Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mission des Zeichners

Die Mission des Zeichners

Titel: Die Mission des Zeichners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
Vom Netzwerk:
König James... für Ihre Regierung - wie soll ich sagen? - katastrophale Folgen hätte?«
    »Das wäre noch gelinde ausgedrückt.«
    »Wirklich? «
    »Leider, ja.«
    »Nun, nun.« Monteith legte die Stirn in Falten. »So schlimm.« Plötzlich hellte sich seine Miene auf. »Dann werden wir eben alles tun müssen, was in unserer Macht steht.« Er strahlte Cloisterman an. »Nicht wahr?«
    Eine Stunde später lag Spandrel immer noch auf seinem Bett im Palazzetto Raguzzi und starrte schlaflos in die Dunkelheit über sich, als er plötzlich ein Geräusch an einem der Fenster hörte. Er setzte sich abrupt auf. Da hörte er es wieder. Es klang wie ein Kieselstein, den jemand gegen das Glas warf. Er ging zum Fenster hinüber. Da er sich nicht die Mühe gemacht hatte, die Läden zuzuziehen, hatte er jetzt einen ungehinderten Blick auf die im Mondlicht liegende Piazza. Direkt unter ihm stand ein Mann, der sich erneut anschickte, einen Stein zu werfen. In dem Moment, in dem er den Arm hob und zielte, erkannte Spandrel ihn. Und erstarrte vor Schreck.

26 Das falsche Hauptbuch
    Die Banco Calderini nahm das gesamte Erdgeschoss eines mittelgroßen Palazzo nahe der Ponte Sant Angelo ein. Von der gepflasterten Straße vor der Bank genoss man einen freien Blick auf die Brücke und das sich dahinter am anderen Tiber-Ufer auftürmende Castel Sant Angelo, die Festung des Papstes. Doch Spandrel würdigte das Panorama nicht eines einzigen Blickes. In einem schattigen Winkel vor der gleißenden Sonne über Rom verborgen, wartete er mit gesenktem Kopf, bis unsichtbare Turmuhren rings um ihn herum elf Uhr zu läuten begannen.
    Noch vor dem elften Schlag wurde seine Wartezeit beendet. Buckthorn, wie immer geschniegelt und gebügelt, kam um die Ecke geschlendert und wünschte ihm mit eisigem Lächeln einen guten Morgen. Spandrel erwiderte darauf nichts, sondern ging stumm voran in die Bank.
    In der Schalterhalle mit ihrem Marmorboden und ihren hohen Wänden schlugen ihnen jäh Kühle und ein merkwürdiger Widerhall entgegen. Gemurmel und das Rascheln von Papier stiegen auf und senkten sich, zur Unkenntlichkeit vervielfacht, wie das Flattern von Fledermausflügeln wieder herab. Als sie sich dem Schalter näherten, zog Buckthorn etwas aus seiner Manteltasche und reichte es Spandrel. »Ordungsgemäß gegengezeichnet«, zischte er. Es war die Quittung. »Und sieh mal einer an, was haben wir denn da?« Er öffnete die behandschuhte Hand und spielte mit dem Schlüssel zum Schmuckkästchen.
    Der erste Bedienstete, an den sie sich wandten, sprach kein Englisch. So mussten sie sich eine Weile gedulden, bis man einen zweisprachigen Angestellten gefunden hatte. Als es endlich so weit war, gab es die nächste Verzögerung, weil jemand das Kästchen aus dem Tresorraum im Kellergewölbe holen musste. Spandrel studierte unterdessen den Beleg und verglich die zwei Unterschriften, die Estelle geleistet hatte. Sie wiesen keine Unterschiede auf; nichts deutete auf Spuren von Gewalt durch die Hand ihrer Entführer hin.
    »Es geht ihr recht gut«, erklärte Buckthorn, als hätte er Spandrels Gedanken gelesen. »Wir haben sie besser behandelt als sie ihren Mann.«
    »Wo ist sie?«
    »Alles zu seiner Zeit. Erst das Buch.«
    In diesem Moment kehrte der Bedienstete mit dem dunkelroten Kästchen zurück. Er stellte es vor Spandrel auf das Pult und forderte ihn mit einer Geste auf, sich zu vergewissern, dass sich niemand daran zu schaffen gemacht hatte.
    »Offnen wir sie und sehen wir nach«, brummte Buckthorn. Er sperrte das Schloss auf und hob den Deckel an. Ein Buch mit grünem Umschlag lag in der Schatulle. »Ist das ein Hauptbuch, das ich da sehe?« Schmunzelnd klappte Buckthorn die Schatulle wieder zu. »Quittieren Sie den Empfang, Spandrel.«
    Der Bedienstete, der die Offenbarung des Inhalts der Schatulle ohne eine Regung zur Kenntnis genommen hatte, reichte Spandrel eine Feder. Sobald der Engländer seine Unterschrift geleistet hatte, drückte er ihm zusammen mit der Feder zwei Zechinen in die Hand. Das war die Gebühr für die Aufbewahrung. »Grazie, signore«, bedankte sich der Bedienstete. Damit war die Transaktion abgeschlossen.
    Buckthorn nahm die Schatulle an sich und ging zur Tür. Mit hastigen Schritten eilte ihm Spandrel nach. Er wollte ihn erneut fragen, wo er Estelle finden würde, doch ein Gefühl der Furcht, das er nicht benennen konnte, hielt ihn zurück.
    Er zögerte auch noch, als sie die Straße erreichten. Dort blieb Buckthorn stehen und wandte

Weitere Kostenlose Bücher