Die Mutter der Königin (German Edition)
König?», frage ich hoffnungsvoll. «Ich ertrage es auch nicht, wenn Richard in den Krieg zieht.»
Sie wendet ihren hübschen Kopf ab, als hätte ich etwas zu Närrisches gesagt, um eine Antwort zu bekommen. «Nein. Nicht der König. Edmund, Edmund Beaufort. Was soll nur aus uns werden, wenn er verletzt wird?»
Ich atme tief durch. «Das ist Kriegsgeschick», sage ich. «Vielleicht sollte Eure Gnaden eine Bittmesse für die Sicherheit des Königs abhalten lassen.»
Der Gedanke muntert sie auf. «Ja, es wäre schrecklich, wenn ihm etwas zustieße. Richard, Duke of York, würde ihn beerben, und lieber sterbe ich, als dass ich zusehe, wie Richard den Thron besteigt, nach allem, was er gesagt und getan hat. Als Witwe könnte ich nie wieder heiraten, weil alle denken, dass ich unfruchtbar bin.» Sie wirft einen Blick auf meinen anschwellenden Leib. «Ihr wisst nicht, wie das ist», sagt sie. «Warten, hoffen, beten, aber nie auch nur das leiseste Zeichen eines Kindes.»
«Noch immer kein Zeichen?» Ich hatte gehofft, dass sie in freudiger Erwartung sein könnte, dass der kriegerisch gestimmte König mehr Gatte wäre als zuvor.
Sie schüttelt den Kopf. «Nein. Und wenn der König in den Krieg zieht, wird er meinem Onkel, dem König von Frankreich, auf dem Schlachtfeld gegenüberstehen. Sollte mein Gemahl sich zurückziehen oder gar abrücken, wird alle Welt über uns lachen.»
«Er hat gute Befehlshaber auf dem Schlachtfeld», beruhige ich sie. «Wenn er erst in Calais ist, wird mein Gemahl Richard ihm einen starken Standartenträger zur Seite stellen, der ihn beschützt.»
«Richard war schon an seiner Seite, als er Jack Cade und seinem Gesindel entgegentreten musste», erwidert sie. «Einem unterbezahlten Hauptmann und einer Bande mit Mistgabeln bewehrter Arbeiter. Ihr habt den König damals nicht gesehen, Jacquetta. Ihm graute, er schlotterte wie ein Mädchen. Ich habe ihn nie so schnell reiten sehen wie damals, als wir London verlassen haben.» Sie hält sich die Hand vor den Mund, als wollte sie ihren treulosen Wortschwall aufhalten. «Wenn er vor dem französischen König flieht, schäme ich mich in Grund und Boden», sagt sie leise. «Dann wissen es alle. Meine ganze Familie.»
«Seine Freunde stehen ihm zur Seite», beruhige ich sie. «Männer, deren täglich Brot das Kriegshandwerk ist. Mein Gemahl und Edmund Beaufort, der Duke of Somerset.»
«Edmund hat geschworen, Calais zu retten», sagt sie. «Und er ist seinem Wort immer treu geblieben. Er hat mir auf Knien geschworen, niemand werde mir den Verlust von Calais vorwerfen können, er werde es halten, für England und für mich. Er sagte, es sollte ein Geschenk für mich sein so wie seine kleinen Jahrmarktgeschenke von früher. Er will mir einen goldenen Schlüssel machen lassen, den ich mir ins Haar stecken kann. Im April geht es los.»
«So bald schon?»
«Der König hat der Garnison in Calais befohlen, all ihre Schiffe zu schicken. Er will eine große Armee und tausend Seeleute über die Meerenge bringen. Im April setzen sie über, nicht später.»
Ich zögere. «Wisst Ihr, wenn er die Flotte zusammenhat, muss er auch ablegen», sage ich vorsichtig. «Es ist sehr schwer, eine Flotte im Wartezustand zusammenzuhalten.»
Die Königin hat keine Ahnung, dass ich von dem Jahr spreche, das Richard und ich an den Kais von Plymouth verschwendet haben, als wir auf die Einlösung des Versprechens durch ihren Gemahl gewartet haben. Sie ahnt nicht, was uns dieses Jahr gekostet hat.
«Das versteht sich von selbst», sagt sie. «Edmund Beaufort wird die Schiffe in jedem Fall sammeln, und dann setzen sie über. Edmund wird auf ihn aufpassen, ich weiß es.»
Offensichtlich hat Edmund Beaufort in der Zuneigung des jungen Paares den Platz von William de la Pole eingenommen. Der König hat immer einen Mann gebraucht, der ihm befiehlt, ohne einen Berater an seiner Seite hat er Angst. Und die Königin ist einsam. So einfach ist das.
«Mein Lord Beaufort wird den König nach Calais bringen. Dank sei Gott, dass wir uns auf ihn verlassen können.»
[zur Inhaltsübersicht]
Im Westen Englands
SOMMER 1452
E r legt nicht ab. Edmund Beaufort weist meinen Gatten an, in Calais eine kleine Flotte anzuheuern, über den Ärmelkanal zu kommen und den König auf seinem Feldzug nach Frankreich zu begleiten. Richard tut, wie ihm befohlen, und wartet auf den Befehl, mit den Schiffen überzusetzen, um die englische Armee nach Calais zu bringen, doch der Frühling kommt und geht,
Weitere Kostenlose Bücher