Die Monster von Templeton
mir zu Berge vor Angst. Schließlich wusch ich mich mit meiner Veilchenseife aus Frankreich, zog mein leichtestes graues Gewand an und kniff mich in die Wangen, um sie rosig zu machen.
Und ich stahl mich in meinen weichsten Schuhen in Marmadukes Gemach im westlichen Flügel des Hauses. In jener eindringlichen Stille vernahm ich das hoffnungsvolle Atmen von Dutzenden, ein Geräusch, das klang, als atme das Haus selbst.
Ich öffnete Marmadukes Tür und trat ein. Es brauchte einen Moment, bis ich erkannte, dass er nicht schlief. Er saß hinter den Vorhängen seines Bettes und spähte mir durch den Spalt entgegen. Ich trat zu ihm. Er breitete die Arme aus, schlug die Decken für mich auf. Voll bekleidet, schlüpfte ich zu ihm ins Warme; ich war so klein neben ihm; darüber hatte ich so oft gestaunt – über meine Größe, über seine und dass ich neben ihm wirkte wie ein Kind. Wir bewegten uns nicht. Wir sprachen nicht. Ich roch seinen guten Geruch, seinen Schlafgeruch, und er küsste mich auf die Schläfe. Und er glühte, wie ein richtiges Öfchen, und mir, der es nie warm genug war, wurde es durch und durch warm.
Ich dachte, ich muss es ihm sagen. Es ist meine Pflicht, damit er heute Abend, die nächsten Abende, zu Hause bleibt und die Gefahr vorbeigeht. Doch etwas hielt mich davon ab, eine große Angst. Marmaduke tat nicht immer das, womit man rechnete, und ich befürchtete, er könne sich jedem Risiko für gewachsen halten, das es auf der Welt geben könnte. Vielleicht würde er ja aus Trotz erst recht ausgehen. Ich gab mich ihm hin, bis ich Remarkable hörte, die in der Küche Selbstgespräche führte, wie sie es des Morgens oft tat, wenn sie das Frühstück machte. Und dann musste ich es ihm sagen.
Elizabeth Franklin Temple
Elizabeth Franklin Temple in jungen Jahren. Es handelt sich hier um ein Miniaturporträt auf Elfenbein, das Marmaduke Temple auf seinen zahlreichen Reisen mit sich führte.
Elizabeth Franklin Temple
Elizabeth Franklin Temple in fortgeschrittenem Alter. Es handelt sich hier um eine nicht allzu schmeichelhafte, mit Wasserfarben kolorierte Bleistiftskizze, die wahrscheinlich von einer der Töchter Jacob Franklin Temples angefertigt wurde. Zu dieser Zeit lebte Elizabeth völlig zurückgezogen auf Temple Manor und war dafür berühmt, dass sie mit ihrer Meinung niemals hinter dem Berg hielt.
Duke, sagte ich schließlich, doch er küsste mir die Worte von den Lippen, sodass ich nichts mehr sagen konnte.
Nein, erwiderte er. Können wir nicht einfach still sein?
Marmaduke, sagte ich, aber er seufzte, rollte sich weg. Seine riesige Hand hielt einen Moment lang die meine, schien sie fast zu verschlucken. Wir starrten beide an den Baldachin über uns, zu dem sich bauschenden Stoff, den dünnen, starken Pfosten. Ich war bereit, es noch einmal zu versuchen, doch dann waren Mingos Schritte auf der Treppe zu hören, der Marmadukes Frühstück nach oben brachte, und ich musste mich beeilen, um aus dem Bett zu schlüpfen und mich hinter der Tür zu verstecken, als Mingo hereinkam, musste mich hinausschleichen, während er vor dem Kamin kauerte und das Feuer schürte. In der Tür warf ich noch einen langen Blick zurück, während mein Mann aus dem Bett stieg. Selbst so unbekleidet, wie er war, wirkte er doch unverwundbar, und einen Moment lang, während ich seine breiten Füße sah, die sich wie Baumstümpfe in den Boden stemmten, zweifelte ich an meinem Traum.
Es war kein einfacher Tag. Ich konnte kaum atmen, so anstrengend war es.
Später, nach dem Abendessen. Im Salon spielte mein kleiner Sohn Jacob Dame mit seinem Bruder Richard. Ich saß mit meinem Buch da, Marmaduke wärmte sich die Stiefel am Feuer. Jede Stunde ging einer der Bediensteten hoch zur Shipman-Hütte, um nach Namenlos zuschauen und der Hebamme Bledsoe noch ein Glas Whiskey zu bringen. Aus Gründen der Reinlichkeit, behauptete die Hebamme. Dabei, meinte Remarkable, hätte die Geburtshelferin bereits inwendig rosa geschrubbt wie ein Säugling sein müssen bei dem vielen Whiskey. Mit jeder Stunde wurde Namenlos schwächer. Remarkable kam herein, leckte sich die Lippen und lächelte Marmaduke an, und etwa jede Stunde schaute sie beim Büro des
Freeman’s Journal
vorbei, wo die Wahlzettel ausgezählt wurden. Die zählen immer noch, Master Duke, sagte sie und schüttelte den Kopf, doch nicht ohne einen Schimmer des Triumphes im Gesicht. Ich fürchtete um meinen Ehemann, auch im Triumph.
Bis zum Abend hatte Namenlos vierzig Stunden in
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