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Die Morde des Herrn ABC

Die Morde des Herrn ABC

Titel: Die Morde des Herrn ABC Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Poststempel auf dem zweiten Brief lautete dieses Mal Hampstead; aber nach Poirots Ansicht war dem so gut wie keine Bedeutung beizumessen.
    Der Fall wurde gründlich besprochen. Dr. Thompson war ein netter Mensch in mittleren Jahren und äußerte sich, trotz seiner eminenten Gelehrsamkeit, in allgemein verständlichen Worten und vermied Fachausdrücke.
    «Es unterliegt gar keinem Zweifel, dass die beiden Briefe von ein und derselben Person geschrieben wurden», sagte der Commissioner.
    «Richtig. Und aus diesem Grund dürfen wir einigermaßen als sicher voraussetzen, dass diese Person für den Mord in Andover verantwortlich ist.»
    «Gewiss. Jetzt haben wir einen definitiven Hinweis bekommen, dass ein zweites Verbrechen am Fünfundzwanzigsten – also morgen – in Bexhill geplant ist. Welche Schritte können wir unternehmen?»
    Der Polizeichef von Sussex sah seinen Untergebenen an.
    «Nun, Carter, was haben Sie dazu zu sagen?»
    Der Inspektor sah sorgenvoll vor sich hin.
    «Das ist sehr schwierig, Sir. Wir haben nicht den leisesten Anhaltspunkt, gegen wen sich der neue Anschlag richten soll. Ich weiß also keine Antwort auf diese Frage.»
    «Ich hätte einen Vorschlag», murmelte Poirot.
    Aller Augen richteten sich auf ihn.
    «Ich halte es für möglich, dass der Zuname des Opfers mit dem Buchstaben B beginnen könnte.»
    «Das wäre wenigstens ein Anhaltspunkt», sagte der Inspektor, aber es klang nicht sehr überzeugt.
    «Ein alphabetischer Komplex?» Auch Dr. Thompson schien zu zweifeln.
    «Ich sage, dass dies eine Möglichkeit wäre – mehr nicht. Dieser Einfall kam mir, als ich den Namen Ascher groß und deutlich über dem Laden stehen sah, in dem die unglückliche Frau letzten Monat ermordet worden ist. Da der zweite Brief Bexhill erwähnt, dämmerte in mir die Idee auf, dass sowohl Ort wie Name des Opfers nach alphabetischen Gesichtspunkten gewählt sein könnten.»
    «Das wäre möglich», sagte der Arzt. «Andererseits könnte der Name Ascher ein purer Zufall gewesen sein, und es bliebe abzuwarten, ob sich der neue Anschlag nicht wieder gegen eine alte Frau, die einen kleinen Laden führt, richtet, egal, wie sie heißt. Wir haben es, das bitte ich nicht zu vergessen, mit einem Verrückten zu tun, dessen Motive uns bis jetzt noch vollkommen schleierhaft sind.»
    «Hat ein Verrückter Motive?», fragte der Inspektor skeptisch.
    «Natürlich hat er die, Mann! Eine kristallklare, tödliche Logik ist ein Hauptmerkmal akut auftretenden Wahnsinns. In diesem Zustand kann sich ein Mensch einbilden, er sei von Gott dazu ausersehen worden, Pfarrer zu töten – oder Ärzte – oder alte Frauen, die irgendwelche Kramläden führen –, und hinter dieser Einbildung steht immer ein vollkommen logisch herleitbarer Grund. Deshalb dürfen wir uns nicht zu sehr von dem Alphabetkomplex beeinflussen lassen. Dass Bexhill auf Andover folgt, kann völlig zufällig sein.»
    «Aber wir können jedenfalls gewisse Sicherheitsvorkehrungen treffen, Carter, und die Einwohner, deren Namen mit B beginnt, notieren. Ferner soll man kleine Ladenbesitzer, vor allem Tabakläden, die von einer einzelnen Person geführt werden, im Auge behalten. Mehr können wir im Augenblick nicht tun. Ortsfremde müssen wir selbstverständlich besonders gut im Auge behalten.» Der Inspektor stieß einen stöhnenden Seufzer aus.
    «Ausgerechnet bei Ferienbeginn! Diese Woche wird der Ort von Fremden förmlich überschwemmt sein.»
    «Wir müssen unser Bestes tun», sagte der Polizeichef scharf.
    «Inzwischen werde ich alle in den Fall Ascher Verwickelten beobachten lassen», mischte sich Inspektor Glen hier ein. «Also die beiden Zeugen Partridge und Riddell und natürlich Ascher selber. Wenn einer von ihnen Anstalten machen sollte, Andover zu verlassen, wird er verfolgt werden.»
    Nach ein paar weiteren Vorschlägen ging die Versammlung auseinander.
    «Poirot, ein zweites Verbrechen kann ganz bestimmt verhindert werden, meinen Sie nicht?», fragte ich, als wir am Fluss entlanggingen.
    Er wandte mir ein müdes, ernstes Gesicht zu.
    «Die Vernunft einer ganzen Stadt gegen die Unvernunft eines Einzigen? Ich sehe schwarz, Hastings, sehr schwarz. Erinnern Sie sich an die fortgesetzten Erfolge von Jack die Ripper?»
    «Scheußlich», murmelte ich.
    «Wahnsinn, Hastings, ist grauenvoll… Und ich fürchte, ich fürchte…»

9
     
    I ch erinnere mich noch genau an mein Erwachen am Morgen des fünfundzwanzigsten Juli. Es muss ungefähr um halb acht Uhr gewesen sein. Da

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