Die Mitternachtsprinzessin
so einfach abgewiesen zu werden.
„Ich verstehe“, erwiderte sie. Ihr Herz klopfte wie rasend, während sie ihre Überraschung zu verbergen versuchte und noch nicht genau wusste, wie sie reagieren sollte.
Er war wirklich sehr geheimnisvoll. Wer war er, und warum sollte sein Bruder ihm ein Mädchen schicken? Am verwirrendsten jedoch erschien ihr seine Abfuhr.
Alexa sagte, Männer wollten immerzu mit einer Frau schlafen, und sie sollte es wissen. Sophia schob den Gedanken beiseite und dachte, sie könnte sich vermutlich in diesem Augenblick glücklich schätzen.
Der Fremde ließ den Blick nun über ihre einfache Kleidung gleiten und sah sie dabei so mitleidig an, dass sie sich in ihrem königlichen Stolz verletzt fühlte. „Sie können das Geld behalten“, sagte er sanft. „Was immer mein Bruder Ihnen gezahlt hat. Es tut mir leid, dass Sie Ihre Zeit vergeudet haben.“
Der Anflug von Empörung, weil er sie so gering schätzte, machte weitaus praktischeren Sorgen Platz, als er fortfuhr: „Ich weiß, es muss für Sie eine sehr unbequeme Reise gewesen sein, der ganze Weg bis hierher. Kommen Sie.“ Er deutete auf die Leiter. „Ich werde Ihnen die Kutschfahrt zurück nach London bezahlen. Wir müssen uns beeilen, damit Sie rechtzeitig zur Poststation kommen ...“
„Warten Sie!“, rief sie aus.
„Was gibt es noch?“
Sie starrte ihn an und brachte kein Wort heraus. Den Anweisungen zufolge musste sie an diesem Ort bleiben, bei diesen Koordinaten, bis ihre Leibwächter sie fanden.
Himmel, er durfte sie jetzt nicht hinauswerfen. Die boshaften Geschöpfe, die ihr Gefährt angegriffen hatten, konnten noch irgendwo da draußen sein und nach ihr suchen. In der vergangenen Nacht hatte sie zumindest die Dunkelheit als Verbündete gehabt, um sich zu verbergen, aber jetzt war es heller Tag. Und wenn sie unterwegs auf ihre Feinde traf, bezweifelte sie, dass die Verkleidung als Landmädchen genügen würde, um sie zu schützen. Jetzt hatte sie nicht einmal mehr ein Pferd, auf dem sie fliehen konnte, wenn sie entdeckt wurde. Sie besaß noch ihr Messer, aber der große Bursche da hatte sie gerade wieder daran erinnert, dass sie zwar geschickt mit der Klinge umzugehen verstand, reine männliche Kraft sie aber immer noch überwältigen konnte.
Er hatte den Wechsel der Gefühle auf ihrem Gesicht genau beobachtet, und jetzt runzelte er die Stirn. „Stimmt etwas nicht?“
„Sind Sie so sehr darauf versessen, mich loszuwerden?“ Sie versuchte zu lächeln. Bitte werfen Sie mich nicht hinaus, dachte sie im Stillen.
Sie wagte es nicht, sich allein auf Landstraßen zu begeben. Es wäre außerordentlich dumm, das zu versuchen. Sie musste warten, bis ihre Leibwächter kamen und sie zum Schloss begleiteten.
Bestimmt würde es nicht lange dauern. Ihre Männer waren zwar von dem Hinterhalt überrumpelt worden, aber inzwischen hatten sie sich sicher wieder gesammelt.
Sie unterdrückte die Furcht und sagte sich, dass bestimmt jeder den Angriff lebend überstanden hatte. Sollte es anders sein, würde sie sich dann damit auseinandersetzen, wenn alle wieder zusammen waren und sie die Fakten kannte. Wenn es Tote gegeben hatte, so hatte sie wahrhaftig genug Übung im Trauern. Darin sollte sie inzwischen eine Expertin sein.
Leider schien der Herr der Kätzchen nur allzu begierig darauf zu sein, sie loszuwerden. „Es tut mir leid, meine Liebe. Ich fühle mich geschmeichelt von Ihrer ... äh ... Begeisterung, wirklich, aber das ist nur einer der Scherze meines Bruders“, sagte er verstimmt.
„Sie finden mich wirklich so wenig anziehend?“, rief sie aus.
„Nein!“, versicherte er. „Ganz und gar nicht.“
Sophia runzelte die Stirn. Es musste eine Möglichkeit geben, diesen eigensinnigen Kerl dazu zu bringen, sie noch ein paar Stunden hierzulassen.
Unglücklicherweise konnte sie ihm nicht die Wahrheit sagen.
Auch wenn er ihr jetzt wesentlich vertrauenswürdiger erschien als noch zu Anfang, so war es doch eine von Leons strengsten Regeln, auf jeden Fall ihre Identität geheim zu halten. Ihre Leibwächter riskierten zu viel für sie, als dass Sophia die Regeln missachten durfte, die zu befolgen sie gelobt hatte.
Oje. Was sollte sie sagen?
Er sah sie neugierig an. „Sind Sie so versessen darauf, zu - verdammt, Derek hat Ihnen vom Kamasutra erzählt, oder?“
„Dem was? Nein, ich meine, das heißt. Sie errötete. Verflixt!
„So etwas mache ich nicht mehr. Es gibt im Leben mehr als nur Vergnügen, oder?“
Sophia
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