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Die Mglichkeit einer Insel

Die Mglichkeit einer Insel

Titel: Die Mglichkeit einer Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Houellebecq
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insbesondere jenen der letzten Zeit, nachdem die großen föderierenden Systeme zusammengebrochen waren. Ich war mir sicher, daß sich Daniel1 in dieser Welt nicht fremd vorgekommen wäre und sich leicht in ihr zurechtgefunden hätte.
    Als ich eine Woche nach meiner Ankunft wie gewöhnlich das Burgtor öffnete, entdeckte ich neben dem Koffer eine struppige junge Wilde mit sehr heller Haut und schwarzem Haar. Sie war bis auf ein Lederröckchen nackt, und ihre Haut war auf ziemlich plumpe Weise mit blauen und gelben Strichen bemalt. Als sie mich näherkommen sah, drehte sie sich um, hob den Rock und wölbte den Rücken, um mir ihren Hintern darzubieten. Als Fox sich näherte, um sie zu beschnuppern, begann sie am ganzen Körper zu zittern, behielt aber diese Haltung bei. Da ich mich noch immer nicht rührte, wandte sie schließlich den Kopf in meine Richtung; ich gab ihr durch ein Zeichen zu verstehen, sie solle mir ins Innere der Burg folgen.
    Ich befand mich in einer schwierigen Situation: Wenn ich diese neue Form der Opfergabe akzeptierte, würde sich die Sache vermutlich an den folgenden Tagen wiederholen; andererseits war damit zu rechnen, daß das Weibchen von den anderen Stammesmitgliedern bestraft würde, wenn ich sie zurückschickte. Sie war offensichtlich total verängstigt und wartete mit vor Panik geweiteten Augen auf meine Reaktion. Ich kannte den Prozeß der menschlichen Sexualität, auch wenn es sich für mich nur um ein rein theoretisches Wissen handelte. Ich zeigte ihr die Matratze; sie hockte sich auf alle viere und wartete. Ich deutete ihr an, sie solle sich umdrehen; sie gehorchte, spreizte weit die Schenkel und begann mit einer Hand über ihr Loch zu streichen, das erstaunlich stark behaart war. Die Mechanismen der sinnlichen Begierde waren bei den Neo-Menschen im großen und ganzen die gleichen geblieben, auch wenn sie beträchtlich schwächer geworden waren, und ich wußte, daß manche die Gewohnheit hatten, sich mit der Hand sexuelle Befriedigung zu verschaffen. Mehrere Jahre zuvor hatte ich es einmal probiert, ohne daß es mir gelang, mir ein Bild vor Augen zu rufen, und ich versuchte daher, mich auf die taktilen Empfindungen zu konzentrieren — die jedoch ziemlich begrenzt blieben, was mich davon abgehalten hatte, das Experiment erneut zu versuchen. Dennoch zog ich meine Hose aus, da ich die Absicht hatte, mein Organ zu stimulieren, um ihm die nötige Härte zu verleihen. Die junge Wilde gab ein befriedigtes Knurren von sich und rieb ihr Loch mit gesteigerter Energie. Als ich mich ihr näherte, wurde ich von einem bestialischen Gestank erfaßt, der von ihrer Leistengegend ausging. Seit ich aufgebrochen war, hatte ich meine neo-menschlichen Hygienegewohnheiten verloren, und mein Körpergeruch war etwas ausgeprägter geworden; aber das hatte nichts mit dem Gestank gemein, der vom Geschlechtsteil der Wilden ausging: eine Mischung aus Scheiße und verfaultem Fisch. Unwillkürlich wich ich zurück; sie richtete sich mit neu erwachter Unruhe auf und kroch auf mich zu, als sie auf der Höhe meines Organs war, näherte sie ihren Mund. Der Gestank war nicht mehr ganz so unerträglich, aber noch immer sehr stark, sie hatte schwarze, schlechte Zähne. Ich schob sie sanft zurück, zog mich wieder an, begleitete sie zum Eingang der Burg und gab ihr durch ein Zeichen zu verstehen, sie brauche nicht wiederzukommen. Am folgenden Tag verzichtete ich darauf, den Koffer zu nehmen, der für mich bereitgestellt war, letzten Endes schien es mir ratsamer zu sein, keinen zu engen Kontakt mit den Wilden herzustellen. Ich konnte jagen, um für die Bedürfnisse von Fox zu sorgen, es gab genug Wild, das nicht sehr scheu war: Die relativ wenigen Wilden benutzten nur Pfeil und Bogen, daher hatte ich mit meinen beiden Mehrladern ihnen gegenüber einen entscheidenden Vorteil. Schon am folgenden Tag machte ich meinen ersten Ausflug, und zur großen Freude von Fox erlegte ich zwei Rehe, die im Burggraben grasten. Mit einer kleinen Axt trennte ich zwei Keulen ab und ließ den Rest der Kadaver an Ort und Stelle verrotten. Diese Tiere waren nur unvollkommene, unausgereifte Maschinen mit kurzer Lebensdauer; sie waren nicht so robust, nicht so elegant und funktionierten nicht so perfekt wie eine Rolleiflex mit doppeltem Objektiv, dachte ich, als ich ihre hervortretenden Augen betrachtete, die das Leben verlassen hatte. Es regnete noch immer, aber nicht mehr so stark, die Wege wurden allmählich wieder begehbar; sobald der erste

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