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Die Mutter der Königin (German Edition)

Die Mutter der Königin (German Edition)

Titel: Die Mutter der Königin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Frieden zu wahren, und so gibt es noch eine Armee, vor der alle Angst haben.
    Eines Winternachmittags zur Zeit der Dämmerung lässt mich die Königin rufen. «Ich möchte, dass Ihr mit mir kommt», sagt sie. «Um einen Mann kennenzulernen.»
    Wir werfen unsere Umhänge über und ziehen die Kapuzen über die Köpfe, um unsere Gesichter zu verbergen. «Wen denn?»
    «Ich möchte, dass Ihr mich zu einem Alchemisten begleitet.»
    Ich erstarre wie ein Reh, das Gefahr wittert. «Euer Gnaden, Eleanor Cobham hat Alchemisten konsultiert und wurde dafür bis zu ihrem Tode in Peel Castle eingesperrt. Elf Jahre.»
    Sie sieht mich ausdruckslos an. «Ja, und?»
    «Ich möchte gewiss nicht enden wie Eleanor Cobham.»
    Ich warte. Sie bricht in Lachen aus. «Ach, Jacquetta, wollt Ihr mir etwa sagen, Ihr seid keine verrückte, hässliche, böse alte Hexe?»
    «Euer Gnaden, irgendwo in ihrem Herzen ist jede Frau eine verrückte, hässliche, böse alte Hexe. Es ist die Aufgabe meines Lebens, das zu verbergen. Die Aufgabe einer jeden Frau.»
    «Was wollt Ihr damit sagen?»
    «Die Welt lässt es nicht zu, dass Frauen wie Eleanor oder ich wachsen und gedeihen. Die Welt duldet keine Frauen, die selbständig denken und fühlen. Frauen wie mich. Wenn wir schwächer oder älter werden, stürzt die Welt mit der Wucht eines Wasserfalls auf uns herab. Wir können unsere Gaben nicht in die Welt tragen. Die Welt, in der wir leben, duldet nichts, was sie nicht versteht, was man nicht erklären kann. In einer solchen Welt versteckt eine weise Frau ihre Gaben. Eleanor Cobham war wissbegierig. Sie hat sich mit anderen zusammengetan, die nach der Wahrheit gesucht haben. Sie war gebildet und hat sich immer nach Lehrern umgesehen. Dafür hat sie einen schrecklich hohen Preis gezahlt. Sie war eine ehrgeizige Frau. Auch dafür hat sie bezahlt.»
    Ich warte, um herauszufinden, ob sie mich verstanden hat, aber ihr rundes hübsches Gesicht zeigt nichts als Verwirrung. «Euer Gnaden, Ihr setzt mich großer Gefahr aus, wenn Ihr mich auffordert, meine Gaben einzusetzen.»
    Sie sieht mich an, sie weiß, was sie tut. «Jacquetta, ich muss Euch darum bitten, selbst wenn es gefährlich für Euch ist.»
    «Das ist eine große Bitte, Euer Gnaden.»
    «Euer ehemaliger Gemahl, der Duke of Bedford, hat Euch nichts Geringeres aufgetragen. Er hat Euch geheiratet, damit Ihr England auf diese Weise dient.»
    «Ich musste ihm gehorchen. Er war mein Gemahl. Und er konnte mich schützen.»
    «Er hat Euch zu Recht gebeten, Eure Gaben einzusetzen, um England zu retten. Und nun bitte ich Euch darum. Ich werde Euch beschützen.»
    Ich schüttele den Kopf. Ich spüre deutlich, dass es eine Zeit geben wird, in der sie nicht mehr da ist und ich mich vor einem Gericht wiederfinde wie Johanna von Orléans oder Eleanor Cobham, einem Gerichtshof voller Männer, und dass sie schriftliche Zeugnisse haben werden, die gegen mich sprechen, Beweise, Zeugen, die gegen mich aussagen, und dass mich dann niemand beschützen wird.
    «Warum jetzt?»
    «Weil ich glaube, dass der König verhext wurde, vor Jahren schon. Der Duke of York, Duchess Cecily, der französische König oder jemand anderes – woher soll ich wissen, wer? Jemand hat ihn verhext, sodass er schläft wie ein Säugling und vertrauensselig ist wie ein Kind. Ich muss sicherstellen, dass er uns nicht noch einmal entgleitet. Nur Alchemie oder Magie können ihn jetzt noch schützen.»
    «Jetzt ist er doch wach.»
    «Jetzt ist er wie ein waches Kind. Er träumt von Harmonie und Frieden, und dann schläft er wieder ein und lächelt im Schlaf über seinen schönen Traum.»
    Ich weiß, dass sie recht hat, und gebe klein bei. Der König ist in eine andere Welt geglitten, und wir brauchen ihn hier, bei uns. «Gut, ich begleite Euch. Aber wenn ich Euren Alchemisten für einen Scharlatan halte, will ich nichts mit ihm zu tun haben.»
    «Genau aus diesem Grund möchte ich ja, dass Ihr mitkommt», sagt sie. «Um zu erfahren, was Ihr von ihm haltet. Aber jetzt kommt.»
    Wir gehen zu Fuß durch die dunklen Straßen von Westminster, Hand in Hand. Keine Hofdamen, noch nicht einmal eine Garde. Für einen kurzen Moment schließe ich entsetzt die Augen, als mir der Gedanke in den Sinn kommt, was Richard sagen würde, wenn er wüsste, dass ich mit niemand Geringerem als der Königin ein solches Wagnis eingehe. Aber sie kennt den Weg. Mit sicherem Schritt bahnt sie sich den Weg durch den Dreck der Straßen. Ein Knabe läuft mit einer brennenden Fackel vor

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