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Die Musik des Zufalls

Die Musik des Zufalls

Titel: Die Musik des Zufalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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späte r stan d er , wiede r i n weiße Handtüche r gehüllt , i n seine m Zimmer.
    «Wi e fühl t sic h de r Senato r heut e morgen? » fragt e Nashe.
    «Besser», sagte Pozzi. «Die Knochen tun noch weh, aber Jacku s Pozziu s nimm t sein e Geschäft e wiede r auf . »
    «Dann dürfte ein kleines Frühstück angebracht sein.»
    «Sagen wir, ein großes. Mein armer Magen schreit nach Nahrung.»
    «Als o ei n Sonntagsbrunch.»
    «Brunch , Lunch , mi r egal , wi e Si e da s nennen . Ic h bi n am Verhungern.»
    Nashe bestellte das Frühstück aufs Zimme r , un d ein e weitere Stunde verging, ohne daß von dem Test die Rede war. Nashe fragt e sic h allmählich , o b Pozz i womöglic h da s gleich e Spiel spielte wie er selbst: sich zu weigern, als erster davon anzufangen , un d sic h fü r eine n Nervenkrie g z u verschanzen. A be r kau m wa r ih m diese r Gedank e gekommen , mußt e er feststellen, daß er falsch getippt hatte. Nach dem Essen ging Pozzi in sein Zimmer und zog sich an. Als er zurückkam (bekleide t mi t de m weiße n Hemd , de r graue n Hos e un d den Halbschuhe n – so konnte man sich durchaus mit ihm sehen lassen, dachte Nashe), kam er umgehend zur Sache. «Ich dachte, Sie wollten sehen, was für ein Pokerspieler ich bin», sagte er.
    «Vielleich t sollte n wi r irgendw o Karte n kaufe n un d mi t dem Spie l anfangen.»
    «Di e Karte n hab e ich» , sagt e Nashe . «Ic h hab e blo ß gewartet, bis Sie soweit sind.»
    «Ic h bi n soweit . Ic h bi n scho n di e ganz e Zei t soweit.»
    «Schön. Dann ist das jetzt wohl der Augenblick der Wahrheit. Setze n Si e sich , Jack , un d zeige n Si e mir , wa s Si e draufhaben.»
    I n de n nächste n dre i S tunde n spielte n si e Studpoke r mit siebe n Karten ; al s Chip s benutzte n si e Plaza - Briefpapier , da s sie in Schnipsel gerissen hatten. Bei nur zwei Spielern konnte Nash e Pozzi s wahre s Talen t nu r schwe r beurteilen , doc h selbst unter diesen verzerrten Bedingungen (di e di e Roll e de s Zufalls vergrößerte n un d richtige s Setze n praktisc h unmöglic h machten) schlu g de r Jung e ih n nac h Stric h un d Fade n un d jagt e ih m die Papierchips ab, bis der ganze Stapel aufgebraucht war. Natürlich wa r Nash e kei n Meisterspieler , abe r e r war auch keineswegs unerfahren . Währen d seine r zwe i Jahr e a m Bowdoi n College hatt e e r fas t jed e Woch e gespielt , un d auc h noc h nac h seinem Eintritt in die Bostoner Feuerwehr hatte er an genug Spielen teilgenommen , u m z u wissen , da ß e r gege n di e meisten pass ablen Spieler mithalten konnte. Aber der Junge war etwas gan z anderes , da s wurd e Nash e seh r schnel l klar . E r schie n sich besse r z u konzentrieren , Situatione n schnelle r z u analysieren, seine r selbs t sichere r z u sei n al s jede r andere , mi t de m Nash e es i n de r Vergangenheit zu tun gehabt hatte. Nach dem ersten Debake l macht e Nash e de n Vorschlag , da ß e r di e Stell e von zwei Spielern vertreten sollte, aber das Ergebnis war im wesentlichen das gleiche. Wenn überhaupt etwas anders war, fertigt e Pozz i ih n diesma l no c h schneller ab als beim ersten mal. Nashe gewann auch ein paar Spiele, aber die Einnahmen aus diese n Gewinne n ware n imme r nu r gering , beträchtlic h kleiner als die Beträge, die Pozzis Gewinnspiele ihm jedesmal einbrachten . De r Jung e wußt e mi t unfehlbare r Si cherheit, wann e r aufhöre n un d wan n e r weitermache n mußte , un d ni e gin g er mi t eine m schlechte n Blat t z u weit : of t stie g e r scho n nac h dem Austeile n de r dritte n ode r vierte n Kart e aus . Anfang s ergatterte Nash e ei n paa r Runde n mi t wilde n Bluffs , abe r nac h z w anzig, dreißi g Minute n gin g dies e Strategi e nac h hinte n los . Pozz i war
    ihm auf die Schliche gekommen, und am Ende schien er geradez u Nashe s Gedanke n lese n z u können , al s säß e e r in seine m Kop f un d säh e ih m bei m Denke n zu . Da s macht e Nashe Mut , schließlic h wollt e e r ja , da ß Pozz i ei n gute r Spiele r sei; abe r e s wa r trotzde m beunruhigend , un d diese s unangenehme Gefüh l verlie ß ih n auc h späte r ein e ganz e Weil e nicht . Er began n z u biede r z u spielen , agiert e übervorsichtig , un d vo n da a n übernah m Pozz i di e Kontro l l e übe r da s Spiel , blufft e und manipuliert e ih n fas t nac h Belieben . Schadenfreud e zeigt e der Jung e jedoc h nicht . E r spielt e vollkomme n ernst , lie ß nicht s von seine m gewöhnliche n Sarkasmu s un d Humo r erkennen

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