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Die Musik des Zufalls

Die Musik des Zufalls

Titel: Die Musik des Zufalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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i n Wahrhei t wa r e r gar nich t s o sicher , da ß Pozz i mi t seine n Behauptunge n unrecht hatte . Derselb e Gedank e wa r ih m auc h scho n gekomm en , doch solang e e s keine n Bewei s fü r dies e Anschuldigun g gab , hiel t er es für sinnlos, den Jungen noch zu ermuntern. Selbst wenn er rech t hatte , konnte n si e nich t da s geringst e dara n ändern.
    Pozzi wartete auf eine Chance, Flower und Stone zur Rede zu ste l len, aber die Millionäre tauchten nicht auf. Ihr Fernbleiben wa r unerklärlich , un d allmählic h wurd e Nash e da s immer rätselhafter . E r hatt e angenommen , si e würde n täglic h au f der Wiese herumschnüffeln kommen. Schließlich war die Mauer ihr e Idee , un d e s wär e doc h nu r natürlich , da ß si e sic h fü r die Fortschritte der Arbeit interessierten. Aber die Wochen gingen dahin, und die beiden erschienen kein einziges Mal. Wann imme r Nash e sic h be i Murk s nac h ihne n erkundigte , sa h Calvin achselzucken d z u Bode n un d sagte , sie seien beschäftigt. Das ergab überhaupt keinen Sinn. Nashe versuchte mit Pozzi darüber z u reden , doc h inzwische n wa r de r Jung e kau m noch ansprechba r un d hatt e stet s ein e rasch e Antwor t fü r ih n bereit.
    «Da s heißt , da ß si e schuldi g sind» , sagt e e r zu m B eispiel. «Die Arschlöcher wissen, daß ich sie durchschaut habe, und jetzt habe n si e Schiß , sic h blicke n z u lassen.»
    A n eine m Aben d tran k Pozz i nac h de m Esse n fün f ode r sechs Bier , bi s e r richti g eine n sitze n hatte . E r wa r schlech t gelaunt, un d nac h eine r W e il e began n e r i m Wohnwage n herumzutorkeln un d faselt e dabe i alle n mögliche n Unsin n vo n de r miesen Behandlung , di e ih m zutei l werde . «Ic h werd e mi r diese Schwein e vorknöpfen» , sagt e e r z u Nashe . «Ic h werd e diese beide n Kaffer n zu m Rede n bringen. » Ohn e z u e r klären, was gena u e r vorhatte , schnappt e e r sic h vo m Küchentisc h eine Taschenlampe, machte die Wohnwagentür auf und stürzte in die Dunkelhei t hinaus . Nash e rappelt e sic h hoc h un d lie f ih m nach, schri e de m Junge n zu , e r soll e zurückkommen . «Hal t dic h da rau s, Feuerwehrmann», sagte Pozzi und schwenkte die Taschenlampe wild über das Gras. «Wenn diese Scheißkerle nich t herkomme n un d mi t un s reden , dan n müsse n wi r ebe n zu ihne n gehen.»
    Nashe merkte, daß er ihn nicht davon abhalten konnte, es sei denn , e r bracht e ih n mi t Gewal t zu r Vernunft . De r Jung e war besoffen , irgendwelche n Rede n nich t meh r zugänglich , un d ihm di e Sach e ausrede n z u wolle n wär e aussichtslos . Abe r e r wollte Pozz i nich t schlagen . Eine n verzweifelten , betrunkene n Jungen z u verprügel n entsprac h k a u m seine r Vorstellun g vo n einer Lösung , un d dahe r beschlo ß er , ga r nicht s z u tu n – sondern mitzuspiele n un d dafü r z u sorgen , da ß Pozz i nich t in Schwierigkeite n geriet.
    Sie gingen zusammen durch den Wald, dem Strahl der Taschenlamp e nach . E s wa r kur z vo r e l f Uhr , di e dichten Wolken am Himmel verdeckten den Mond und etwaige Sterne. Nash e erwartete , vo m Hau s irgendei n Lich t auftauche n zu sehen , doc h au s de r Richtun g blie b alle s dunkel , un d nac h einer Weil e wurd e e r unsicher , o b si e e s überhaup t finde n würden. De r We g zo g sic h lang e hin , un d d a Pozz i imme r wiede r über Stein e stolpert e un d i n dornige n Büsche n hängenblieb , schien de r ganz e Ausflu g reichlic h sinnlo s z u werden . Abe r au f einmal ware n si e da , si e trate n au f de n Rase n un d näherte n sic h dem Haus. Es sc h ie n noc h z u früh , al s da ß Flowe r un d Ston e scho n in den Betten liegen würden, aber in keinem einzigen Fenster war Licht . Pozz i gin g zu r Vordertü r herum , drückt e au f den Klingelknopf , un d si e hörte n wiede r di e Anfangstakt e von Beethoven s Fünfter . Längs t ni cht mehr so amüsiert wie beim ersten mal , brummt e de r Jung e etwa s vo r sic h hi n un d wartete, da ß ih m jeman d di e Tü r aufmachte . Abe r e s ta t sic h nichts , und nac h fünfzeh n ode r zwanzi g Sekunde n läutet e e r noc h einmal.
    «Sieh t aus , al s wäre n si e heut e nach t nich t da» , sagt e Nashe.
    «Nein , si e sin d da» , sagt e Pozzi . «Di e sin d nu r z u feige , uns reinzulassen.»
    Abe r auc h nac h de m zweite n Läute n gin g nirgendw o ei n Licht an , un d di e Tü r blie b geschlossen.
    «Ich finde, wir sollten es aufgeben», sagte Nashe.

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