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Die Musik des Zufalls

Die Musik des Zufalls

Titel: Die Musik des Zufalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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d nicht s erfreute Pozz i meh r al s de r Anblic k de s verbissenen , krummbeinigen Vorarbeiters in seinem gelben Regenzeug, wie er all diese Stunden unter einem schwarzen Schirm stand und mit den Sti e fel n imme r tiefe r i m Schlam m versank . E s macht e ih m Spaß, de n alte n Knacke r s o leide n z u sehen . Irgendwi e wa r ih m das ein Trost, eine kleine Entschädigung für all die Leiden, die er selbs t durchgemach t hatte.
    De r Rege n bracht e jedoc h Problem e mi t sich . A n eine m Tag i n de r letzte n Septemberwoch e fie l e r s o heftig , da ß fas t ein Dritte l de s Graben s zerstör t wurde . Bi s dahi n hatte n si e ungefähr siebenhundert Steine eingesetzt und rechneten damit, in zehn bis zwölf Tagen mit der unteren Reihe fertig zu werden. D oc h in der Nacht stürmte es gewaltig, prasselnder, windgepeitschter Rege n trommelt e au f di e Wiese , un d al s si e a m Morge n zur Arbeit hinausgingen, stellten sie fest, daß der noch freie Teil des Graben s sic h mehrer e Zentimete r hoc h mi t Wasse r gefüll t hatte. Bevo r de r Bode n wiede r trocke n wäre , konnte n si e keine weitere n Stein e einsetzen ; un d obendrei n wa r di e ganze mühselige , sorgfältig e Arbei t zuschanden , di e si e in s Glätte n des Grabenbodens investiert hatten. Das Fundament der Mauer hatte sic h i n ei n trief e nde s Chao s au s Schlam m un d Rinnsalen verwandelt . U m di e Zei t möglichs t gu t z u nutzen , transportierten si e a n de n nächste n dre i Tage n nich t nu r vormittags , sondern auc h nachmittag s Steine , un d al s da s Wasse r schließlich verdunste t war , ließe n si e fü r zwe i T age von den Steinen ab und machte n sic h a n di e Erneuerun g de s Grabenbodens . Z u diesem Zeitpunk t ka m e s zwische n Pozz i un d Murk s endlic h zu m Knall. Calvi n mischt e sic h plötzlic h wiede r i n di e Arbei t ein , e r stand nich t meh r nu r abseit s un d sa h ihne n au s si c here r Entfernun g zu (wi e e r e s gewöhnlic h tat) , sonder n lungert e de n ganze n Ta g in ihre r Näh e herum , ga b unablässi g wichtigtuerisch e Ratschläge un d Anweisungen , dami t di e Reparaturarbeite n auc h korrekt durchgeführ t wurden . A m erste n Vormitta g lie ß Pozz i d a s noch über sich ergehen, aber als die Einmischungen am Nachmittag weitergingen , konnt e Nash e sehen , da ß e r langsa m i n Harnisch geriet. Es vergingen noch drei oder vier Stunden, dann platzte de m Junge n de r Kragen.
    «N a schön , Großmaul» , sagt e er , war f di e S chaufe l hi n und starrt e Murk s angewider t an , «wen n d u s o ei n große r Experte bist , waru m machs t d u de n Schei ß nich t selbst!»
    Murk s zögert e kurz ; dami t hatt e e r offenba r nich t gerechnet.
    «Weil das nicht meine Aufgabe ist», sagte er schließlich ganz leise . «I h r beid e soll t di e Arbei t machen . Ic h sol l hie r nu r dafür sorgen , da ß ih r keine n Mis t baut.»
    «Ach ja?» schnarrte der Junge zurück. «Und wie kommst du dazu, dich so großartig aufzuspielen, Kartoffelkopf? Was stehst d u hie r mi t de n Hände n i n de n Tasche n rum , währen d wi r un s in dieser Scheiße wie die Irren abrackern müssen? Hä? Los, du Trottel , spuck’ s aus . Erklä r mi r da s mal.»
    «Das ist ganz einfach», sagte Murks, ohne ein Lächeln unterdrücke n z u können . «Wei l ih r Karte n spiel t un d ic h nicht.»
    Da s Lächeln , da c ht e Nashe , jetz t kommt’s . Murk s zo g eine Miene tiefer, aufrichtiger Verachtung, und dann stürzte Pozzi auc h scho n mi t geballte n Fäuste n au f ih n los . Mindesten s einen Treffe r konnt e e r landen , den n al s Nash e de n Junge n weggezerrt hatte , lie f Calvi n bereit s Blu t au s de m Mundwinkel . Pozzi , noch imme r schäumen d vo r aufgestaute r Wut , wan d sic h noc h fast ein e Minut e wil d i n Nashe s Armen , abe r Nash e hiel t ih n mit aller Kraft fest, und am Ende beruhigte sich der Junge. Unterdesse n wa r Murk s ei n paa r Schritt e zurüc k getrete n und betupfte die Platzwunde mit einem Taschentuch. «Schwamm drüber», sagte er schließlich. «Der kleine Pimpf kommt mit der Belastun g ebe n nich t zurecht . Manch e Leut e tauge n was, manch e nicht . Ic h sa g euc h nu r eins : Da s passier t nich t noch mal . Da s nächst e Ma l ge h ic h nich t meh r s o darübe r hinweg. » Er sa h au f sein e Armbanduhr . «Ic h denke , wi r mache n heu t früher Schluß» , sagt e er . «E s is t gleic h fünf , un d e s ha t keine n Sinn , so erhitzt noch mal anzufangen.»

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