Die Monster-Strige
leicht, hell, und bunte Kissen gaben den Eindruck des ewigen Sommers. Auch sonst war alles vorhanden. Die Glotze, CD-Player, Video-Gerät, ein tragbares Telefon, so daß der Bewohner nicht unbedingt das Gefühl bekam, nur in der Einsamkeit zu hocken. »Alle Achtung«, lobte ich, »das hätte ich nicht erwartet.«
»Man tut, was man kann.«
»Und wer finanziert dich?«
»Die Regierungen der EU. Sie finanzieren unter anderem auch mein Projekt.«
Ich hatte mich in einen Sessel fallen lassen und saß so, daß ich aus dem Fenster schauen konnte. »Machst du denn Fortschritte?«
»Es geht.«
»Kein Druck von oben?«
Er lächelte. »Nein, denn jeder weiß, daß es eine Weile dauert, bis Ergebnisse vorliegen. Wer hier forscht, muß Zeit haben, und das habe ich. Mein Vertrag läuft noch weitere fünf Jahre. Was danach geschieht, darüber denke ich jetzt noch nicht nach. Vielleicht lebe ich dann auch nicht mehr. Wer weiß das schon…?«
»Nicht mehr leben?«
»Ich denke an das Monstrum.«
»Warten wir zunächst einmal ab.«
Suko hatte die Glastür an der Seite geöffnet und war einen Schritt nach draußen gegangen. Er genoß den Rundblick, der weit vor ihm sogar das Ufer eines Sees streifte. Weit im Hintergrund zeichneten sich die Berge mit dem ewigen Eis ab.
»Eine friedliche Welt«, sagte Ken Finlay und hob die Schultern. Dann stieß er die Luft aus. »Wer weiß, wie lange noch?«
Ich war ebenfalls aufgestanden und fand den Weg nach draußen. Dort hatte Finlay einen Holztisch aufgestellt, um den herum mehrere Stühle standen. »Kann ich euch etwas zu trinken bringen?« fragte er.
Wir waren nicht abgeneigt.
»Aber nichts Alkoholisches«, sagte Suko noch.
»Versteht sich.«
Wir nahmen auf den Stühlen Platz. Suko betrachtete wieder den herrlich blauen Himmel. »Manchmal kommt es mir vor, als wäre das alles gar nicht wahr, was wir gesehen haben. Sieh dir nur diese Idylle an, John. Das kann doch einfach nicht zerstört werden.«
»Nein, in der Regel nicht. Aber haben wir uns geirrt?«
»Drei Augenpaare können sich nicht irren.«
»Eben.«
»Wenn ich nur genau wüßte, wohin die Monster-Strige verschwunden ist«, murmelte Suko. »Das hast du gesehen.«
»Ja, aber ich kenne die Verbindung nicht. Was hat die Strige mit den Flammenden Steinen zu tun?«
»Das mußt du Myxin oder den Eisernen Engel fragen.«
»Die haben sich zurückgezogen, Kara ebenfalls. Ich weiß auch nicht, weshalb sie sich so bedeckt halten.«
»Ist nicht unser Problem.« Ken Finlay kehrte zurück. Er hatte die drei Flaschen und die Gläser auf ein Tablett gestellt. Wir tranken Zitronenlimonade, die in den Gläsern sprudelte. Die Erfrischung tat gut, aber zufrieden waren wir nicht. Auch Ken Finlay nicht, der immer wieder den Kopf schüttelte und erst nach einer Weile sprach.
»Ich bekomme es nicht geregelt«, gab er zu. »Ich habe hin und her überlegt, wobei ich mich mit dieser Strige schon abgefunden habe, aber ihr plötzliches Verschwinden läßt die Rätsel noch größer erscheinen. Es wird immer schwerer, damit zurechtzukommen.«
»Ken«, sagte Suko, »du solltest lernen, Geduld zu haben. Sie wird wiederkommen, sie wird sich die Opfer holen, denn sie weiß, daß sie von uns gejagt wird.«
»Dann müßte sie uns angreifen.«
»Damit ist zu rechnen.«
»Und das Haus ebenfalls.«
»Davor wird sie sich bestimmt nicht fürchten«, erwiderte Suko. »Das kann ich dir versichern. Hol dir die Größe noch mal vor Augen. Das ist kein Vogel, das ist ein riesiges Wesen, ein mörderischer Killer mit Flügeln. Er ist auf Menschen programmiert, wie wir es ja auch von den üblichen Strigen her kennen, mit denen wir es bisher zu tun hatten, aber eine derartige Mutation haben wir noch nicht erlebt!«
Finlay grinste schmerzlich, hob sein Glas an und trank es zur Hälfte leer. Natürlich waren auch Suko und ich nicht eben begeistert, hier hocken zu müssen und darauf zu warten, daß etwas passierte.
Aber wir hatten keinen Punkt, wo wir den Hebel ansetzen konnten, abgesehen von dem kurzen Blick auf die magischen Steine.
Der Himmel blieb glatt und klar. Es war nichts Fremdes dort zu sehen.
Selbst Wolken hielten sich zurück, und wir hätten eigentlich eine Ferienidylle genießen können, aber die ersten Störungen traten bereits ein. In einer Umgebung wie dieser fühlten sich auch Tiere wohl, weil niemand sie störte. Wir konnten auf das Ufer des Sees schauen und entdeckten dort das Rudel Hirsche, das ebenfalls wie aus dem Nichts erschienen
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