Die Mutter der Königin (German Edition)
ihr Land herrschen kann.
«Nein, ganz und gar nicht. Edmund Beaufort, der Duke of Somerset, war niemals ein Verräter. Und überdies ist er tot», sagt sie sehr leise und ruhig. «Er fand in der Schlacht von St. Albans den Tod durch die Hand des Earl of Warwick, eines Verbündeten des Duke of York. Er fiel als Held im Kampf für uns. Seinen Tod werden wir ihnen niemals vergeben. Erinnerst du dich, was wir gesagt haben? Wir haben gesagt, wir würden ihm niemals verzeihen.»
«O nein … ähm … Marguerite.» Er schüttelt den Kopf. «Wir müssen unseren Feinden vergeben. Wir vergeben unseren Feinden, wie wir selbst hoffen, Vergebung zu finden. Ist er Franzose?»
Sie wirft mir rasch einen Blick zu, und ich weiß, dass mir das Entsetzen ins Gesicht geschrieben steht. Behutsam tätschelt sie ihm die Hand, erhebt sich und sinkt in meine Arme, so selbstverständlich, als wäre sie meine kleine Schwester, die weint, weil sie sich weh getan hat. Wir wenden uns dem Fenster zu und überlassen es Richard, sich dem Thron zu nähern und leise mit dem König zu sprechen. Ich habe ihr den Arm um die Taille gelegt, und sie lehnt sich an mich. Zusammen schauen wir blicklos über die wunderschönen sonnigen Gärten innerhalb der dicken Burgmauern, die unter uns liegen wie ein Stück Stickerei in einem Rahmen.
«Ich muss jetzt alles gebieten», sagt sie leise. «Edmund ist tot und der König umnachtet. Ich bin so einsam, Jacquetta, ich bin wie eine Witwe ohne Freunde.»
«Und der Rat?», frage ich. Vermutlich würde er York wieder als Lord Protector einsetzen, wenn er wüsste, wie gebrechlich der König tatsächlich ist.
«Ich ernenne den Rat», sagt sie. «Er tut, was ich sage.»
«Aber es wird Gerede geben …»
«Was in London geredet wird, spielt für uns hier in Kenilworth keine Rolle.»
«Aber wenn Ihr das Parlament einberufen müsst?»
«Ich werde es nach Coventry rufen, wo sie mich lieben und den König ehren. Wir gehen nicht nach London zurück. Und ich werde nur Männer einberufen, die mir Respekt zollen. Niemanden, der York anhängt.»
Voller Entsetzen sehe ich sie an. «Ihr werdet nach London gehen müssen, Euer Gnaden. Über den Sommer mag es ja angehen, aber Ihr könnt den Hof und das Parlament nicht für immer aus London fortholen. Und Ihr könnt die Männer Yorks nicht von der Herrschaft ausschließen.»
Sie schüttelt den Kopf. «Ich hasse die Menschen dort, und sie hassen mich. London ist krank und rebellisch. Sie stellen sich gegen mich auf die Seite des Parlaments und des Duke of York. Sie nennen mich eine fremde Königin. Ich werde sie aus der Ferne regieren. Ich bin Königin von London, doch niemals sollen sie mich zu Gesicht bekommen, keinen Penny von meinem Geld sollen sie haben, weder den geringsten Beweis meiner Gönnerschaft noch ein segnendes Wort. Kent, Essex, Sussex, Hampshire, London – das sind meine Feinde. Alles Verräter, denen ich nie vergeben werde.»
«Aber der König …»
«Er wird wieder genesen», unterbricht sie mich entschieden. «Heute hat er einen schlechten Tag. Nur heute. An manchen Tagen geht es ihm recht gut. Und ich werde einen Weg finden, ihn zu heilen, ich habe Ärzte beauftragt, nach Heilmitteln für ihn zu suchen, ich habe Alchemisten die Erlaubnis erteilt, Wasser für ihn zu destillieren.»
«Der König mag die Alchemie und dergleichen nicht.»
«Wir müssen ein Heilmittel finden. Ich erlaube den Alchemisten, ihre Studien voranzutreiben. Ich muss sie zurate ziehen. Es ist jetzt erlaubt.»
«Und was sagen sie?», will ich wissen. «Die Alchemisten?»
«Sie sagen, er müsse schwach sein, da das Königreich schwach ist, doch sie werden dafür sorgen, dass er wiedergeboren wird. Er wird wieder so gut wie früher sein, und auch das Königreich wird wieder so gut wie früher sein. Sie sagen, er werde durch Feuer gehen und so rein daraus hervorgehen wie eine weiße Rose.»
«Eine weiße Rose?» Ich bin erschüttert.
Sie schüttelt den Kopf. «Sie meinen nicht York. Sie meinen, so rein wie der weiße Mond, wie klares Wasser, wie frisch gefallener Schnee – das spielt keine Rolle.»
Ich senke den Kopf, aber ich denke, dass es wahrscheinlich doch eine Rolle spielt. Ich sehe zu Richard hinüber. Er kniet neben dem Thron, und der König beugt sich vor und spricht ernst auf ihn ein. Richard nickt freundlich, wie wenn er mit einem unserer Söhne spricht. Ich sehe, dass mein Gemahl die Hand des Königs nimmt und langsam und leise mit ihm spricht, wie ein freundlicher
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