Die Mitternachtsprinzessin
Dunkelheit verschwinden, ohne eine Spur zu hinterlassen.“
„Ohne eine Spur, ja?“, meinte Gabriel skeptisch. „Das waren keine Gespenster, das waren Männer - eine Tatsache, die Ihre Hoheit bewies, als sie ihnen blutende Wunden zufügte. Sicher haben Sie sie verfolgt? Welche Richtung haben sie eingeschlagen?“
„Sie haben sich aufgeteilt, nach Osten und nach Süden, Sir.“
„Wie weit haben Sie die Täter verfolgt? Wie viele Meilen?“, fragte er weiter.
Die Wachen blieben stumm.
„Ah. Keine Meilen also. Ich verstehe. Yards?“ Missbilligend vernahm er, dass keiner der Männer darauf eine Antwort hatte. „Sie“, sagte er scharf und deutete auf einen untersetzten Mann mit olivbrauner Haut und einem dicken Schnurrbart. „Wie heißen Sie?“
„Timo.“
„Wie lange dienen Sie schon der Prinzessin?“
„Acht Jahre, Sir.“
„Gut.“ Er nickte. „Erzählen Sie mir, was geschah, als der Feind sich zurückzog.“
„Nun, Colonel“, begann der Untersetzte voller Unbehagen, „als sie sich aufteilten, waren wir, um ehrlich zu sein, ein wenig verwirrt.“
„Verwirrt.“
„Ja, Sir. Leon war getroffen. Ihre Hoheit war fort. Der Feind zog sich zurück, in alle Richtungen. Unsere größte Sorge bestand darin, zu verhindern, dass Ihre Hoheit verfolgt wurde. Zudem waren wir zahlenmäßig nicht genug Leute, um die Spur jedes einzelnen Angreifers aufzunehmen. Also sprachen wir darüber, ob wir der Prinzessin nachreiten sollten oder dem Feind. Oder was wir sonst tun könnten.“ Der Mann gab das mit einem bedauernden Blick zu.
„Ich verstehe. Im Augenblick der Krise haben Sie also versagt.“
Sie begannen zu widersprechen.
„Still!“ Er warf ihnen einen eisigen Blick zu. „Gentlemen, das ist nicht akzeptabel.“ Er zählte ihre Fehler an den Fingern ab. „Zuerst ließen Sie“sich überraschen. Dann wurden sie von einer Überzahl überwältigt und waren unfähig, die Feinde zurückzuschlagen. Und als Ihr Captin fiel, geriet Ihnen alles durcheinander. Was wurde aus der Rangordnung?“, brüllte er. „Was aus der Disziplin? Ich will keine Entschuldigungen hören. Es ist ein Wunder, dass Sie überhaupt am Leben sind - ganz zu schweigen von Ihrer Hoheit! Vielleicht sollte sie besser Sie beschützen!“
Gabriel sah die Männer lange an. „Ich möchte einen ordentlichen Bericht über Ihre gesamten Sicherheitsmaßnahmen, und zwar bis Sonnenaufgang. Nachdem ich ihn gelesen und die Maßnahmen dahingehend verändert habe, wie ich es für angemessen halte, machen Sie sich darauf gefasst, die nächsten Tage zu exerzieren. Oh - und Gentlemen, lassen Sie mich zum Schluss noch eines sagen.“
Sie sahen ihn abwartend an.
„Was Prinzessin Sophia in den nächsten Monaten erleben wird, bedeutet für uns alle eine große Herausforderung. Aber ich werde Ihnen eines versprechen. Wenn sie verletzt wird, wenn sie auch nur angerührt wird ...“ Er sah jedem einzelnen Mann in die Augen, während er sprach. „Wenn ihr auch nur der Nagel des kleinen Fingers abbricht, dann werde ich persönlich jeden von Ihnen zerquetschen, der seiner Pflicht nicht in aller Perfektion nachgekommen ist. War das deutlich genug?“
Einige zuckten bei Gabriels Worten zusammen, andere erbleichten.
„Jawohl, Sir!“
„Gut“, schloss er. „Dann weitermachen.“
Als die Männer auseinandergingen, zog sich Gabriel sorgfältig die Ärmel zurecht, froh, seinen Standpunkt deutlich gemacht zu haben.
Anschließend verließ er den Waffensaal, um das Schmuckstück zu suchen, das er bewachen sollte, und fand sie im Frühstückszimmer im privaten Flügel des Palastes.
Sophia hockte auf einem Sofa und beantwortete Briefe. Ein kleiner weißer Pudel schlief auf ihrem Schoß.
Sie war so in ihr Tun vertieft, dass ihre Gesellschafterin Gabriels Kommen noch vor Sophia bemerkte.
Das Mädchen musterte ihn von oben bis unten. Dann warf sie die schimmernden blonden Locken zurück, doch Gabriel achtete nicht auf dieses Signal und bedachte sie nur mit einem kurzen Nicken. Den Spott behielt er für sich. Sein ganzes Leben lang hatte er solche Blicke von Frauen geerntet, und er war dessen so überdrüssig.
Ganz anders war da Sophia, die so voller Leidenschaft war und jugendlichem Eifer, ganz gefangen von Hunderten von Projekten, die sie alle voller Elan betrieb. Ihr seidener lavendelfarbener Hausmantel sah so schön aus an ihr, dass Gabriel kaum den Blick abwenden konnte. Als er auf die Ladies zuging, war er vollkommen fasziniert von der einen Locke, die
Weitere Kostenlose Bücher