Die Morde des Herrn ABC
Handbewegung.
«Ruhig, es ist vorbei. Ich werde nichts mehr davon sagen. Wir kommen nun zum nächsten Mord, dem an Sir Carmichael Clarke. Hier kommt der Mörder auf sein erstes Vorgehen zurück, auf den Schlag von hinten. Wieder der alphabetische Komplex, aber etwas daran stört mich. Um ganz systematisch vorzugehen, hätte der Täter seine Ortschaften etwas folgerichtiger aussuchen müssen.
Wenn Andover der hundertfünfundfünfzigste Name unter Buchstabe A ist, dann hätte auch das B-Verbrechen im hundertfünfundfünfzigsten Ort stattfinden sollen – oder aber im hundertsechsundfünfzigsten und C im hundertsiebenundfünfzigsten und so weiter. Also schien auch die Stadt völlig zufällig ausgesucht worden zu sein.
Der Mord in Churston brachte mich in meinen Überlegungen kaum weiter. Es begann ja bereits damit, dass der Brief, der ihn mir ankündigen sollte, auf Umwegen und verspätet in meinen Besitz gelangte, so dass keine Zeit mehr blieb, irgendwelche Vorkehrungen zu treffen.
Dafür war ein um so umfassenderer Schlachtplan ausgearbeitet, als Mord D stattfand. ABC konnte nicht mehr hoffen, ungestraft weiter zu morden.
Außerdem fiel mir gerade in diesem Augenblick die Sache mit den Strümpfen auf. Es war ganz klar, dass die Anwesenheit eines Mannes, der an sämtlichen Tatorten Strümpfe verkauft hatte, kein Zufall sein konnte. Folglich musste der Strumpfverkäufer der Täter sein. Ich muss gestehen, dass die Beschreibung, die Miss Grey uns von diesem Verkäufer gab, mich nicht befriedigte und nicht mit meiner Vorstellung von diesem Menschen übereinstimmte.
Was dann folgte, ist bald geschildert. Ein vierter Mord wurde begangen – dass er Mr. Earlsfield traf, wurde sofort als möglicher Irrtum des Mörders betrachtet, weil ein Mann namens Downes im Kino dicht neben Mr. Earlsfield saß und ihm in Größe und Kleidung sehr ähnlich sah – und damit begann der Szenenwechsel! Die Ereignisse richteten sich gegen ABC! Er wurde erkannt, gejagt – und schließlich verhaftet! Der Fall ist, wie Hastings behauptet, also abgeschlossen!
Das mag stimmen, sofern man die öffentliche Meinung in Betracht zieht. Der Mann sitzt im Gefängnis und wird ganz zweifellos nach Broadmoor geschickt werden. Es wird keine neuen Morde mehr geben. Abgang! Finis! R.I.P.!
Aber ich bin nicht befriedigt! Ich weiß nichts! Gar nichts! Nichts über das Warum, Wozu und Weshalb!
Und etwas beschäftigt mich ganz besonders: dass der Mann Cust für die Nacht des Bexhill-Mordes ein Alibi hat!»
«Das hat auch mir viel zu denken gegeben», sagte Clarke.
«Ja, das beunruhigt mich. Denn dieses Alibi scheint wirklich echt und unangreifbar zu sein. Aber es kann gar nicht echt sein, wenn nicht… und das führt uns zu interessanten Spekulationen! Nehmen wir einmal an, meine Freunde, dass Cust zwar drei der Morde verübte – A, C und D –, dass aber Mord B nicht auf sein Konto geht!»
«Aber Monsieur Poirot, das wäre doch…»
Poirot schnitt Megan mit einem scharfen Blick das Wort ab.
«Schweigen Sie, Mademoiselle! Ich suche die Wahrheit! Lügen widern mich an! Setzen wir also voraus, dass ABC den zweiten Mord nicht beging, der, wie wir alle wissen, in den ersten Morgenstunden des Fünfundzwanzigsten geschah – dem Tag, an dem er für dieses Verbrechen hingereist war. Ist ihm jemand zuvorgekommen? Was sollte er in diesem Fall tun? Einen zweiten Mord begehen? Oder einfach die Hände in den Schoß legen und das Geschehene wie ein Geschenk betrachten?»
«Monsieur Poirot, das sind irrsinnige Gedankengänge!», rief Megan. «Diese vier Verbrechen müssen von ein und demselben Menschen begangen worden sein!»
Er überging ihren Einwurf und fuhr unbeirrt fort:
«Diese Voraussetzung hat den einen Vorteil, dass sie die Diskrepanz zwischen der Person des Alexander Bonaparte Cust (der ganz bestimmt niemals Mädchenherzen zu betören vermochte!) und der Person des Mörders von Betty Barnard deutlich macht. Und es ist ja eine bekannte Tatsache, dass Menschen, die sich als Mörder versuchen wollen, sehr oft Vorteil aus Verbrechen ziehen, die andere begangen haben. Längst nicht alle Untaten von Jack the Ripper sind tatsächlich von ihm begangen worden! Dies nur als Beispiel!
Aber schon tauchte eine neue Schwierigkeit auf.
Zum Zeitpunkt des Mordes an Betty Barnard war noch nichts über die ABC-Morde veröffentlicht gewesen. Die Tragödie von Andover war sozusagen unbemerkt geblieben. Der aufgeschlagene Fahrplan war in den Zeitungen überhaupt nicht
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