Die Mglichkeit einer Insel
gewechselt. Im Schlafzimmer lagen mehrere leere Cointreau-Flaschen auf dem Boden; ansonsten war das Haus sauber und aufgeräumt.
Ich hatte im Laufe meiner Karriere genügend Sketche über den Widerspruch zwischen Erotik und Zärtlichkeit gemacht, hatte alle Protagonisten gespielt: das Mädchen, das zu gang-bangs geht und ansonsten eine keusche, vergeistigte, schwesterliche Beziehung mit der großen Liebe ihres Lebens unterhält; den halb impotenten Dummkopf, der das akzeptiert; den Swinger, der davon profitiert. Den Konsumrausch, die Vergessenheit, das Elend. Ich hatte mit solchen Themen ganze Säle in brüllendes Gelächter versetzt; und ich hatte damit beträchtliche Summen verdient. Aber diesmal war ich selbst betroffen, und dieser Widerspruch zwischen Erotik und Zärtlichkeit erschien mir ganz eindeutig als eine der übelsten Schweinerein unserer Epoche, als eines der Dinge, die eine Zivilisation unerbittlich zum Tode verurteilt. »Jetzt ist Schluß mit lustig, du kleiner Witzbold …«, sagte ich erschreckend fröhlich immer wieder zu mir selbst (dieser Satz ging mir ständig durch den Kopf, ich konnte ihn nicht anhalten, und auch achtzehn Atarax-Tabletten änderten nichts daran, erst als ich zu einem Pastis-Tranxilium-Cocktail überging, wurde es etwas besser). »Und wenn jemand einen Menschen wegen seiner Schönheit liebt, liebt er ihn dann wirklich? Nein, denn die Pocken, die die Schönheit töten, ohne den Menschen zu töten, bewirken, daß er ihn nicht mehr liebt.« Pascal war kein Cointreau-Kenner. Außerdem lebte er zu einer Zeit, in der Körper weniger zur Schau gestellt wurden, und überschätzte daher die Bedeutung der Schönheit eines Gesichts. Das Schlimmste an der Sache war, daß mich bei Isabelle nicht die Schönheit als erstes angezogen hatte: Geil gemacht haben mich immer nur intelligente Frauen. Ehrlich gesagt, ist Intelligenz für den Geschlechtsverkehr nicht sehr nützlich, sie dient höchstens dazu, den geeigneten Zeitpunkt einschätzen zu können, um einem Mann in der Öffentlichkeit die Hand auf den Pimmel zu legen. Das mögen alle Männer, da kommt der dominante Affe wieder zum Vorschein oder ein ähnliches altes Verhaltensmuster, es wäre dumm, es zu ignorieren; die Frage ist dann nur noch, wann und wo. Manche Männer ziehen es vor, wenn eine Frau diese unschickliche Geste mit ansieht; anderen, die vermutlich ein bißchen schwul sind oder ein sehr ausgeprägtes Dominanzverhalten haben, ist es lieber, wenn ein anderer Mann zugegen ist; und wieder andere haben es am liebsten, wenn ihnen ein Paar dabei zuschaut. Manche haben eine Vorliebe für Züge, andere für Schwimmbäder und wieder andere für Nachtlokale oder Bars; eine intelligente Frau weiß so etwas. Na ja, ich hatte immerhin ein paar glückliche Erinnerungen, die mich mit Isabelle verbanden. Als die Nacht dem Ende zuging, gelang es mir, meinen Gedanken eine besänftigende, fast nostalgische Wendung zu geben; währenddessen schnarchte Isabelle neben mir wie ein Walroß. Als der Morgen graute, wurde mir klar, daß auch diese Erinnerungen schnell verblassen würden; da entschloß ich mich für den Pastis-Tranxilium-Cocktail.
In praktischer Hinsicht gab es zunächst keine Schwierigkeiten, wir hatten siebzehn Zimmer. Ich richtete mich in einem der Räume ein, aus dem man einen Blick auf die Steilküste und das Meer hatte; Isabelle zog offensichtlich den Blick ins Landesinnere vor. Fox lief von einem Zimmer ins andere, das machte ihm viel Spaß; er litt nicht mehr darunter als ein Kind unter der Scheidung seiner Eltern, ich würde sogar sagen, weniger.
Konnte das lange so weitergehen? Nun, leider ja. Während meiner Abwesenheit hatte ich siebenhundertzweiunddreißig Faxe erhalten (und auch da muß ich zugeben, daß Isabelle regelmäßig den Papiervorrat erneuert hatte); ich hätte den Rest meines Leben damit verbringen können, Partys und Festivals zu besuchen. Ab und zu würde ich mal wieder hereinschauen, Fox kurz streicheln, ein Tranxilium schlucken, und auf ging's wieder. Doch wie auch immer, im Augenblick brauchte ich erstmal völlige Ruhe. Ich ging also an den Strand, allein natürlich; ab und zu holte ich mir auf der Terrasse einen runter, während ich nackte junge Mädchen anstierte (auch ich hatte mir ein Teleskop gekauft, aber nicht um die Sterne zu beobachten, ha, ha, ha), na ja, ich versuchte eben, damit fertig zu werden. Das gelang mir mehr oder weniger; immerhin hätte ich mich dreimal innerhalb von zwei Wochen fast von
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