Die Morde des Herrn ABC
waren doch alle Zeitungen voll davon, dass man alles über einen Mr. A. B. Case oder Cash berichten solle, was man wisse, und die Beschreibung schien mir auch zu stimmen. Am ersten Abend, den ich frei hatte, ging ich zu Lily und fragte sie, wie Mr. Cust mit Vornamen heiße. Sie wusste es nicht, aber ihre Mutter erinnerte sich sofort und sagte, seine Initialen seien A. B. C. Daraufhin dachten wir nach und versuchten uns zu erinnern, ob Mr. Cust beim ersten Mord in Andover vielleicht auch verreist gewesen sei. Sie wissen ja, Sir, dass es gar nicht leicht ist, sich an etwas zu erinnern, was drei Monate zurückliegt. Es war ein richtiger Kampf, aber schließlich hatten wir es doch herausgebracht, weil nämlich Mrs. Marburys Bruder am 21. Juni zu Besuch kam. Von Kanada. Er traf ganz unerwartet ein, und sie wollte ihn zum Übernachten einladen. Lily schlug vor, Bert Marbury könne doch in Mr. Custs Bett schlafen, weil der Zimmerherr ja verreist sei. Aber Mrs. Marbury sagte, das dürfe man nicht tun, das sei nicht recht dem Mieter gegenüber, und sie halte es für wichtig, immer korrekt und anständig zu sein. Aber diesen Tag haben wir also richtig herausgefunden, weil das Schiff, mit dem Bert Marbury gekommen war, an diesem Tag in Southampton vor Anker lag.»
Inspektor Crome hatte wortlos zugehört und nur ab und zu eine Notiz gemacht.
«Ist das alles?», fragte er nun.
«Jawohl, Sir. Hoffentlich denken Sie nicht, dass ich aus einer Mücke einen Elefanten mache.» Tom errötete sichtlich.
«Ganz und gar nicht. Sie taten vollkommen recht, uns das mitzuteilen. Natürlich müssen diese Angaben noch überprüft werden. Die übereinstimmenden Daten könnten immerhin reiner Zufall sein, ebenso die Namensähnlichkeit. Aber ganz bestimmt werde ich mich sofort mit diesem Mr. Cust unterhalten müssen. Ist er gegenwärtig zu Hause?»
«Jawohl, Sir.»
«Wann ist er zurückgekommen?»
«Am Abend des Doncaster-Mordes, Sir.»
«Was hat er seither getan?»
«Er war meistens in seinem Zimmer, Sir. Und er sehe so komisch aus, sagt Mrs. Marbury. Er kauft eine Menge Zeitungen. Frühmorgens geht er aus und kauft die Morgenblätter, und dann, sobald es dunkel ist, geht er wieder aus und holt sich die Abendausgaben, Mrs. Marbury sagt auch, dass er oft mit sich selber spricht. Er werde immer merkwürdiger, sagt sie.»
«Wo wohnt Mrs. Marbury?»
Tom gab die genaue Adresse an.
«Danke. Ich werde wahrscheinlich im Laufe des Tages einmal hingehen. Sie selber sollten vorsichtig sein, wenn Sie diesem Mr. Cust über den Weg laufen, verstanden?»
Crome stand auf und schüttelte Tom die Hand.
«Es war sehr richtig, uns all diese Dinge mitzuteilen! Auf Wiedersehen, Mr. Hartigan.»
«Nun, Sir?», fragte Jacobs, als er wenig später das Zimmer wieder betrat. «Schaut etwas dabei heraus?»
«Es klingt viel versprechend. Das heißt: Wenn alles stimmt, was uns der Junge erzählt hat. Mit den Strumpfhausierern sind wir bis jetzt nicht weitergekommen. Es wäre an der Zeit, dass wir etwas Handfestes erführen. Bitte, geben Sie mir das Dossier über den Churston-Mord.»
Er suchte minutenlang in den Akten rum.
«Aha, da haben wir es! Bei den Aussagen, die vor der Polizei in Torquay gemacht wurden. Junger Mann namens Hill. Sagt aus, dass er das Kino in Torquay verließ, wo er den Film Not a Sparrow gesehen hatte, und dass ihm dabei ein Mann aufgefallen sei, der sich sonderbar benahm. Hill hörte, wie der Mann laut zu sich selber sagte: ‹Das ist eine Idee!› – Not a Sparrow ist doch der Film, der auch im Kino von Doncaster gespielt wurde, nicht wahr?»
«Jawohl, Sir.»
«Da könnte etwas dahinterstecken. Vielleicht hat sich unser Mörder eine neue Idee für sein Vorgehen beim nächsten Mord dort geholt. Nun, wir haben ja die Adresse dieses Hill, sehe ich eben. Seine Beschreibung des Mannes ist zwar reichlich vage, aber sie deckt sich in großen Zügen mit denen von Tom Hartigan und Mary Stroud.» Crome nickte nachdenklich vor sich hin. «Ja, es wird immer wärmer», stellte er fest, und das war durchaus bildlich gemeint, denn ihn fror eigentlich fast ständig.
«Irgendwelche Befehle, Sir?»
«Das Haus in Camden Town wird bewacht, aber unauffällig. Ich möchte nicht, dass unser Vogel den Leim bemerkt. Ich muss mit dem Chef reden; aber mir scheint, es wäre das beste, wenn wir diesen Cust hierher holten und ihn fragten, ob er eine Aussage zu machen habe. Wahrscheinlich wäre er jetzt sehr leicht weich zu kriegen.»
Draußen traf Tom Hartigan
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