Die Mitternachtsrose
stieg ihr der Geruch von schwerem Parfüm in die Nase, und eine Hand legte sich auf ihre Nase und ihren Mund. Sie bekam keine Luft mehr …
Rebecca schreckte mit wild klopfendem Herzen hoch, streckte die Hand nach dem Lichtschalter aus und stieß dabei das Glas Wasser auf dem Nachtkästchen neben ihr um. Sie stand auf, fühlte ihre warme Stirn, öffnete die Tür und stolperte den Flur entlang zum Bad, um das Glas aufzufüllen. Außerdem wusch sie sich das Gesicht mit kaltem Wasser, bevor sie in dem schummrigen Licht in ihr Zimmer zurückging.
Als eine dunkle Gestalt sie vor ihrer Tür ansprach, hätte sie fast aufgeschrien.
» Alles in Ordnung? «
» Ich … « Sobald ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte sie Anthony, der einen Morgenmantel mit Paisleymuster trug. » Ich hatte nicht damit gerechnet, hier jemandem zu begegnen « , erklärte sie und versuchte, tief durchzuatmen.
» Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe. Ich habe einen Schrei gehört und bin hergekommen, um nach dem Rechten zu sehen. «
» Wahrscheinlich hatte ich einen Albtraum. Entschuldigen Sie, dass ich Sie geweckt habe. «
» Machen Sie sich deswegen keine Gedanken. Ich schlafe nur selten tief und fest. Wenn Sie sicher sind, dass Sie keine Hilfe benötigen, wünsche ich Ihnen jetzt eine gute Nacht. «
» Gute Nacht. «
» Jack hat wieder angerufen « , teilte Steve Rebecca am folgenden Morgen mit. » Melden Sie sich bei ihm, bevor die Boulevardpresse mich am Ende noch bezichtigt, Ihnen einen Strich durch Ihre Märchenromanze zu machen « , bat er sie und entfernte sich grinsend.
Rebecca verließ die Terrasse und ging in Anthonys Arbeitszimmer. Am Vormittag hatten sich ihre Kopfschmerzen endlich verabschiedet, so dass sie sich in der Lage fühlte, mit Jack zu sprechen.
Wie so oft meldete sich sowohl bei seinem Festnetzanschluss als auch bei seiner Handynummer nur die Mailbox. Frustriert trat Rebecca wieder ans hintere Ende der südlichen Terrasse, wo das Cateringunternehmen Tische in der Sonne aufgestellt hatte, und gesellte sich zu den anderen Schauspielern.
» Kommen Sie, Schätzchen, setzen Sie sich neben mich « , lud Marion Devereaux sie ein.
Rebecca bedankte sich mit einem unsicheren Lächeln. Bis dahin war sie zu schüchtern gewesen, auf die legendäre Schauspielerin zuzugehen, die im Lauf ihrer Karriere alle erdenklichen Auszeichnungen erhalten hatte.
» Ich habe Sie heute Vormittag am Set beobachtet und möchte Ihnen sagen, dass Sie gut sind. Sogar sehr gut. «
» Danke. « Rebecca wurde vor Freude rot.
» Sie bewegen sich ganz natürlich vor der Kamera. Haben Sie Bühnenerfahrung? «
» Ja, ich war an der New Yorker Juilliard School, aber seit meinem Abschluss habe ich nur noch in Filmen gespielt. «
» Ich hoffe, Sie finden irgendwann wieder Zeit fürs Theater. Es gibt nichts Besseres als ein Livepublikum, um das Adrenalin hochzutreiben und einen Schauspieler zu Höchstleistungen anzuspornen. « Marion zündete sich schmunzelnd eine Zigarette an. » Leider verdient man nur einen Hungerlohn. «
» Geld ist mir nicht so wichtig, das war es noch nie. «
» Das kann ich mir nach den Hollywood-Kassenschlagern, die Sie gemacht haben, gut vorstellen « , bemerkte Marion trocken.
Rebecca wurde rot. » Hätten Sie irgendwelche Tipps, wie ich noch besser werden könnte? «
Die alte Dame richtete ihre berühmten veilchenblauen Augen auf sie. » Ja, Schätzchen, leben Sie. Sammeln Sie Erfahrungen, und lernen Sie sich selbst kennen. Einblick in die menschliche Psyche bringt Ernsthaftigkeit und Emotionalität in eine schauspielerische Leistung, die man sich allein durch Technik nicht erwerben kann. Spielen Sie aus Kopf und Seele « , erklärte sie und legte die Hände auf ihren üppigen Busen.
Obwohl Rebecca den Drang zu kichern verspürte, nickte sie ernst. » Danke, Marion. Ich werd’s versuchen. «
» Wie gern ich Sie wäre, ganz am Anfang meiner Karriere, noch jede Menge wunderbare Rollen vor mir.« Sie seufzte. »Immerhin bin ich heute eine sehr viel bessere Schauspielerin, als ich es in Ihrem Alter war. Wir sollten vor Ende der Dreharbeiten einmal miteinander zu Abend essen. Aber jetzt muss ich hier weg « , sagte sie und erhob sich, » sonst zerfließt mir die Schminke in der Sonne. «
Rebecca blieb, wo sie war, und freute sich über das Lob, den warmen Tag und die Tatsache, dass sie momentan keine Kopfschmerzen hatte. Kurze Zeit später nahm James auf dem Stuhl Platz, auf dem Marion einige
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