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Die Musik des Zufalls

Die Musik des Zufalls

Titel: Die Musik des Zufalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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u kümmern , di e Roll e seines Führer s un d Beschützer s z u übernehmen . Vielleich t la g e s an Pozzi s G röße , a n seine m unterernährten , fas t verkümmerten Körpe r – als ob sein Kleinwuchs auf etwas noch Unfertiges hinwies e –, vielleich t la g e s abe r auc h a n de r Geschichte , di e er vo n seine m Vate r erzähl t hatte . Al s Pozz i sein e Erinnerungen hervorholte, hatte N a sh e unweigerlic h a n sein e eigen e Kindheit denken müssen, und die seltsamen Übereinstimmungen, die er zwischen ihren beiden Leben entdeckte, hatten eine Saite in ihm zu m Schwinge n gebracht : da s frühzeitig e Alleinsein , das unerwartet e Geldgeschenk , di e blei b end e Wut . Sobal d ein Mensc h sic h i n eine m andere n wiedererkennt , kan n e r ih n nicht meh r al s Fremde n betrachten . O b e s eine m gefäll t ode r nicht , es entsteht eine Beziehung. Nashe sah die Tücke solcher Gedanken , abe r e r konnt e sic h einfac h nich t dagege n weh r en, sic h z u diese m verlorenen , ausgemergelte n Wese n hingezogen z u fühlen . Mi t einemma l wa r de r Abstan d zwische n ihnen kleine r geworden.
    Nash e beschloß , de n Kartentes t für s erst e z u verschiebe n und sich dafür um Pozzis Garderobe zu kümmern. Die Geschäfte w ü rden in einigen Stunden schließen, und es war nicht einzusehen , waru m de r Jung e de n Res t de s Tage s i n diesem schlabbrigen Clownskostüm herumlaufen sollte. Nashe merkte, daß er diesbezüglich hartnäckiger hätte sein sollen, aber Pozzi wa r offensichtlic h ers c höpft , un d e r bracht e e s nich t über s Herz, ih n jetz t gleic h vorzuführen . Da s wa r natürlic h ei n Fehler . Wenn e s bei m Poke r au f Ausdaue r ankam , au f schnelle s Denke n unter Stres s – wan n ga b e s dan n eine n bessere n Zeitpunkt , jemandes Fähigkeite n z u testen , al s wen n ih m de r Kop f vo r Erschöpfung gan z vernebel t war ? Alle r Wahrscheinlichkei t nac h hätt e Pozzi de n Tes t nich t bestanden , un d dami t wär e da s Geld , da s Nashe
    jetz t fü r di e Kleidun g de s Junge n ausgebe n würde , zu m Fenster rausgeworfen. Angesichts dieser dro h ende n Enttäuschun g hatte Nash e e s jedoc h nich t eilig , zu r Sach e z u kommen . E r wollte sein e Vorfreud e ei n weni g länge r genießen , sic h i n de m Glauben wiegen , e s geb e noc h Grun d zu r Hoffnung . I m übrige n freut e er sic h au f de n kleine n Einkaufsbummel , de n e r g e plant hatte. Ein paar hundert Dollar würden auf lange Sicht keinen großen Unterschie d machen , un d Pozz i durc h Sak s a n de r Fift h Avenue spaziere n z u sehen , wa r ei n Vergnügen , da s e r sic h nicht vorenthalten wollte. Die Situation barg jede Menge komisches Potential , un d wen n e r auc h sons t nicht s davo n hätte , würd e er immerhi n di e Erinnerun g a n ei n paa r gut e Lache r behalten . Und gena u betrachte t wär e auc h da s scho n mehr , al s e r beim Aufwache n i n Saratog a vo n diese m Ta g erwarte t hatte.
    Kau m hatte n si e da s Gesch ä f t betreten , fin g Pozz i a n zu meckern . Da s seie n j a alle s Schwulenklamotte n i n der Herrenabteilung , sagt e er , un d e r werd e ehe r i n seinen Badetüchern rumlaufen, als sich in irgendwelchen von diesen affige n Fummel n blicke n z u lassen . S o ei n Zeu g könn e man v ielleich t tragen , wen n ma n H . W . G . Hinterlade r de r Dritte heiß e un d a n de r Par k Avenu e wohne , abe r e r se i Jac k Pozz i aus Irvington , un d e r denk e nich t i m Schla f daran , eine s diese r rosa Krokodilhemden anzuziehen. Da, wo er herkomme, bekäme ma n eine n Trit t i n de n Arsch , wen n ma n i n s o eine m Aufzu g auf di e Straß e ginge . Di e würde n eine n i n Stück e reiße n un d da s Klo runterspülen . Währen d Pozz i s o herumzeterte , sa h e r unablässig de n Fraue n nach , di e a n ihne n vorbeigingen , un d wen n eine davo n zufälli g jun g ode r attrakti v war , unterbrac h e r sic h und versucht e Blickkontak t herzustellen , ode r e r verrenkt e de n Kopf un d beobachtet e de n Schwun g ihre r Pobacken , wen n si e über de n Gan g entschwanden . Zweie n blinzelt e e r zu , un d eine andere , di e ih n unabsichtlic h a m Ar m ge streift hatte, sprach er soga r an : «Hey , Baby» , sagt e er . «Heut e aben d scho n wa s vor?»
    «Ruhig, Jack», ermahnte ihn Nashe ein paarmal. «Ganz ruhig.
    Ma n wir d Si e noc h rauswerfen , wen n Si e s o weitermachen.»
    «Ic h bi n j a ruhig» , sagt e Pozzi . «Dar f ma n den n nic h t ma l die

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