Die Mutter der Königin (German Edition)
Turnierfläche die Parade der Lords an, die dort vor der Schlacht gegen den Duke of York abgehalten wird.
«Ich wünschte, Eurer Gemahl wäre hier, um ihm beizustehen», wendet sie sich an mich, als der König auf sein großes graues Schlachtross steigt, die Standarte vor sich, die Krone hoch auf dem Helm. Er sieht viel jünger aus als dreißig, seine Augen leuchten vor Eifer, und er winkt Marguerite lächelnd zu.
«Gott schütze ihn», sage ich und denke daran, wie der kampfgestählte vierzigjährige Duke of York seine Männer anführt.
Die Trompeten blasen zum Abmarsch, die Trommler geben den Schritt vor. Hinter den hell im eisigen Sonnenlicht leuchtenden Standarten zieht an der Spitze der Truppe die Kavallerie hinaus. Die Rüstungen schimmern, Hufe donnern auf das Pflaster. Ihnen folgen die Bogenschützen und schließlich die Pikeniere. Dies ist nur ein kleiner Teil der königlichen Armee; in Blackheath wartet ein Heer von Zehntausenden auf die Befehle des Königs. Seine Lords haben eine gewaltige Armee aufgestellt. Von dort wird er nach Norden marschieren, um den rebellischen Herzog zu stellen.
Doch der Marsch wird abgeblasen. Richard, Duke of York, kommt ins königliche Zelt und kniet vor seinem König nieder. Er fleht ihn allen Ernstes an, seinen Günstling, den Duke of Somerset, zu entlassen und beruft sich auf alte Niederlagen: den Verlust der Besitzungen in Frankreich, die schmachvolle Aufgabe von Rouen und schließlich die drohende Zerstörung der Garnison in Calais aufgrund seines eigennützigen Ergreifens der Befehlsgewalt, unter der Calais gewiss fallen wird.
Mehr kann er nicht tun oder sagen.
«Das schert uns nicht», sagt Marguerite, als ich ihr an diesem Abend das Haar bürste, bevor sie zu Bett geht. «Uns ist es egal, was er von Edmund Beaufort hält oder was er über Calais, über mich oder Euch zu sagen hat. Er wusste, dass er geschlagen war; unsere Armee war dreimal so groß wie die seine. Er wusste, dass er alles zurücknehmen und uns um Vergebung bitten musste. Er ist ein gebrochener Mann. Seine Rebellion ist vorbei. Wir haben ihn gebrochen.»
Ich antworte nicht. Tatsächlich kniet der Herzog in aller Öffentlichkeit vor dem König nieder und schwört, nie wieder Männer gegen ihn aufzuwiegeln. Das ganze Land sieht, dass der König geliebt wird und der Herzog nicht. Und dass Edmund Beaufort unangreifbar ist und der Duke of York geschlagen.
«Ich bezweifele nicht, dass der Herzog Reue zur Schau trägt, aber ich bezweifele doch, dass er sich nicht mehr beschwert» , schreibt mir Richard aus Calais.
Die Freude vereint das königliche Paar. Marguerite behandelt ihren jungen Gemahl, als sei er siegreich aus einem großen Krieg zurückgekehrt. «Er ist ausgeritten», rechtfertigt sie sich vor mir. «Und wenn es einen Kampf gegeben hätte, hätte er ihn gewiss angeführt. Er stand an der Spitze seiner Armee, er ist nicht nach Kenilworth geflohen.»
Jeden Tag reitet der König nun in seiner wunderschön ziselierten Rüstung aus, als sei er auf alles gefasst. Nachdem Edmund Beaufort aus Calais zurückgekehrt ist, reitet er an seiner Seite, das dunkle, gutaussehende Gesicht aufmerksam dem König zugewandt und stets bereit, allem zuzustimmen, was dieser sagt. Der Hof verlagert sich nach Windsor, und in seinem überbordenden Glück gewährt der König allen Vergebung, für alles.
«Warum kerkert er sie nicht ein und lässt sie alle enthaupten?», fragt Marguerite aufgebracht. «Warum vergibt er ihnen?»
Es scheint seine Art zu sein. Nachdem er den Rebellen Begnadigungsschreiben ausgestellt hat, schlägt er in seiner neuen Begeisterung für die Kriegsführung einen Feldzug vor – er will Segel setzen lassen gen Calais und die Garnison als Basis nutzen, um die englischen Besitzungen in Frankreich wieder zurückzugewinnen. Für den König hieße das, in die Fußstapfen seines heroischen Vaters zu treten, für Edmund Beaufort, seinen Ruf wiederherzustellen.
Ich hatte erwartet, die Königin ließe sich von der Aussicht, Beaufort und den König auf Feldzug gehen zu sehen, begeistern, doch ich finde sie in ihrem Zimmer zusammengesunken über einer Stickerei vor. Als sie mich sieht, setzt sie sich auf und winkt mich heran. «Ich kann es nicht ertragen, dass er ein solches Wagnis eingeht», vertraut sie mir leise an. «Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass er in einer Schlacht kämpft.»
Ihre Gefühlsaufwallung überrascht mich freudig. «Habt Ihr so zärtliche Gefühle für Seine Gnaden, den
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