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Die Mission des Zeichners

Die Mission des Zeichners

Titel: Die Mission des Zeichners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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sich grinsend zu ihm um. »Ihre Willfährigkeit wird sehr geschätzt, Spandrel. Wenn ich Sie wäre, würde ich es allerdings mit einer anderen Art von Broterwerb versuchen. Sie sind diesem Geschäft einfach nicht gewachsen. Auch sind Sie offen gesagt Estelle nicht ebenbürtig. Trotzdem werden Sie ihren Aufenthaltsort wissen wollen. Sie werden das hier brauchen.« Er reichte ihm einen Schlüssel, der größer und schwerer war als der für die Schatulle. »Gehen Sie zum Marcellus-Theater. Suchen Sie dort nach einer Tür mit einem E darauf - E für Estelle. Der Schlüssel wird passen. Estelle wird drinnen auf Sie warten.«
    »Aber wo ist das... Marcellus-Theater?«
    »Sie werden es finden, da bin ich mir ganz sicher. Aber jetzt muss ich wirklich los, sonst wird Naseby noch nervös, und das tut ihm nicht gut. Außerdem haben wir für heute Mittag eine Verabredung und können es uns nicht leisten, sie zu verpassen.« Er tätschelte das Kästchen. »Auf Wiedersehen, Spandrel. Es war mir ein Vergnügen.«
    Kaum war Buckthorn um die Ecke verschwunden, hastete Spandrel zur Ponte Sant' Angelo. Am Straßenrand wartete eine Kalesche, deren Kutscher mit den Zügeln in der Hand abfahrbereit dasaß. Spandrel kletterte flink hinein.
    »Dove?«, fragte der Mann.
    »Das Marcellus-Theater«, antwortete Spandrel.
    »Si! Il Teatro di Marcello. Andiamo.« Der Kutscher lockerte die Zügel, und die Pferde setzten sich in Bewegung.
    Das Marcello-Theater stand etwa eine Meile weiter südlich am Tiber-Ufer an der Stelle, wo sich der Fluss um die Isola Tiberina teilte. Es beherbergte ein antikes Amphitheater, auf das eine spätere Generation zwei Stockwerke gesetzt und sich so einen äußerst eigenwilligen Palazzo geschaffen hatte. Dieser war mittlerweile im Verfall begriffen, und zwar schneller als die Ruine, auf der er kauerte. Die unteren Gewölbe des Amphitheaters hatte man ebenfalls längst anderweitig als Werkstätten und Lagerhallen genutzt. In einigen davon wurde immer noch gearbeitet, doch die meisten waren verwaist, und was immer dort lag, war hinter massiven Holztüren eingeschlossen.
    Spandrel rief dem Kutscher zu, er solle auf ihn warten, sprang herunter und rannte um die Ecke zur Frontseite des Gebäudes, den Blick angestrengt auf die Türen gerichtet. Dann entdeckte er die gesuchte Tür: Auf ihr prangte ein großes, mit gelber Farbe grob hingepinseltes E.
    Er schob den Schlüssel ins Schloss, drehte hastig um und stieß die Tür auf. Sonnenlicht strömte in eine enge fensterlose Kammer. Bis auf wirbelnde Staubkörner war keine Bewegung zu sehen. An einer Wand stand ein Tisch mit einer Lampe darauf, sonst war der Raum leer. Allmählich stellten sich Spandrels Augen auf die Dunkelheit jenseits der Sonnenstrahlen ein, und er bemerkte in der hinteren Wand eine weitere Tür. Darüber befand sich ein vergitterter Belüftungsschacht. Und durch diese Öffnung drang eine Stimme. »Ist jemand da?« Es war Estelle. »Helfen Sie mir, bitte!«
    »Ich bin's!«, rief Spandrel. »William.« Er rannte zur Tür, schob den Riegel zurück und stieß sie auf.
    Estelle kauerte auf einer für den schmalen Raum viel zu großen Matratze, sodass deren Enden sich an den Mauern hochbogen. Ihr Gesicht war schmutzverschmiert, das Haar strähnig und verstaubt und das so schöne rosafarbene Moirekleid zerknittert und mit Flecken übersät. »Gott sei Dank, du hast mich gefunden!« Sie rappelte sich mit zitternden Beinen auf. »Was ist....?« Sie schwankte leicht, und Spandrel stürzte auf sie zu, um sie zu stützen.
    »Jetzt bist du in Sicherheit. Mein Gott, Estelle! Ich dachte schon, sie hätten dich getötet.« Er wollte einen Arm um sie legen, doch sie stieß ihn von sich.
    »Es tut mir Leid«, murmelte sie und schloss, von der jähen Helligkeit geblendet, die Augen, »aber ich kann keine Berührung ertragen, wenn ich so schmutzig bin.«
    »Das ist doch egal. Hauptsache, du lebst.«
    Taumelnd folgte sie ihm in den Vorraum. »Wo sind Buckthorn und Silverwood? Wo sind sie? William?«
    »Das weiß ich nicht. Vielleicht im Palazzo Muti.«
    »Du hast doch nicht...« Sie sah ihn scharf an. »Du hast ihnen doch nicht das Buch gegeben?«
    »Nicht wirklich.«
    »Wo ist es dann?«
    »Das erkläre ich dir später. Wir müssen hier weg.« Er hob ihren Umhang auf, der zusammengeknüllt auf der Matratze lag, und versuchte, ihn ihr um die Schultern zu legen, doch sie schüttelte ihn ab.
    »Erklär es mir jetzt!«
    »Es ist wirklich besser,

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