stand auf und klappte die Tür des Wandschrankes auf. Er nahm seinen Raumanzug heraus. Auf dem dunkelbraun gebrannten Gesicht des Mannes erschien ein fernes Lächeln; er erinnerte sich an eine zurückliegende Zeit. Dann zuckte er die Schultern und zwängte sich in den Anzug. Nacheinander schaltete er die Kontrollen ein.
    »Funkgeräte?« fragte er knapp.
    »Gerät Empuse arbeitet«, erwiderte Saey ruhig.
    »Ich empfange Sie klar!« sagte van Gossen.
    Shenandoah schwebte aus der Schleuse hinaus in die stumpfschwarze Dunkelheit. Von rechts kamen die Strahlen der Sonne, genau ihm gegenüber war die Hülle des anderen Schiffes. Shenandoah hangelte sich entlang einer Reihe von Griffen und öffnete die Klappen, hinter denen die Anschlußstücke für die Belegleinen steckten. Er zog eines der Spezialseile heraus, stieß sich ab und prallte gegen das Metall der Schiffsflanke. Hier im All bewegte er sich wie ein Fisch im Wasser. Er klinkte den schweren Haken an einem Bügel in der Außenhaut fest. Insgesamt acht Trossen, mit Kunststoff ummantelt, verbanden binnen Minuten beide Schiffe.
    »Ich bin fertig. Äußere Schleusentür auf!« sagte Crooks und griff nach den weißen Seilen. Er bewegte sich mit einer Serie präziser Bewegungen auf die Schleuse zu. Als er, beide Hände an dem langen, verchromten Griff, sich herumschwang, sah er es.
    Neben ihm schob sich die Stahlplatte zurück. Licht fiel aus dem offenen Viereck.
    Hundert Sekunden später klebte Shenandoah noch immer an den langen Griffen und starrte über die Positionslichter des anderen Bootes hinweg.
    Einen Kilometer oder hundert Meter entfernt, schwebte etwas, das er nicht kannte.
    Eine Kugel. Wie groß sie war, konnte er nicht schätzen, solange er die genaue Entfernung nicht anmessen konnte. Sie trieb mit geringem Impuls auf die Sonne zu. Eine hochglänzende Kugel mit hundert Stacheln, wie ein metallener Kugelfisch; Antennen oder Rezeptoren schienen es zu sein. Vor fünfzehn Tagen war Shenandoah noch Kapitän eines Handelsschiffes gewesen, und er wußte mit Sicherheit, daß jener Gegenstand nicht der Technologie der Sundyborg entstammen konnte.
    Er hing an den Griffen, keuchte und war unfähig, sich zu bewegen.
    »Crooks – bist du in Gefahr?« fragte Saey über die Funkanlage.
    Er riß sich von dem Anblick los und wandte den Kopf.
    »Nein«, antwortete er zögernd. »Ich schätze nur die Tragkraft der Verbindungen ab.«
    Er warf einen letzten Blick auf den rätselhaften Fund und begann zu grinsen. Dann enterte er die Schleuse und schloß die äußere Platte. Während er sich durch den warmen, hellen Korridor der Jacht bewegte, klappte er den Helm zurück und zog ihn aus dem Scharnier. Er stellte die Glaskugel auf das Steuerpult und griff in die Kontrollen. Zuerst schaltete er die Beheizung der Kabel an, damit sie in der Weltraumkälte nicht brachen, dann sagte er ins Mikrophon:
    »Van Gossen?«
    »Ja? Ich höre Sie, Shenandoah.«
    »Ich beschleunige vorsichtig. Eine Landung in einer Lufthülle möchte ich nicht riskieren, darum werde ich Sie auf Beta Escader absetzen, im Dockhafen. Sind Sie einverstanden?«
    »Selbstverständlich«, antwortete der Historiker, dessen Name auf allen neun Planeten bekannt war; seine Arbeiten über die Zweitausend-Jahres-Grenze waren aufsehenerregend. »Brauchen Sie Auskünfte oder Hilfe von mir?«
    »Nein. Später, bei der Landung, werden Sie mit den Flüssigkeitstriebwerken mithelfen müssen. Ich melde mich dann.«
    »Gut. Vielen Dank fürs erste!«
    Der Exkapitän lächelte und spürte, daß ihn Saey genau beobachtete.
    »Geht schon in Ordnung«, sagte er und schaltete die Funkverbindung ab.
    Shenandoah war ein großer, schwerer Mann von zweihundertzwanzig Pfund Gewicht und hundertneunzig Zentimetern Größe. Er war stark und schnell, und ein vorzüglicher Verstand steuerte diesen Körper und seine Reflexe. Meist schien Crooks beherrscht und zurückhaltend, aber die letzten Wochen hatten ihn in eine Stimmung hineinmanövriert, in der er zu Ausbrüchen neigte. Er glaubte jetzt, als er die Lichttriebwerke einschaltete und sehr vorsichtig hochfuhr, in den vergangenen Minuten einen Weg aus dem Dilemma gefunden zu haben – zwei Ideen begannen klarer zu werden, erhielten

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