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Die Musik des Zufalls

Die Musik des Zufalls

Titel: Die Musik des Zufalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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hinausgegangen , un d mocht e e r sic h dabe i auc h rui niert haben , s o hatt e e r doc h immerhi n eine n Freun d gewonnen . Und diese r Freun d schie n jetz t bereit , alle s fü r ih n z u tun , selbs t wenn da s hieß , di e nächste n fünfzi g Tag e au f eine r gottverlassenen Wies e z u lebe n un d sic h abzuracker n wi e ei n z u Zwangsarbeit verurteilte r Sträfling.
    Dennoch , Loyalitä t wa r nich t mi t Überzeugung gleichzusetzen. Von Pozzis Standpunkt aus war die ganze Situatio n absurd , un d da ß e r sic h entschiede n hatte , seinem Freun d z u helfen , bedeutet e noc h lang e nicht , da ß e r Nash e nicht fü r ü bergeschnapp t hielt . De r Jung e wa r nachsichti g mi t ihm, und als Nashe das begriffen hatte, bemühte er sich nach Kräften, sein e Gedanke n fü r sic h z u behalten . Di e Tag e vergingen , und obwoh l si e nu r selte n einma l nich t zusamme n waren , lie ß e r kein Wor t meh r vo n al l de m verlauten , wa s ih n wirklic h beschäftigte – kei n Wor t übe r di e Anstrengung , sei n Lebe n ne u aufzubauen, kei n Wor t davon , da ß e r di e Maue r al s ein e Chanc e sah , sic h mit sich selbst auszusöhnen, kein Wort davon, daß ihm die harte Arbei t au f de r Wi e s e ein e willkommen e Gelegenhei t war , für seine n Leichtsin n un d sei n Selbstmitlei d Buß e z u tu n –, den n er wußte, wenn er einmal damit anfinge, würden ihm immer nur di e falsche n Wort e au s de m Mun d rutschen , un d e r wollt e Pozzi nich t noc h nervöse r machen , al s er ohnehin schon war. Er mußte ih n be i gute r Laun e halten , ih n s o schmerzlo s wi e möglic h durch diese fünfzig Tage bringen. Und da war es viel besser, gewisse Ding e nu r gan z oberflächlic h z u erwähne n – di e Schulden , den Vertrag, die Stunden, die sie arbeit ete n – und sich im übrigen mi t hohle n Witzeleie n un d ironische m Schulterzucke n zu behelfen . Zuweile n ka m Nash e sic h einsa m dabe i vor , aber etwas anderes fiel ihm nicht ein. Sollte er dem Jungen je sein Her z ausschütten , würd e di e Höll e losbrechen . Da s wäre , wi e in ei n Wespennes t z u stechen , e s konnt e au f keine n Fal l gutgehen.
    Pozz i zeigt e sic h Nash e gegenübe r weiterhi n vo n seiner besten Seite, während er Murks ganz anders behandelte; kein Ta g vergin g ohn e Hänseleien , Beleidigunge n un d verbale Attacken . Anf a ng s hiel t Nash e da s fü r ei n gute s Zeichen , denn er meinte, wenn der Junge wieder zu seiner alten Aufsässigkeit fand, bedeutete dies vielleicht, daß er mit der Situation einigermaße n zurechtkam . Di e Invektive n wurde n mi t solchem Sarkasmu s ausgestoße n un d wa ren von so subtilen Varianten beflissenen Lächelns und Nickens begleitet, daß Murks kaum zu bemerke n schien , wa s fü r Späß e d a mi t ih m getriebe n wurden. Nashe, der Murks auch nicht besonders leiden konnte, nahm es Pozzi nicht übel, wenn er auf Kosten des V o rarbeiter s ei n wenig Damp f abließ . Doc h i m Lau f de r Zei t beka m e r langsa m das Gefühl , da ß de r Jung e e s z u wei t trie b – da ß e r nich t blo ß aus angeborene r Aufmüpfigkei t s o handelte , sonder n au f Grun d von Panik , aufgestaute r Angs t un d Verwirrung . E r erinnert e Nashe a n ei n i n di e Eng e getriebene s Tier , da s nac h alle m schlug , was sic h ih m näherte . Un d da s wa r nu n einma l Murks , abe r ganz gleich, wie gemein Pozzi sich aufführte, wie provozierend er sic h betrug , de r gut e Calvi n zuckt e nich t mi t de r Wimper . Der Man n schie n dermaße n unerschütterlich , s o vo n Grun d auf konfliktsche u un d humorlos , da ß Nash e ni e dahinterkam , o b er insgeheim über sie lachte oder ob er wirklich so dumm war. Er ta t einfac h sein e Arbeit , stapft e gemessenen , imme r gleichen Schritte s umher , ga b mi t keine m Wor t etwa s vo n sic h selbst preis, stellte auch Nashe und Pozzi keinerlei Fragen und ließ nie di e geringst e Spu r vo n Ärger , Neugie r ode r Freud e erkennen. Pünktlic h u m siebe n taucht e e r jede n Morge n auf , liefert e ab, was sie tags zuvor an Lebens m ittel n un d sonstige n Dingen bestellt hatten, und war dann für die nächsten elf Stunden die Geschäftsmäßigkei t i n Person . Wa s e r vo n de r Maue r hielt , war schwe r festzustellen , doc h überwacht e e r di e Arbei t mi t einer Aufmerksamkeit, der keine Einzelheit ent g ing , un d leitet e Nashe un d Pozz i i n jede r Phas e de s Bau s an , al s wüßt e e r gan z genau, wovon er redete. Und doch

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