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Die Mitternachtsrose

Die Mitternachtsrose

Titel: Die Mitternachtsrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucinda Riley
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Feldern, weil niemand da war, um es zu ernten und zu dreschen. Die Schafe auf dem Moor blieben ungeschoren und verbrachten den Sommer in ihrer schweren Wolle, die viele Soldaten in kälteren Regionen hätte wärmen können.
    Stoischen Vorsitz über das Chaos führte Maud Astbury, die jeden Tag um Punkt halb vier den Tee auf dem Rasen einnahm und dann um sechs in die Hauskapelle ging, völlig unbeeindruckt davon, dass das Leben auf dem Anwesen stillzustehen schien.
    Ich versuchte, Verständnis für sie aufzubringen und mir ins Gedächtnis zu rufen, dass fünfundzwanzig Jahre zuvor, als sie Donalds Vater geheiratet hatte, eine andere Zeit gewesen war. Man hatte sie nicht darauf vorbereitet, die Verantwortung für Astbury allein zu tragen. Das erklärte ich den Bediensteten, die darüber zu klagen begannen, dass ihre Herrin es nicht schaffte, etwas an dem traurigen Zustand zu ändern.
    » Dann sollte die Lady gefälligst lernen , das Anwesen zu führen « , erklärte Mrs Thomas. » Wenn sie nicht bald was unternimmt, gibt es nicht mehr viel, wozu der junge Lord zurückkehren könnte! «
    » Hoffentlich bleibt nicht eines Tages alles an dir hängen, Eleanor « , flüsterte ich der Kleinen eines Nachmittags bei unserem täglichen Spaziergang durch den Park zu. » Und hoffentlich haben die Götter sich nicht geirrt, und dein Onkel kommt tatsächlich wohlbehalten zurück. «
    Die Prüfungsergebnisse erhielt ich Mitte August. Ich hatte mit Auszeichnung bestanden, und der lange, düstere Sommer hatte mich überzeugt, dass ich, anders als die anderen Bewohner von Astbury Hall, nicht bereit war, untätig herumzusitzen und zu warten, bis der Krieg zu Ende wäre.
    Einige Tage nach Selinas Rückkehr aus London ging ich zu ihr.
    » Lady Selina « , begann ich, » ich bin zu dem Schluss gelangt, dass ich England dienen möchte, und habe mich beim Voluntary Aid Detachment beworben. «
    » Oje « , stöhnte Selina. » Die Maharani hatte erwähnt, dass du mit dem Gedanken spielst, aber ich hatte gehofft, dass das erledigt ist. «
    » Leider nein. Meine Ausbildung zur Krankenschwester beginnt im September in London. Ich weiß, dass Sie jemand anders finden müssen, der auf die kleine Eleanor aufpasst. Jane, die neue Magd aus dem Ort, hat eine besondere Zuneigung zu ihr gefasst, und Eleanor scheint sie auch zu mögen. Ich könnte mir vorstellen, dass sie sich sehr gut um sie kümmert. «
    Selina stieß einen tiefen Seufzer aus. » Hoffentlich weißt du, worauf du dich einlässt, Anni. Eine meiner Freundinnen, die sich freiwillig als Hilfskrankenschwester gemeldet hat, war nur eine Woche dabei. Sie musste Bettpfannen ausleeren! « Selina rümpfte die Nase. » Vermutlich wäre es Verrat an König und Vaterland, wenn ich dich bitten würde, es dir noch einmal zu überlegen, also musst du natürlich gehen. Und ich werde hier in diesem gottverlassenen Gemäuer sitzen und einmal in der Woche mit Mutter, dem Geistlichen und seiner siebzigjährigen Schwester Bridge spielen! «
    Ich nahm eine ihrer schmalen, blassen Hände in die meinen. » Lady Selina, ich kann Ihnen versichern, dass Sie in der Zukunft viel Schönes erleben werden. Vermutlich haben Sie während Ihres Aufenthalts in London bereits eine erste Ahnung davon bekommen. «
    Sie sah mich überrascht an. » Anni, woher weißt du das? Ja, da war ein Mann, aber ich bin erst knapp ein Jahr Witwe, und Mutter würde ihn mit Sicherheit nicht gutheißen. Er ist Ausländer, ein französischer Graf, für die französische Regierung in London tätig. « Sie wurde rot. » Offen gestanden, Anni: Ich mag ihn mehr, als mir lieb ist. «
    » Wenn Sie Ihrem Herzen folgen, Lady Selina, und sich nicht von anderen Leuten beirren lassen, wird alles gut, das verspreche ich Ihnen. «
    » Danke, Anni. Du schaffst es immer, anderen Menschen Hoffnung zu geben. «
    » Ich sage nur, was mein Instinkt mir eingibt. «
    » Du hättest auch jemanden verdient, der dir besonders am Herzen liegt. «
    » Danke, Lady Selina. « Zum Glück wusste sie nicht, wer das war.

22
    November 1918, Nordfrankreich
    Ich möchte nicht so genau schildern, was für Gräuel ich während meiner Krankenschwesternzeit in Frankreich sehen musste. Mein Sohn, bestimmt hast du in den Geschichtsbüchern darüber gelesen. Ich kann nur sagen, dass das, was dort steht, den Schrecken, den ich erlebt habe, nicht annähernd beschreibt.
    Einige Wochen nach der Ausbildung wurde ich nach Frankreich geschickt. Ich hatte mich als fähig erwiesen, und man

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