Die Mitternachtsrose
die Augen und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Wieder fiel Rebecca auf, wie gut er aussah. Sie war zugleich erleichtert und ein wenig enttäuscht darüber, dass er noch nicht über den Verlust seiner Freundin hinweg war und sich nicht für sie interessierte. Sie drehte sich ebenfalls wieder auf den Rücken und schloss die Augen. Nach so vielen Männern, die ihr sofort Avancen machten, war es erfrischend, dass Ari sich mit Gesprächen zu begnügen schien.
» Sie lächeln « , sagte er unvermittelt. » Warum? «
Als sie die Augen aufschlug, bemerkte sie, dass Ari sie musterte. » Weil ich die Ruhe genieße. «
» Den Moment zu genießen ist, wie Ihnen jeder Guru bestätigen wird, der Schlüssel zu einem glücklichen Leben. Haben Sie Lust weiterzureiten? Ich möchte mich noch ein bisschen umsehen. «
» Gern « , antwortete sie, und sie stiegen wieder auf die Pferde.
Aris Blick wanderte umher. » Wenn das hier der Bach ist, den meine Urgroßmutter in ihrer Geschichte beschreibt, müsste ganz in der Nähe ein Cottage liegen. Lassen Sie uns doch danach Ausschau halten. «
Rebecca folgte Ari, der den Weg zu kennen schien, von dem Reitpfad herunter ins Moor. Ein paar Minuten später entdeckten sie die Schornsteine eines Gebäudes, das halb verborgen in einer Senke stand.
» Da ist es « , sagte Ari.
» Was? «
» Das Cottage, in dem Anahita gewohnt hat. Kommen Sie! «
» Ich dachte, sie hat in Astbury Hall gelebt. Hey, das müssen Sie mir erklären! « , rief sie Ari nach, der bereits losritt.
» Alles zu seiner Zeit. «
Rebecca trottete ihm nach, den Hang hinunter und zur Vorderseite des Cottage.
» Das muss es sein « , sagte Ari und sprang vom Pferd. » Sehen wir uns um. « Nachdem er Rebecca beim Absteigen geholfen hatte, gingen sie zusammen zum Tor. Der Garten dahinter war von mindestens zwei Meter hohem Gras überwuchert.
» Sieht aus, als hätte das Moor es zurückerobert « , bemerkte er, als er das Tor öffnete. » Als hätte lange niemand mehr hier gewohnt. Vielleicht seit Anahita vor neunzig Jahren « , überlegte er laut, während er das Gras niedertrampelte, um ihnen einen Weg zum Eingang zu bahnen. Das Cottage war über und über mit Efeu bewachsen, das er erfolglos mit den Händen von den Fenstern zu entfernen versuchte. Auch die Tür ließ sich durch das Efeu hindurch nicht aufdrücken.
Rebeccas Blick fiel auf einen Farbklecks inmitten des Gestrüpps. Als sie es beiseiteschob, entdeckte sie eine kleine Rose der gleichen Farbe wie die, die Anthony ihr kurz nach ihrer Ankunft in Astbury geschenkt hatte. Bei genauerer Betrachtung stellte sie fest, dass sich am Stiel weitere Knospen befanden. Dass etwas so Schönes in diesem verwilderten Garten wuchs, stimmte sie ein wenig traurig.
» Wollen wir ein Fenster einschlagen? « , fragte Ari. » Oder vielleicht gibt’s hinten eine zweite Tür. «
» Ich finde, wir sollten nicht gewaltsam eindringen « , entgegnete Rebecca nervös. » Bestimmt gehört das Cottage jemandem. «
» Ja, Anthony. «
» Dann bitten wir ihn doch um den Schlüssel « , schlug Rebecca vor, die das starke Bedürfnis verspürte zu gehen, weil dieses Cottage ein unbehagliches Gefühl in ihr hervorrief.
» Ich seh mal hinten nach, ob’s noch einen anderen Eingang gibt. «
» Wir sollten zurückreiten « , erwiderte Rebecca. » Es ist schon nach sechs. Debbie wird nicht mehr lange da sein. «
Ari sah auf seine Uhr. » Ja, Sie haben recht. Immerhin weiß ich jetzt, wo das Cottage ist, und kann Anthony um Erlaubnis bitten, es mir genauer anzuschauen. «
» Warum interessiert es Sie so sehr? « , fragte sie ihn erleichtert, als sie wieder in den Sattel stiegen und sich von dem Gebäude entfernten.
» Ich möchte wissen, ob es da drinnen noch irgendwelche Hinweise auf meine Urgroßmutter gibt. «
» Sie war vor neunzig Jahren hier. Das ist eher unwahrscheinlich, meinen Sie nicht? «
» Vermutlich haben Sie recht, aber ich würde meine Neugier trotzdem gern befriedigen. «
Als sie den Stall erreichten, entschuldigten sie sich bei Debbie dafür, dass sie sie hatten warten lassen, übergaben ihr die Pferde und kehrten zum Hauptgebäude zurück. Auf den Stufen zur Terrasse entdeckte Rebecca Anthony im ummauerten Garten. Er winkte sie heran.
» Na, hat’s Spaß gemacht? « , erkundigte er sich.
» Ja. Danke, dass Sie uns die Pferde überlassen haben « , sagte Ari.
» Gern geschehen. Die armen Tiere werden viel zu wenig bewegt. Wenn Sie wollen, können Sie sich
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