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Die Musik des Zufalls

Die Musik des Zufalls

Titel: Die Musik des Zufalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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«Wenn du wills t , könne n wi r e s j a morge n noc h einma l versuchen.»
    «Und was ist mit dem Hausmädchen?» sagte Pozzi. «Die muß doch wohl da sein? Wir könnten ihr eine Nachricht hinterlassen.»
    «Vielleich t ha t si e eine n feste n Schlaf . Vielleich t habe n si e ihr auc h di e Nach t fr e igegeben . Schein t mi r ziemlic h to t z u sei n da drin.»

Pozz i ga b de r Tü r eine n frustrierte n Trit t un d began n plötzlich au s volle m Hal s z u fluchen . Anstat t ei n dritte s Ma l z u läuten, tra t e r au f di e Einfahr t zurück , schri e ein s de r obere n Fenste r an un d reagi ert e sein e Wu t a n de m leere n Hau s ab . «Hey , Flower!» brüllt e er . «Ja , Fettsack , ic h red e mi t dir ! D u bis t ei n Schwein, Mann , weiß t d u das ? D u un d dei n kleine r Freund , ih r seid Schweine , un d ih r werde t fü r da s bezahlen , wa s ih r mi r angetan habt!» So ging das drei oder vier Minuten lang weiter, ein aggressive r Schwal l wüster , zwecklose r Drohungen , aber während er sich immer weiter hineinsteigerte, wurde er zugleich immer erbärmlicher, immer jämmerlicher in der schrillen Heftigkeit seiner Verzweiflung. Nashe e mpfan d Mitlei d mi t dem Jungen, aber er mußte tatenlos zusehen, bis Pozzis Wut sich von selbs t verausgab t hatte . E r stan d i m Dunkel n un d sa h de n im Strah l de r Taschenlamp e wimmelnde n Insekte n zu . I n de r Ferne schri e ein e Eule , einmal , zweimal , un d verstumm t e dan n wieder.
    «Na komm, Jack», sagte Nashe. «Gehen wir zum Wohnwagen zurüc k un d lege n un s schlafen.»
    Abe r Pozz i wa r noc h nich t gan z fertig . Bevo r e r ging , bückte e r sich , nah m ein e Handvol l Kieselstein e vo n de r Einfahr t und war f si e gege n da s Haus . Ein e d umm e Geste , de r albern e Zorn eine s Zwölfjährigen . De r Kie s prasselt e wi e Schro t vo n der harte n Mauer , un d dan n hört e Nash e fas t wi e ei n Ech o da s leise Klirre n vo n zersplitternde m Glas.
    «Da s war’ s fü r heute» , sagt e er . «Ic h denke , da s reicht.»
    Pozz i dreht e sich um und begann auf den Wald zuzugehen.
    «Arschlöcher», sagte er zu sich. «Die ganze Welt wird von Arschlöcher n regiert.»
    Nach diesem Abend war Nashe klar, daß er den Jungen besser i m Aug e behalte n mußte . Pozzi s inner e Reserve n ginge n der Neig e zu , un d d abe i hatte n si e noc h nich t einma l di e Hälft e ihrer Zei t abgeleistet . Ohn e vie l Wort e began n Nash e meh r al s seinen Antei l z u arbeiten , un d währen d Pozz i sic h ausruhte , ho b und transportiert e e r Stein e allein , den n e r meinte , mi t ei n wenig meh r Anstrengun g v o n seine r Seit e könnt e e r di e Dinge vielleicht unter Kontrolle behalten. Er wollte keine Ausbrüche und Saufgelage mehr, er wollte sich nicht ständig Sorgen machen, daß der Junge jederzeit durchdrehen könnte. Die zusätzlich e Arbei t wa r z u schaffen , un d au f Dauer schien das weniger mühsam, als Pozzi Predigten über die Tugend der Gedul d z u halten . I n dreißi g Tage n wa r alle s vorbei , sagt e er sich , un d wa s taugt e er , wen n e r nich t einma l s o lange durchhalte n konnte?
    E r ga b da s Lese n nac h de m Esse n au f un d verbra cht e diese Stunde n liebe r mi t Pozzi . De r Aben d wa r ein e gefährlich e Zeit, un d e s bracht e offenba r nichts , de n Junge n allei n i n de r Küche vo r sic h hinbrüte n z u lassen , w o e r sic h nu r i n Mordgedanken steiger n konnte . Nash e versucht e möglichs t unaufdringlic h zu sein , hiel t sic h abe r vo n nu n a n z u Pozzi s Verfügung . Wen n der Jung e Lus t hatte , Karte n z u spielen , spielt e e r Karte n mi t ihm; wen n de r Jung e Lus t au f ei n paa r Drink s bekam , macht e e r eine Flasch e au f un d hiel t Gla s fü r Gla s mi t ih m mit . Solang e sie mit einande r redeten , spielt e e s kein e Rolle , wi e si e ihr e Zeit ausfüllten . Gelegentlic h erzählt e Nash e Geschichte n vo n seinem Jah r au f de r Straße , ode r e r sprac h vo n de n Großbränden , di e er i n Bosto n bekämpf t hatte , wobe i e r Pozz i zulieb e ausführlic h die grä ß lichste n Einzelheite n beschrieb , d a e r glaubte , e s werd e den Jungen von seinen eigenen Sorgen ablenken, wenn er hörte, was ander e Leut e durchgemach t hatten.
    Zumindes t fü r kurz e Zei t schie n Nashe s Takti k aufzugehen.
    Der Junge wurde merklich ruhiger, und se i ne giftigen Ankündigungen , e r werd e Flowe r un d Ston e zu r Red e stellen, hörte n plötzlic h auf , abe r nu

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