Die Mutter der Königin (German Edition)
die Schlachten satt und die Toten, und ich glaube nicht, dass man ihr den Thron von England anvertrauen kann. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich habe auf dem Ritt nach Groby und zurück darüber nachgedacht, und ich weiß nicht, was ich denke und wo meine Pflichten liegen. Ich kann die Zukunft nicht vorhersehen, ja, ich kann nicht einmal sagen, was wir morgen machen sollen.»
Seine Miene ist bitter. «Dies ist mein Haus», sagt er schlicht. «Mein Vater hat dem Hause Lancaster gedient, und das muss auch ich tun. Mein Sohn folgt mir nach. Doch dich kommt es hart an, Liebste. Wenn du nach Hause möchtest, solltest du gehen. Die Königin muss dich gehen lassen. Wenn London die Tore vor ihr verschließt, hat sie das allein ihrem eigenen Tun zuzuschreiben.»
«Wollen sie sie wirklich aus ihrer eigenen Stadt aussperren?»
Er nickt. «Sie wird nicht geliebt, und ihre Armee verbreitet Angst und Schrecken.»
«Haben sie nicht nach jemand anderem verlangt, um für sie einzutreten?»
Er schenkt mir ein schiefes Lächeln. «Nur nach der hübschen Herzogin.»
«Dann muss ich es tun», sage ich widerstrebend. «London muss den König und die Königin von England einlassen. Was soll aus dem Land werden, wenn sie die Tore vor ihrem eigenen König verschließen? Wir haben die Schlacht gewonnen, sie ist die Königin von England, wir müssen in London einziehen können.»
«Kannst du gleich aufbrechen?», fragt er. «Denn ich vermute, dass Warwick sich mit seinem Freund Edward of March getroffen hat und sie gemeinsam vorrücken. Wir sollten den König und die Königin so bald wie möglich in den Tower of London und die Stadt in ihren Besitz bringen. Dann können sie verhandeln oder kämpfen. Wir müssen das Königreich halten.»
Ich schaue zum Stallhof, wo die Kavalleriepferde die Köpfe über ihre Verschläge strecken. Eines von ihnen ist das Pferd von John Grey, das seit der Schlacht vergeblich auf seinen Reiter wartet.
«Ja», antworte ich nur.
Er nickt. Man bringt mir ein frisches Pferd, und Richard hilft mir in den Sattel. In diesem Moment öffnet sich die Tür zur Abtei, und die Königin kommt heraus.
«Ich wusste, dass Ihr für mich gehen würdet», sagt sie mit einem herzlichen Lächeln. «Geht auf alles ein, solange ich nur nach London kann, bevor Edward hier ist.»
«Ich tue, was ich kann», verspreche ich. «Wie geht es Seiner Gnaden heute?»
Sie weist zur Abtei. «Er betet», erklärt sie. «Wenn Kriege durch Gebete gewonnen würden, hätten wir schon hundertmal gesiegt. Und schaut, ob Ihr sie überreden könnt, uns etwas zu essen zu schicken. Es ist schwer, die Armee vom Plündern abzuhalten.» Sie sieht Richard an. «Ich habe entsprechende Befehle ausgegeben, doch die Offiziere setzen sie nicht durch.»
«Selbst der Teufel hätte Mühe, sie durchzusetzen», sagt Richard erbost. Er legt mir die Hand auf das Knie und sieht zu mir auf. «Ich warte auf dich», verspricht er. «Anthony wird deine Eskorte anführen. Du bist sicher.»
Ich schaue zu Anthony hinüber, der sich gerade in den Sattel schwingt und mir lächelnd salutiert.
«Dann los», sage ich. Anthony gibt der Eskorte den Befehl, und wir reiten aus dem Hof der Abtei gen Süden zur Straße nach London.
Ein paar Meilen vor der Stadt treffen wir mit Anne, Duchess of Buckingham, zusammen. Ich lächele die Herzogin an, und sie nickt mir zu und neigt den Kopf ein wenig, wie um zu sagen, sie könne es kaum glauben, dass wir uns für den Einzug der königlichen Familie in die Hauptstadt einsetzen müssen. Sie hat einen Sohn im Krieg verloren, ihr faltiges Gesicht ist angespannt. Sie reitet voraus zum Bishopsgate, aus dem der Bürgermeister und die Ratsherren herauskommen, um uns zu begrüßen. Sie wollen uns nicht einlassen, nicht einmal über die Schwelle. Die Herzogin sitzt hoch aufgerichtet mit versteinerter Miene auf ihrem Pferd, doch ich steige ab, und der Bürgermeister küsst mir die Hand. Die Ratsherren setzen ihre Mützen ab und verneigen sich, als ich lächelnd den Blick über sie schweifen lasse. Hinter ihnen stehen die Londoner Kaufleute und alle, die etwas zu sagen haben in der Stadt – dies sind die Männer, die ich überzeugen muss.
Ich erkläre ihnen, dass der König und die Königin, die königliche Familie von England mit ihrem Sohn, dem Prinzen, Zugang zu ihrem Haus verlangen, in ihre Stadt. Wollen diese Männer ihrem gesalbten König das Recht absprechen, auf seinem Thron zu sitzen oder in seinem eigenen Bett zu
Weitere Kostenlose Bücher