Die Monster von Templeton
auch eine boshafte Ader und nenne ihn fortan
Lustknabe.
Dein Frühstück ist fertig,
Lustknabe
. Hol mal ein bisschen Wasser,
Lustknabe
. Stellt sich raus, dass es sogar stimmt, weil er ein paar Tage später mit einem Wanderprediger durchbrennt und also tatsächlich ein Lustknabe war.
Es kommt der Tag, an dem wir in das Herrenhaus ziehen. Mein Zimmer liegt direkt neben der Küche, und ich weiß, was jetzt kommen wird. Duke ist hungrig, er verzehrt sich danach. Ich denke, dann bin es eben ich, ganz gewiss ist es nicht Remarkable mit den hässlichen Knochen, und wenn ich es bin, kann ich ihn wenigstens um den Finger wickeln. Ich reibe mich mit Öl ein, stelle die Kerze auf. Es klopft an der Tür. Als ich öffne, steht Duke da, der fast über seine eigenen Beine stolpert, zittert, bleich wie ein Mehlwurm. Ich lass ihn herein.
Um ehrlich zu sein, gefällt es mir gar nicht. Hat mir nie gefallen. Was mir gefällt, ist das Um-den-Finger-Wickeln. Männer dazu zu bringen, dass sie machen, was ich will. Das gefällt mir.
Bei Duke bin ich damit so vorsichtig, dass er es gar nicht merkt. Das muss man so machen, damit die Männer glauben, sie sind größer als alle anderen und dass man keine Bedrohung für sie ist. Ich kriege ihn dazu, dass er in Templeton einiges verändert, er verlagert den Markt in die Second Street, nicht in die First, baut das Gerichtsgebäude, errichtet das Eishaus unten am See. Jahrelang tanzt er nach meiner Pfeife. Die Stadt ist ein großer Erfolg. Marmaduke wird reich und reicher. Am reichsten.
An dem Tag, als Jedediah Averell auf einem Esel in die Stadt geritten kommt, sehe ich ihn, als ich dabei bin, die Veranda zu fegen, ich sehe ihn und schaue ihn mir genauer an. Viel zu sehen ist da nicht, er ist buckelig und hässlich, aber ich sehe, dass er ein Rückgrat aus Eisen hat, sehe seine Kraft und denke mir, Hetty, der Mann da, aus dem wirdnoch was. Und ich sag mir, Hetty, den kannst du um den Finger wickeln. Das weiß ich schon auf den ersten Blick. Später beobachtet mich Averell, wohin ich auch gehe, und ich spüre seinen Blick und lächele. Aber ich warte ab. Warte ab, bis meine Zeit gekommen ist.
Obwohl ich vorsichtig bin und jeden Monat Kräuter bei Aristabulus Mudge hole, werde ich schwanger. Keine gute Nachricht. Remarkable sieht es sofort. Sie nimmt Cuff in die Mangel, und eines Tages schreibt er die Neuigkeit in einen Brief an Missus Temple, den Duke ihm diktiert. Duke liest die Briefe nie, die Cuff schreibt, weil Cuff so fehlerlos schreiben kann, und so weiß er nicht, was drinsteht. Duke unterzeichnet, schickt sie weg. Mich hat er nie erwähnt, und ich glaube, Missus Temple hat vor dem Brief nicht mal von mir gewusst. Und sie ist in Burlington, auch sie erwartet ein Kind, Jacob, und dann liest sie das. Sie wird ziemlich wütend und bricht noch am selben Tag mit ihrem großen Sohn Richard nach Templeton auf, obwohl sie schon im achten Monat guter Hoffnung ist, mit einem Kind, das sie tagaus, tagein tritt. Nimmt einfach eine Kutsche, und los geht’s, wie eine Wahnsinnige. Und hoppelt Woche um Woche über diese Straßen mit all den Schlaglöchern, in gemieteten Kutschen und Wagen, schläft auf verwanzten Matratzen, kaut knorpeliges Fleisch und Schiffszwieback. Sie, das Porzellanpüppchen. Ein Wunder, dass sie nicht zerbricht.
Ich weiß schon aus einer Meile Entfernung, dass die Kutsche der Missus unterwegs ist, ziehe mein hübsches rosa Baumwollkleid an und binde mir die Haare zurück. Und da kommt sie in die Auffahrt gerollt, ihr kleines Gesicht ganz bleich und rund vor Überraschung über das große Haus. Es ist das erste Mal, dass sie es sieht, und ich weiß nicht, was sie sich all die Jahre gedacht hat, vielleicht, dass wir noch auf den Bäumen leben wie die Bären. Aber Duke, er kommt aus dem Haus gelaufen, freudig rufend, und Richard, der springt aus der Kutsche, um sich ihm in die Arme zu werfen, erst vierzehn ist er und schon so behaart, und Missus Temple hievt sich selbst hinaus, so schwer ist ihr Kind und sie selbst so zart. Ich bin fast doppelt so breit wie sie. Sie istwie ein Zaunkönig. Könnte sie mit meinen Fingern zerbrechen, obwohl ich das nie tun würde. Irgendwie tut sie mir leid.
Und das tut sie mir immer noch, auch als sie mich anschaut, mit brennenden Augen. Auch als sie um mich herumgeht, einmal, zweimal, dreimal. Auch als sie sagt: Marmaduke, ich will keine Sklaven im Haus, obwohl sie damit nicht Mingo oder Cuff meint, nur mich. Sie sagt: Marmaduke, ich will keine
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