Die Moulokin-Mission: Science Fiction-Roman
Lügen füllten die eisigkalte Luft um sie. Sie kamen aus Nischen, Garküchen, Cabarets und verhängten Türen, Gruppen zusammengedrängter Tran und einzelnen Handwerkern und Kindern. Selbst die Bettler schienen wohlgenährt. Man konnte hier sowohl Anzeichen von Wohlstand als auch von Rücksichtslosigkeit erkennen, und die meisten Tran, die ihnen begegneten, wirkten ziemlich habgierig.
»Irgend etwas stimmt hier nicht«, brummte September. September war der geborene Pessimist und reagierte immer so auf Unbekanntes, das wußte Ethan. Er erwähnte seinen eigenen anfänglichen Argwohn, den er bei Valshts vorbereiteter Rede empfunden hatte, nicht, weil er inzwischen zu dem Schluß gelangt war, daß der Verdacht unbegründet sein dürfte.
»Was stört dich denn, Skua?« Er geriet versehentlich auf den Eispfad, glitt aus und fand dann sein Gleichgewicht wieder, während er böse auf ein paar Jungen blickte, die seine Ungeschicklichkeit beobachtet hatten.
»Ich weiß nicht, Jungchen. Das stört mich ja so.« Er erwähnte keine Einzelheiten, und Ethan, den die Aussicht erregte, endlich einer Regierung ihren Vorschlag eines Staatenbundes vortragen zu dürfen, ging nicht weiter darauf ein.
Der Hügel, den sie erstiegen, wurde nie steil, und der Hauptzugang zur Burg verlief an der Westseite der Insel, so daß man den Wind im Rücken hatte, wenn man auf die Burg zuging. So brauchten die Tran nicht bergauf zu kreuzen, sondern wurden mühelos nach oben getrieben, während Ethan und September alle Mühe hatten, Schritt zu halten.
Ein mächtiges Tor aus dunklem Holz mit Bronzeangeln gab ihnen den Zutritt in einen weiten Hof frei. Die Wachen starrten die Menschen an und deuteten auf sie, während sie unablässig miteinander redeten. Die Gruppe passierte die Waffenkammer, die auf Ethan ungewöhnlich groß wirkte, und betrat dann das Hauptgebäude. Eine lange Eisrampe führte ins nächste Stockwerk, einen Korridor, und schließlich in einen kreisförmigen Saal mit einer Kuppeldecke.
Er unterschied sich völlig von dem Thronsaal in der Burg von Wannome, wo Elfas Vater Hof hielt. Auf einem Podest in der Mitte, anstatt am hinteren Ende des Saales, standen drei Sessel mit hohen Lehnen. Das Podest bestand aus einer riesigen behauenen Steinscheibe, die ein oder zwei Zentimeter über den Boden herausragte, was Ethan zu dem Argwohn veranlaßte, daß sie drehbar war. Schmuckmosaiken und Reliefs füllten gebogene Wände und wechselten mit Fenstern ab, die den Ausblick auf Inseln und Hafen boten.
Ohne Zweifel war der Tran, der auf dem mittleren Sessel saß und sie anstarrte, Rakossa, Trost der sechs Gipfel und so weiter. Verglichen mit den anderen Tranherrschern, die Ethan bis jetzt zu Gesicht bekommen hatte, schien er sehr jung zu sein. Sein graues Fell zeigte noch kein einziges weißes Haar, und die Haut darunter war ohne Falten. Nach menschlichen Begriffen war der Landgraf vermutlich noch jünger als er selbst.
Von den beiden anderen Tran, die zu beiden Seiten von ihm Platz genommen hatten, war einer ein älterer Mann, der andere eine junge Frau. Berater, überlegte er, vielleicht auch Königin und Vater. Wieder musterte er die mit Wasserspeiern gesäumte steinerne Scheibe und dachte über den Mechanismus nach, der sie betrieb. Die drei studierten ihrerseits die fünf Besucher mit offenkundigem Interesse, wenn auch mit völlig verschiedenem Gesichtsausdruck.
Valsht ging auf den Thron zu und blieb in korrektem Abstand davon stehen. »Verzeiht, Sir, aber ich habe Pflichten, zu denen ich zurückkehren muß.« Der junge Landgraf entließ den Hafenmeister mit einer gleichgültigen Geste. Valsht drehte sich um und eilte an den Besuchern vorbei. Dabei musterte er Ethan mit einem kurzen, rätselhaften Blick.
Keiner sprach oder bewegte sich. Schließlich trat Hunnar vor. »Mein Atem ist Eure Wärme. Wir kommen zu Euch aus einem fernen Land, das sich Sofold nennt. Wir kommen, um etwas zu schmieden, von dem wir hoffen, daß es ein Bund sein wird, eine Konföderation vieler Inselstaaten, zum Zwecke, als Gleichberechtigte mit fremden, neuen Freunden von jenseits des Himmels Handel zu treiben. Diese Freunde.« Dabei wies er auf Ethan und September.
»Sie bringen allen Tran viel Glück, die so vorausschauend sein werden, wie das Eure Hoheit ohne Zweifel sein wird, diesen einigenden Vorschlag zu billigen. Mir ist klar, daß dieser Gedanke…«
Völlig überraschend erhob sich der Landgraf und deutete mit zitterndem Finger auf sie. »Lügner!
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