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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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friedliche,
harmlose Menschen in Sicherheit bringen, als sich mit dem
auseinanderzusetzen, womit sein Verband jetzt konfrontiert wird.
    Das Barometer fällt bereits, und obwohl der durch den
Südschwenk stark geschwächte ›Clem‹ noch mehr als
tausend Kilometer entfernt ist, wirkt O’Haras Gesichtsausdruck
irgendwie resigniert; er fragt sich, ob er diese Laufbahn würde
auch gewählt haben, wenn er gewußt hätte, wie sie
enden würde.
    Er hat noch nie einen Schuß im Zorn abgegeben; die
australische Marine hat sich schon lange nicht mehr in
Kampfhandlungen befunden. Selbst wenn er in einen Kampf verwickelt
worden wäre: bei der Tasman handelt es sich um einen
KROK, einen Kombinierten Robotischen Operations-Kreuzer, ein Schiff,
das eine Vielzahl intelligenter Drohnen auf, über und unter dem
Ozean ausschwärmen läßt; wenn ein Objekt so weit
vordringen würde, um das Schiff zu gefährden, dann
wäre der Kampf schon verloren.
    Aber hier werden keine Kämpfe stattfinden – jedenfalls
nicht gegen andere Schiffe. Und überhaupt könnte er schon
in den Vorruhestand gehen…
    Irgendwo dort draußen, weit hinter dem Horizont, erobern
koreanische Marineinfanteristen Haus für Haus im Kampf um einen
erbärmlichen, zwölf Kilometer langen und zweihundert Meter
breiten Strandabschnitt; sie rücken in die ausgedehnte
›Vorstadt‹ vor, die zwischen Darrit-Uliga-Delap und dem
Flughafen entstanden ist und die nun durch den Bürgerkrieg, der
nach der Vertreibung der Amerikaner ausbrach, in ein halbes Dutzend
Territorien zersplittert ist. Wenigstens die Koreaner haben einen
klaren Auftrag – Vertreibung der bewaffneten Banden, damit die
Zivilisten sicher die Busse zum Flughafen besteigen können. Das
einzige Problem für die Koreaner besteht darin, daß ihre
Truppe zu klein ist – die UN-Soldaten sind an zu vielen Punkten
zugleich eingesetzt und können von dort nicht abgezogen
werden.
    Die Kiwis und Aussies, die versuchen, den Ort Ebeye auf dem
Kwajalein-Atoll nördlich der Hauptinsel Kwajalein zu evakuieren,
sind die eigentlich Gekniffenen. Die zirka tausend Einheimischen, die
auf dem Raketengelände arbeiteten, hatten 1990 noch für
7500 Angehörige zu sorgen; im Jahre 2010 ernährten
dieselben tausend Stellen schon 25.000 Menschen, die zum
größten Teil jünger als zwanzig Jahre waren.
    Unmittelbar vor den Kämpfen, die zum Abzug der Amerikaner
führten, hatten die USA versucht, das außerordentlich
kompromittierende Problem dieses Insel-Slums, dessen
Vierte-Welt-Elend sich im Hintergrund von Kwajaleins Golfplatz, der
Einkaufspassagen und Kinos degoutant ausnahm, dadurch zu lösen,
indem man Ebeye mit modernen Hochhäusern praktisch zubaute.
    Dann brach eine gewaltsame Revolution aus, die zum Exodus der
Amerikaner führte, und nach dem Blitz waren die
Amerikaner nicht mehr gewillt, eine Basis so fern der Heimat mit
militärischen Mitteln zu schützen. Folglich zogen sie
praktisch ohne Ankündigung ab, und die 25.000 Bewohner der
entlegensten Wohnsiedlung der Welt standen vor dem Nichts. Binnen
weniger Wochen brach die Versorgung mit Wasser und Strom öfter
zusammen, als sie funktionierte, und Banden, deren Aktivitäten
in Abhängigkeit von der Finanzlage entweder zur Politik oder zur
Kriminalität tendierten, übernahmen in einer
undurchsichtigen Abfolge von Kämpfen um Territorien und Macht
die Herrschaft.
    Während der letzten Jahre ist Ebeye ein Dauerthema der
XV-Korrespondenten gewesen – Geschichten über
Kannibalismus, von Mädchen, die einzig zum Zweck der
Prostitution aufgezogen und dann zu Dutzenden an japanische
Unternehmer verkauft wurden, der Erste Aufstand, als in der einzigen
Meerwasserentsalzungsanlage ein Störfall auftrat, die Belagerung
eines großen Gebäudes durch ein örtliches
Verbrechersyndikat mit Lösegeldforderung, der Händlerring,
der Gewebe von Kleinkindern für die Produktion von
Transplantations-Material verkaufte…
    Die UN-Truppen versuchen, einen Brückenkopf für eine
sichere Evakuierung offenzuhalten (wobei sie unter ständigem
Feuer von Heckenschützen liegen) und sichere Korridore für
die Einwohner zu schaffen. Die Bevölkerung von Ebeye spricht
überwiegend Englisch und glaubt den Aussagen von Weißen
meistens nicht, aber dennoch flüchten sich viele Menschen an den
Strand – fast ausschließlich Frauen und Mädchen, von
denen nach den Berichten, die O’Hara vorliegen, viele
unbekleidet sind.
    Im letzten Jahr hat XV Geschichten von einer
›Gartenparty‹ veröffentlicht, auf

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