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Die Mission des Zeichners

Die Mission des Zeichners

Titel: Die Mission des Zeichners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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vor Augen, wie er mit den Fingern durch dieses Haar gefahren war, und es versetzte ihm einen Stich, als erinnerte er sich an etwas bereits Verlorenes.
    »Es ist fast ein Uhr. Man wird uns längst suchen. Wir sollten unter Deck sein - wo uns keiner sieht.«
    Sie blieb abrupt stehen. »In einem Versteck?«
    »Ja.«
    »Auf der Flucht?«
    »Wir haben keine Wahl.«
    »Ich habe eine Wahl.«
    Nie hatte sie schöner ausgesehen als in diesem Moment, als sie mit verfilztem Haar, beflecktem Kleid und anklagend aufgerissenen Augen auf dem Kai stand, hinter ihr all die Boote mit eingerollten Segeln. Es gab nichts, was sie noch tun konnte, um das Buch zurückzubekommen. Doch ihr Blick verriet Entschlossenheit. Es gab nichts, was sie nicht tun konnte.
    »Wir müssen gehen«, murmelte Spandrel. »Ich habe mein Wort gegeben.«
    »Dein Wort. Nicht meines.«
    »Um Himmels willen, Estelle! Bitte!«
    Sie musterte ihn mit einem langen, kühlen Blick. »Nein«, sagte sie schließlich. »Ich gehe nicht mit. Nicht so.«
    »Wie dann?«
    »Ich fahre nach Norden.«
    »Du hast doch nicht vor...«
    »Ich gebe nicht auf. Ich lasse nicht zu, dass dieser Mister Cloisterman mir meine Zukunft stiehlt.« Sie drehte sich zur Kalesche um. »Du fährst nach Neapel, William!«, rief sie, bereits im Gehen. »Du hältst dein Wort. Aber verlang nicht von mir, dass ich mitkomme. Ich nehme die nächste Kutsche in den Norden. Cloisterman kann die Grenze noch nicht erreicht haben. Und selbst wenn...« Sie hatte die Kalesche erreicht. Mit beiden Händen packte sie Spandrels Tasche und wuchtete sie mit solchem Schwung heraus, dass sie fast das Gleichgewicht verlor. Dann wandte sie sich an den Fahrer. »Piazza del Popolo. Subito. Rapidamente. «

27 Die letzte Karte
    Spandrel starrte auf das emsige Treiben an Bord der Gabbiano hinunter. Die letzten Waren wurden herangeschafft und die Segel gesetzt. Es war nun schon eine halbe Stunde her, dass Estelle ihn verlassen hatte, und er hatte sich immer noch nicht von der Stelle gerührt. In seinem ganzen Leben hatte er sich noch nie so unsicher wegen einer Entscheidung gefühlt wie jetzt. Estelle zu folgen und Cloisterman zu jagen wäre töricht, in Rom zu bleiben schierer Wahnsinn. Doch Estelle hatte Recht: Was wollten sie denn schon in Neapel? Was wollte er denn schon in Neapel? Von McIlwraiths Geld war bald nichts mehr übrig. Und da sie das Grüne Buch verloren hatten, wartete jetzt nur noch Armut auf ihn, noch dazu in einer unbekannten Stadt fern der Heimat. Armut und Verzweiflung.
    Er hatte sein Bestes gegeben. Die Karten, die ihm das Schicksal zugeteilt hatte, hatte er so geschickt er konnte ausgespielt. Aber stets hatte er es mit gerisseneren und rücksichtsloseren Spielern zu tun bekommen, und die hatten ihm seine Trümpfe ab genommen. Ob Buckthorn und Silverwood oder Cloisterman, der am Ende eingegriffen und gewonnen hatte. »Sie haben mit einer Mörderin gemeinsame Sache gemacht«, hatte ihm Cloisterman gestern Nacht vorgehalten. »Eigentlich sollten Sie dankbar sein, dass Sie ungeschoren davonkommen.«
    Dankbar? Nein, das war er nicht. Einsam und von Schuldgefühlen und Selbstmitleid zerfressen, das sehr wohl; und er hatte Heimweh. Er wusste genau, warum er mit einer Mörderin gemeinsame Sache gemacht hatte, wenn Estelle wirklich Blut an den Händen hatte. Das Geld hatte nur zum Teil damit zu tun. Seit er ihr geheimer Liebhaber und Mitverschwörer war, lebte er in einer Welt aus Träumen und Lüsten, wie er sie nie für möglich gehalten hätte. Es war einfach... paradiesisch gewesen. Und jetzt war es zu Ende. Ihm war viel gegeben und noch mehr versprochen worden. Doch jetzt stand er mit leeren Händen da wie schon sein ganzes Leben.
    Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Er musste Estelle folgen. Was sie mit der Jagd nach Cloisterman gewinnen würden, wusste er nicht. Aber zumindest würden sie gemeinsam gewinnen - oder verlieren.
    Er nahm sich eine Droschke, die soeben jemanden ins Spital gebracht hatte. Der kürzeste Weg zur Piazza del Popolo hätte bedenklich nahe am Marcello-Theater vorbeigeführt. Da ihm das zu gefährlich erschien, bat er den Kutscher, den Tiber auf der übernächsten Brücke zu überqueren.
    Kaum hatten sie sich in Bewegung gesetzt, als aus der entgegengesetzten Richtung ein Gefährt in einer gewaltigen Staubwolke auf sie zupreschte. Spandrels Kutscher wich in höchster Not aus und konnte gerade noch einen Zusammenstoß vermeiden. Während die andere Kutsche vorbeidonnerte,

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