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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Knoten, Töchter des einen großen aus der Brust! Das hieß: Die Schlacht war endgültig verloren.
    »Ist da was … Vater?«
    Thomas biss die Zähne zusammen. Was sollte er sagen? Seine Gelübde verboten ihm strikt das Lügen. »Nun ja, Abuela, in der Tat hast du einige Verdickungen unter der Achsel, aber das muss nicht von Bedeutung sein. Vielleicht ist es nur eine Abwehrhandlung deines Körpers gegen den Übeltäter dort in der Schale.«
    Die alte Tonia schwieg. Sie sah Thomas mit großen Augen an.
    Der Pater konnte ihrem Blick nicht standhalten. Mit Ninas Hilfe legte er rasch den Verband an. »Begebe dich nur in des Erhabenen Hände, Abuela. Dann wird es dir an nichts mangeln.«
    Immer noch schwieg die Alte. Thomas begann seine Instrumente einzupacken. Als er fertig war und sein Tragegestell schulterte, sagte er: »Ich komme übermorgen wieder, Abuela, dann wechsele ich den Verband. Einstweilen lasse ich dir noch Arznei hier. Ein Fläschchen mit weiterem
Laudanum,
dazu Pulver zum Aufbrühen von Weidenrindentrank. Hast du jemanden, der sich in der Zwischenzeit um dich kümmert?«
    Die Alte schüttelte den Kopf.
    »Sie hat mich«, sagte Nina. »Ich werde mich um sie kümmern.«
    »Du?«
    »Warum nicht? Sonst tut es ja keiner.« Orantes’ Tochter schob das zierliche Kinn vor.
    »Aber, aber … die Schule, deine Eltern …?«
    »In der Schule werdet Ihr mich gewiss für ein paar Tage entschuldigen, Vater, und meine Eltern werden mich nicht vermissen. Ich schicke Felipe zu ihnen, er wird ihnen erklären, warum ich hier bleiben muss.«
    »Du hast zu Hause doch sicher ebenfalls Aufgaben?«
    »Das stimmt, Vater. Aber ich denke, diese hier ist für den Augenblick wichtiger. Ich tue bestimmt das Richtige; es gibt keine andere Möglichkeit. Oder könnt Ihr Tonia in Euer Hospital aufnehmen?«
    »Wo denkst du hin!« Thomas schüttelte energisch den Kopf. »Es ist ein reines Männerhospital, gedacht für die kranken Brüder auf Campodios.«
    »Seht Ihr.« Nina setzte ein bezauberndes Lächeln auf. »Es geht nicht anders. Ich bleibe. Vorausgesetzt natürlich, Tonia ist einverstanden.«
    »Oh, das bin ich, Kind, das bin ich«, kam es vom Lager.
    »Nun denn, wenn ihr Frauen das so beschlossen habt, will ich dem nicht im Wege stehen.« Thomas rückte sein Tragegestell zurecht. »Gott sei mit euch, gesegnet seist du, Tonia, meine Tochter.« Er machte das Kreuzzeichen. »Und auch du, Nina Orantes, die du einen ziemlichen Dickkopf hast.« Abermals schlug er das Kreuz.
    Lächelnd verließ er das Haus.
     
    Am anderen Tag sah Bruder Cullus sich noch immer nicht in der Lage, mehr als zehn Schritte auf einmal zu tun, was dazu führte, das Thomas ihn erneut in seiner Zelle aufsuchen musste. Als er eintrat, sah er, wie der Dicke mit flinken Fingern ein ledernes Büchlein zu verstecken suchte. »Was hast du da, Cullus?«, fragte er.
    »Oh, nichts, nichts.«
    »Gib mal her.« Thomas griff nach dem Buch und schlug es auf, dort, wo das Lesezeichen steckte. Er las:
    Sunt quae praecipiant herbas satureia nocentes
    sumere; iudiciis ista venena meis.
    Aut piper urticae mordacis semine miscent
    tritaque in annoso flava pyrethra mero …
    Und während er las, staunte er mehr und mehr, denn er erkannte, dass er es mit der
Ars amatoria
, dem Werk des Ovid über die Liebeskunst, zu tun hatte, und hier mit einem Abschnitt über Anregungsmittel.
    Manche schreiben vor, das schädliche Kraut Saturei
    einzunehmen. Das ist meines Erachtens Gift.
    Oder sie mischen Pfeffer mit dem beißenden Samen
    der Brennnessel und geriebenes gelbes Betramkraut
    in altem Wein …
    So oder ähnlich hätte ein guter Lateinschüler die Worte übersetzt. Thomas schluckte. Cullus wollte doch nicht etwa diesen unzüchtigen Text seiner Klasse vermitteln? Das ging denn doch zu weit! Fassungslos legte er das Buch beiseite.
    »Oh, Thomas, glaube jetzt nichts Falsches!«, rief Cullus, als habe er die Gedanken seines Mitbruders erraten. »Ich lese Ovid doch nur wegen des herrlich elegischen Versmaßes, nur deshalb, niemand beherrscht den Gleichklang der Worte so wie dieser große Dichter!«
    »Es scheint dir ja doch nicht so schlecht zu gehen. Vielleicht haben die Anregungsmittel für die Liebe ja auch die Heilung deiner großen Zehe beschleunigt?« Thomas gab sich kaum Mühe, die Ironie in seiner Stimme zu verbergen.
    »Thomas, Bruder! So glaube mir doch, es ist nur wegen des wunderbaren Versmaßes …«
    »Ja, ja, setz dich und zeig die Zehe.« Thomas untersuchte das Gelenk

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